Flemming Meyer: Zyniker bei der Arbeit
Presseinformation Kiel, den 25.04. 2018Es gilt das gesprochene WortFlemming MeyerTOP 05 + 38 Gesetz zur Aufhebung des Landesmindestlohnes / Antrag zur Anpassung des Mindestlohnes Drs. 19/636, 19/648 „Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Zügel nun weiter angezogen und Jamaika macht deutlich, was sie von fairen Löhnen im Niedriglohnsektor hält.“Richtig ist, dass von Seiten der Wirtschaft immer wieder kritisiert wurde, dass in Schleswig-Holstein drei Mindestlöhne gelten und dass deren Umsetzung und Durchführung zu kompliziertund bürokratisch seien. Die Komplexität im Bezug auf die Einhaltung des Bundesmindestlohnes,des Landesmindestlohnes oder des vergaberechtlichen Mindestlohnes sehe ich hier nicht.Tariflich vereinbarte Löhne werden in anderen Berufen auch gezahlt und jeder Arbeitgeber weißdoch, ob er Landeszuschüsse bekommt oder nicht und damit weiß er dann auch, welche Löhne ermindestens zu zahlen hat. 2Aber sei es drum, diesen Aspekt der Wirtschaft haben CDU und FDP immer wieder aufgegriffenund ihr das Wort geredet. Daher überrascht es jetzt auch nicht wirklich, dass die Landesregierungnun den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Landesmindestlohnes vorlegt.Mit der Ablehnung der tariflichen Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohnes, fandbereits die erste Zäsur an der Mindestlohn-Front statt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurfwerden die Zügel nun weiter angezogen und Jamaika macht deutlich, was sie von fairen Löhnenim Niedriglohnsektor hält. Denn genau über diesen Bereich des Lohnsektors reden wir. Es gehthier nicht um Spitzengehälter, sondern um Gehälter der untersten Lohnstufen.Als Küstenkoalition haben wir Ende 2013 unter anderem den Landesmindestlohn eingeführt. Eswurde seinerzeit festgelegt, dass er bei 9,18 Euro brutto je Zeitstunde liegen soll. Mit dem Zusatz,„solange die Landesregierung keinen höheren Mindestlohn nach Absatz 2 festlegt.“ Wie wirwissen, hat sich seitdem – also seit rund viereinhalb Jahren – an der Höhe desLandesmindestlohnes nichts geändert. Nun kann man uns natürlich vorwerfen, dass wir es selbstin der Hand hatten, dies zu tun und diesen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen.Für den SSW kann ich sagen, dass wir es begrüßt hätten, wenn es gelungen wäre, denLandesmindestlohn regelmäßig zu erhöhen, so wie wir es auch beim vergaberechtlichenMindestlohn getan haben.Für uns macht es keinen Unterschied, ob das Land als Vergabestelle für einen öffentlichenAuftrag einen Mindestlohn vorschreibt oder ob der Mindestlohn an die Vergabe öffentlicherMittel gekoppelt ist. Für beide gilt, es sind öffentliche Gelder, die an Unternehmen oderEinrichtungen gehen und damit hat das Land die Möglichkeit entsprechende Bedingungen –auch an den Lohn – zu stellen.Mit der geplanten Aufhebung des Landesmindestlohngesetzes vergibt das Land die Möglichkeitsich weiterhin für faire und existenzsichernde Löhne einzusetzen. In der Begründung des 3Entwurfs wird darauf verwiesen, dass der Bundesmindestlohn zum 1. Januar 2019 voraussichtlichseine nächste Anpassung erfährt. Darüber hat die Mindestlohnkommission aber noch zuentscheiden. Jedoch wird derzeit davon ausgegangen, dass es eine Erhöhung von 8,84 Euro auf9,19 Euro geben wird.Nun könnte man natürlich geneigt sein zu sagen, dass Betroffene somit keine Schlechterstellungerfahren – wer zynisch ist, verweist sogar auf einen Cent mehr die Stunde.Doch wie gesagt, bereits seit Ende 2013 liegt der Landesmindestlohn bei 9,18 Euro. Mit demangestrebten Wechsel zum Bundesmindestlohn wären die in den Raum gestellten 9,19 Euro fürzwei weitere Jahre festgelegt, also bis 2021. Sollte dies so eintreffen, würden die Betroffenendann gut sieben Jahre lang einen Bruttostundenlohn von 9,18 Euro beziehungsweise 9,19 Euroerhalten. Das ist unzumutbar, weil es im Verhältnis zur allgemeinen Preisentwicklung eineVerschlechterung darstellt und das sage ich auch vor dem Hintergrund der derzeitigen gutenkonjunkturellen Entwicklung und den gerade vereinbarten Tarifabschlüssen beim öffentlichenDienst. Mit dem vorliegendem Gesetzentwurf vergibt das Land die Möglichkeit für mehrGerechtigkeit und Fairness im untersten Lohnsegment.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html