Jette Waldinger-Thiering: Alle Kinder haben das Recht auf Bildung und ein selbstbestimmtes Leben
Presseinformation Kiel, den 26.04.2018Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 7 Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes Drs. 19/670„Alle Kinder haben das Recht auf Bildung und ein selbstbestimmtes Leben“Alle Kinder haben das Recht auf gute Bildung und auf ein selbstbestimmtes Leben. Ich denke,hier sind wir uns grundsätzlich einig. Bildung ist der Schlüssel, wenn es darum geht, deneigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Und ein regulärer Abschluss ist sehr oft auch derSchlüssel zu einem wirklich würdevollen Leben. Nicht zuletzt deshalb ist das Recht auf Bildungin unserer Landesverfassung verankert. Ich sehe es als unsere klare Pflicht, sicherzustellen, dassalle Kinder und Jugendlichen im Land zu diesem Recht auf Bildung kommen. Ohne Wenn undAber. Und ohne Ausnahmen. Deshalb haben wir die vorliegende Ausweitung der Schulpflichtüber eine Änderung des Schulgesetzes eingebracht.Die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen, die in Erziehungshilfeeinrichtungenleben, hat vermutlich alle Anwesenden beschäftigt. Sie war ja nicht nur hier im Plenum,sondern auch im Untersuchungsausschuss zu den Friesenhof-Heimen oder am Runden Tisch 2Heimerziehung Thema. Aus guten Gründen ging es hier um mehr, als um die Frage nach demZugang zu Bildung. Und doch beschäftigt mich und meine Partei seit längerem, wie wir dieSituation von Heimkindern verbessern können. Auch ganz konkret durch gute Bildung odereinen gelungenen Übergang in eine Ausbildung.Es gibt so einige Baustellen im Bereich der Heimerziehung. Aber auch mit Blick auf dieBeschulung ist klar, dass längst nicht alles reibungslos läuft. Zwar ist es ungemein schwierig,an genaue Zahlen zu kommen. Aber laut Kinderschutzbund und einer Reihe anderer Experten,werden eben zumindest nicht alle Kinder und Jugendliche aus Heimen beschult. Bei uns sindrund 3000 junge Menschen aus anderen Bundesländern untergebracht. Höchstens 5 Prozentvon Ihnen kommen nach Schätzungen nicht zum vollen Recht auf Bildung. Und zwar deshalb,weil unser Schulgesetz für sie nur eine „Kann-Bestimmung“ vorsieht. Auch wenn sie hier schonJahre leben, können sie eine öffentliche Schule besuchen, können aber auch anderweitigbeschult werden. Und da für sie keine Schulpflicht besteht, werden sie auch nicht gezählt.Verschiedene Landesregierungen mögen also den subjektiven Eindruck haben, dass rege vondieser Kann-Regelung Gebrauch gemacht wird. Genauer weiß es allerdings keine. Unabhängigvon der Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen, hat die Gesetzeslage jedenfallsfolgende praktische Auswirkung: Einige Schulen nehmen diese so genannten „auswärtigen“Kinder und Jugendlichen nach einer Einzelfallprüfung in den Regelunterricht auf. Anderenehmen sie auf, beschulen aber auf einer Minimalbasis und erwarten im Übrigen eineBeschulung im Heim. Und wieder andere nehmen generell keine Heimkinder auf, obwohl diesein ihrem Bezirk leben. Die Heimleitung muss also versuchen, den Beweis dafür zu erbringen,dass ein Kind problemlos genug ist, um von der Schule freiwillig aufgenommen zu werden. 3Ehrlich gesagt sind solche Zustände doch nicht nur aus bildungs- und sozialpolitischer Sichtinakzeptabel. Wir meinen, dass das Land hier dringend Klarheit schaffen muss. Denn zumeinen mag eine heiminterne Beschulung zwar nicht per se schlecht sein. Aber in vielen Fällenführt sie eben nicht zu einem vergleichbaren Abschluss. Und zum anderen ist dieRegelbeschulung auch eine Frage der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Denn der Zugangzur öffentlichen Schule bedeutet auch gesellschaftlichen Anschluss. Diese Form der Teilhabesollten sich Kinder und Jugendliche aus Heimen doch nicht auch noch erkämpfen müssen. Siehaben es häufig schwer genug.Ich wiederhole mich gerne und weise ausdrücklich darauf hin: Alle Menschen in unserem Landhaben ein Recht auf Bildung. Kein Kind und kein Jugendlicher darf daher vom Besuch eineröffentlichen Schule ausgeschlossen werden. Es mag in Einzelfällen natürlich Gründe geben, diegegen einen regulären Schulbesuch sprechen. Aber grundsätzlich müssen alle imschulpflichtigen Alter, die hier bei uns leben, schulpflichtig sein. Hierdurch haben wirklich alleMenschen im weiteren Bildungs- und Lebensverlauf annähernd gleiche Chancen. Und dasmuss in unser aller Interesse sein.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html