Flemming Meyer: Wir brauchen ein transparentes Finanzierungssystem aber auch mehr Qualität
Presseinformation Kiel, den 25.04.2018Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 26+50 Reform der Kitagesetzgebung Drs. 19/683 und 19/669 „Wir brauchen ein transparentes Finanzierungssystem aber auch mehr Qualität“Nur weil es schnell wie eine Floskel klingt, ist es ja nicht weniger richtig: Kinder sind unsereZukunft. Natürlich brauchen sie unsere Unterstützung. Und ich kann sagen, dass dem SSWgenau diese Unterstützung immer unheimlich wichtig war. Egal ob in der Regierungs- oderOppositionsrolle. Wir haben uns immer für den fairen Zugang zu allen Bildungsangeboteneingesetzt. Aber auch die Frage der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und ihr Zugangzu Hilfen beispielsweise im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit sind und bleiben unswichtig. Genau wie vermeintlich banale Dinge, wie etwa die Möglichkeit zu geben, mal mit derFamilie Urlaub machen zu können. Und zwar auch dann, wenn hierfür das nötige Geld fehlt.Auch die Debatten zu Kinderrechten in Landes- und Bundesverfassung machen eins sehrdeutlich: Kinder brauchen nicht nur Schutz und Fürsorge. Sie sind auch Träger eigener Rechte. 2Dass verlangt viel mehr, als den bloßen Schutz vor Armut, Gewalt und Vernachlässigung.Kinder sind eigenständige rechtsfähige Menschen. Gleichzeitig sind sie aber auch aufUnterstützung durch andere angewiesen, um zu ihren Rechten zu kommen. Ihre Entwicklungund die Frage, wie sie sich entfalten können, liegt in der Hand ihrer Erziehungsberechtigten.Aber auch wir Politiker tragen unmittelbar Verantwortung: Denn es ist unsere Aufgabe,möglichst gute Rahmenbedingungen für diese Entwicklung und Entfaltung zu schaffen. Undwir müssen diese Rahmenbedingungen natürlich auch weiterentwickeln und verbessern.Bei all dem kommt der frühkindlichen Bildung natürlich eine herausragende Rolle zu. Eineganze Reihe von Langzeitstudien zeigt eindrucksvoll, wie wichtig gerade diese frühenBildungsangebote für die Entwicklung der Kinder sind. Viele Defizite gegenüber Gleichaltrigenkönnen ausgeglichen werden. Und das, was den Kleinen an Grundlagen vermittelt wird, gehtim Idealfall weit über die klassischen Lerninhalte der Schule hinaus. Denn es geht hier ja nichtzuletzt um grundlegende soziale Kompetenzen, wie etwa Empathie oder die Fähigkeit zurKommunikation oder Kooperation. Alles Dinge, die über Erfolg oder Misserfolg im späterenLeben - in der Schule, in der Ausbildung und in der Arbeitswelt entscheiden.Die Notwendigkeit, hier zu investieren, wird in Bund und Ländern zum Glück schon langegesehen. Auch wir haben damals die frühkindliche Bildung schnell zum Schwerpunkt derArbeit in der Küstenkoalition gemacht. In den 5 Jahren Regierungszeit haben wir dieGesamtsumme der Förderprogramme im Bereich Kita mehr als verdoppelt. Wir haben fast10.000 zusätzliche Kita-Plätze für Schleswig-Holstein geschaffen. Und auch für weiteresFachpersonal, für Maßnahmen der Qualitätssicherung und für Bau und Betrieb von Kitas habenwir viele weitere Millionen Euro investiert. Gerade weil auch die aktuelle Landesregierung voneinem weiter steigenden Bedarf ausgeht, ist diese solide Grundlage sehr wichtig. 3Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass die Jamaika-Koalition diesen Weg fortsetzen und diefrühkindliche Bildung weiter stärken will. Und uns freut, dass wir uns über einen sehrwichtigen Grundsatz einig sind. Und zwar darüber, dass die Voraussetzung für eine gute undletztlich auch kostenfreie frühkindliche Bildung ein faires und transparentesFinanzierungssystem ist. Gleichzeitig wissen alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, dassdie Kita-Finanzierung aber vergleichsweise kompliziert ist. Das liegt vor allem am historischgewachsenen System der Zuwendungsfinanzierung. Wir zahlen an die Kreise und kreisfreienStädte und diese wiederum an die Gemeinden oder Kita-Träger. Insgesamt sind also sowohlLand, als auch Kreise, Standortgemeinden, Träger und Eltern an der