Antidiskriminierungsstelle: EuGH fordert neue Regeln für Kirchenjobs
Nr. 50 / 18. April 2018Antidiskriminierungsstelle: EuGH fordert neue Regeln für KirchenjobsDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer gestern (Dienstag) veröffentlichten Entscheidung festgestellt, dass kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stelle eine Religionszugehörigkeit von Bewerbern fordern dürfen. Die Leiterin der Antidis- kriminierungsstelle des Landes, Samiah El Samadoni, begrüßte die Entscheidung – die Beratungspraxis habe gezeigt, dass es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gab.„Wenn die Religionszugehörigkeit ein K.O.-Kriterium war, obwohl die jeweiligen Aufgaben wenig mit der Weitergabe von religiösen Werten und Leitbildern zu tun hatte, war das den Betroffenen schwer zu vermitteln“, erklärte El Samadoni. So seien beispielsweise eine muslimische Küchenhilfe oder ein konfessionsloser Gärtner bei einer der beiden christlichen Kirchen abgelehnt worden, da diese zwingend die Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung forderten.Dem EuGH lag ein Fall aus Deutschland vor, in dem sich eine konfessionslose Frau auf eine befristete Referentenstelle bei der evangelischen Diakonie beworben hatte. In der Stellenanzeige wurde die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder einer der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland angehörenden Kirche vorausgesetzt. Da die Bewerberin diese Vorgabe nicht erfüllte, wurde sie nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen und klagte wegen religiöser Diskriminierung auf eine Entschädigung von 10.000 Euro. Sie klagte zunächst bis zum Bundesarbeitsgericht, der ihren Fall dem EuGH zur Klärung vorgelegt hatte. Die Luxemburger Richter legten das EU-Diskriminierungsverbot nun so aus, dass eine bestimmte Religionszugehörigkeit nur bei einer Tätigkeit gefordert werden darf, die eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstellt. Der Fall geht nun zurück an die deutsche Justiz, die hierüber final entscheiden muss.Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht in Deutschland eine Sonderreglung für kirchliche Arbeitgeber vor, nach der sie verlangen dürfen, dass Bewerber Mitglied ihrer Kirche sein müssen. Strittig war bisher, ob dieser Grundsatz nur auf den sogenannten „verkündungsnahen Bereich“ (zum Beispiel Priester, Leitung eines kirchlichen Kindergartens) beschränkt ist oder für alle Mitarbeiter gilt. 2„Ganz besonders gilt es auch zu berücksichtigen, dass viele der Arbeitsplätze im sozialen Bereich bei den kirchlichen Trägern auch mit staatlichen Mitteln finanziert werden, wie in Kindertages- stätten oder Pflegeheimen“, ergänzte El Samadoni. „Auch deshalb ist eine Begrenzung der Sonderrechte der kirchlichen Träger angezeigt – denn faktisch werden so hunderttausende Arbeitsplätze nicht diskriminierungsfrei vergeben.“Die Antidiskriminierungsstelle des Landes hatte bereits mit dem Tätigkeitsbericht für die Jahre 2013 und 2014 die Forderung aufgestellt, die Sonderrechte der Kirchen im AGG europarechtskonform zu begrenzen.