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14.06.18
12:21 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Die Welt ist divers und die Menschen sind es eben auch

Presseinformation Kiel, den 14.06.2018

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 26 Bundesrats-Initiative für ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von Transsexuellen und Intersexuellen Menschen Drs. 19/752
„Diese Forderungen sind nicht radikal, sind nicht fernes Zukunftsdenken. Sie sind einfach nur vollkommen angemessen.“

Solange die Kategorie „Geschlecht“ staatlich erhoben wird, reicht es nicht aus, nur
„Mann“ oder „Frau“ anzubieten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt explizit
auch die geschlechtliche Identität der Menschen, die sich weder dem männlichen noch
dem weiblichen Geschlecht zuordnen.
Das hat das Bundesverfassungsgericht im Oktober 2017 bestätigt und sogar
Handlungsempfehlungen formuliert, welcher Eintrag sich für einen dritten positiven
Geschlechtseintrag anbieten könnte. „Inter“ beispielsweise, oder „divers“. Die vom
Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung lässt aber explizit auch zu, generell
auf den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag zu verzichten. 2
Das kümmert das derzeitige Bundesinnenministerium wenig, wie ja jetzt schon
bekannt ist. Der neue Gesetzesentwurfentwurf über den Eintrag im Geburtenregister,
der öffentlich wurde, sieht neben "männlich" und "weiblich" künftig nur die neue
Kategorie "weiteres" im Personenstand vor. Und da haben unsere Familien- und unsere
Justizministerin im Bund schon erkämpft, dass der Vorschlag „anderes“ vom Tisch ist.
Die neue Kategorie im Geburtenregister ist für Neugeborene bestimmt, für Jugendliche
ab 14 Jahren mit dem Einverständnis der Eltern und für Erwachsene, die selber einen
Antrag stellen, den bisherigen Eintrag zu ändern. Es ist aber nach wie vor vorgesehen,
dass intersexuelle Menschen, die den dritten Geschlechtseintrag für sich in Anspruch
nehmen möchte, dies nicht ohne medizinisches Gutachten bewilligt bekommen
werden.
Unter anderem deswegen ist es so wichtig, dass wir uns der Bundesratsinitiative aus
Rheinland-Pfalz anschließen. Denn sie wählt einen anderen Umgang.
Sie erinnert an die Entschließung des Bundesrates zur Aufhebung des
Transsexuellengesetzes und die Erarbeitung eines modernes Gesetzes zur
Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung.
Sie weist auf mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz hin, auf unzureichende
gesundheitliche Versorgung und auf medizinisch unnotwendige Operationen an
intersexuellen Kindern. Die Bundesratsinitiative bekräftigt die Forderung nach einem
vereinfachten Verwaltungsverfahren zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und
lehnt die Begutachtungspflicht ab, die bei Vornamens- und
Personenstandsänderungen noch anfällt. Verfahrenswege müssen vereinfacht werden. 3
Beim SSW finden wir, dass es einfach unnötig ist, Menschen die trans oder inter sind,
Steine in den Weg zu legen. Das gesellschaftliche Umdenken, das stattfindet und das
auch durch politische Anträge wie diese verdeutlicht wird, ist nicht radikal, ist nicht
fernes Zukunftsdenken. Es ist einfach nur vollkommen angemessen.
Die Welt ist divers und die Menschen sind es eben auch. Viel zu lange wurde versucht,
Menschen in Kategorien zu zwängen. Zu nichts außer Leid hat das geführt.
Aber wir sind jetzt endlich auf dem Weg der Veränderung.
Manchmal stellt uns das noch vor Herausforderungen. Im Denken wie im Sprechen.
Und das fordert von Menschen, die trans oder inter sind immer noch viel zu viel an
Geduld.



Ich möchte deswegen auch noch kurz einmal darauf zurückkommen, was ich hier zu
Beginn des Jahres schon sagte, als wir den Antidiskriminierungsbericht des Landes
debattierten.
Bei gewissen Sachen müssen wir nicht auf den Bund warten. Da kann meines Wissens
nach beispielsweise das Bildungsministerium schon für direkte Verbesserungen
sorgen.
Zum Beispiel da wo transidente Kinder und Jugendliche noch mit dem auf ihren
Geburtsurkunden eingetragenen Vornamen in den Schulakten und Zeugnissen geführt
werden, wenn sie doch aber im Alltag schon längst mit dem neu gewählten Vornamen
angesprochen werden.
Gleiches gilt für Hochschulen und die Instanzen, die die öffentliche Verwaltung des
Landes betreffen. Wir würden uns freuen, wenn sich hier schon bald etwas tut. 4
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html