Finanzierung beteiligt. Dasmacht das Ganze bekanntlich nicht gerade einfacher.Noch dazu weist die SPD in ihrem Antrag darauf hin, dass wir neben rein finanziellen Fragenauch noch ganz andere Reformbedarfe haben. Wir brauchen vor allem weitere Fortschritte beider Qualität. Hier sind mit der dringend nötigen Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels,mit der wichtigen Aufgabe Inklusion oder mit dem Ausbau von Familienzentren großeHerausforderungen genannt. Aber eine Sache ist für mich besonders wichtig: Die Ausbildungs-aber auch Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher müssen deutlich attraktiverwerden. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie oft sehr belastet und mitunter auch überlastetsind. Wir müssen sie stärker unterstützen. Und zwar durch mehr Personal und wenigerBürokratie. So können wir auch langfristig die nötigen Fachkräfte gewinnen und binden.Doch auch dem vorliegenden Bericht entnehme ich, dass die Landesregierung aufQualitätsverbesserungen hinarbeitet. Zu diesem Zweck sollen sogar „alle derzeitigenRechtsgrundlagen“ überarbeitet oder neu gefasst werden. Schon 2020 soll ein neues Gesetz inKraft treten. Ziel ist, ich zitiere: „eine vereinheitlichte, transparente und dynamisierte Kita-Finanzierung anhand einheitlicher definierter Qualitätsstandards und mit einer verlässlichen, 4gedeckelten Elternbeteiligung.“ Auch wenn hier manchem vielleicht die eierlegendeWollmilchsau in den Sinn kommt, will ich gerne die volle Unterstützung des SSW zusichern.Denn auch wenn dieses Vorhaben sowohl zeitlich wie inhaltlich sehr ambitioniert wirkt, teilenwir die grundsätzliche Richtung.Wir sind uns also weitgehend darüber einig, dass wir in Sachen Kita zu mehr Effizienz und zumehr Qualität kommen müssen. Über die unterschiedlichen Ansätze einer Reform haben wirschon öfter diskutiert. Denkbar ist zum Beispiel eine Finanzierung analog zu unserenSchülerkostensätzen oder aber eine Fondslösung. Unabhängig vom gewählten Ansatz, mussam Ende aber vor allem eine echte Entlastung der Eltern herauskommen. Ich gehe jedenfallsdavon aus, dass alle am Ziel festhalten, Bildung grundsätzlich kostenfrei zu gestalten. Dochgerade für den Übergang bis zur beitragsfreien Kita ist ein einheitliches Recht der sozialenErmäßigung wichtig. Denn gerade für Eltern mit mittleren und geringen Einkommen stellendie Beiträge heute oft eine große Belastung dar.Bis heute zahlen Kitaeltern mitunter leider sehr viel für die vorschulische Betreuung. Je nachWohnort kann ein Platz gerne mal 5 oder sogar 6000 Euro im Jahr kosten. Nicht nur in denbenachbarten Bundesländern sondern auch in manch anderer Gemeinde in Schleswig-Holsteinist die Betreuung wieder deutlich günstiger. Damit stehen viele Eltern vor der ganz konkretenFrage, ob sie sich frühkindliche Bildung für ihr Kind überhaupt leisten wollen oder auch leistenkönnen. Und die Entscheidung gegen die Kita kann auch eine Entscheidung gegen guteStartbedingungen und gegen gleichwertige Bildungschancen sein. Aus Sicht des SSW dürfenEltern nicht vor dieser Frage stehen. Wir brauchen gute Bildung für alle. Und deshalb müssenwir unbedingt am Ziel festhalten, sie kostenfrei anzubieten. 5Ich sehe keine Alternative zur Stärkung unserer Kitas und zur Neuordnung der Gesetzgebung indiesem Bereich. Doch gerade im Zusammenhang mit der angestrebten und sinnvollenVereinheitlichung in der Finanzierung, ist mir ein weiterer Punkt wichtig: Wir brauchen eineVielfalt der Förderung in unseren Kitas. Auch Angebote der allgemeinen Sprachförderung oderim Bereich der Minderheiten- und Regionalsprachen müssen förderfähig bleiben. Wir sehenden Reformbedarf. Aber wir sehen nicht, warum wir auf diese wichtigen Einzelmaßnahmenverzichten sollten. Ich gehe allerdings auch davon aus, dass diese Möglichkeiten bestehenbleiben. Und ganz übergeordnet hoffe ich, dass auch wirklich alle Betroffenen an diesemReformprozess beteiligt werden. Der SSW wird dieses Verfahren in jedem Fall konstruktivbegleiten.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html