Lars Harms: Ich hätte mir in Sachen Windenergie einen ernsthafteren Gesetzentwurf gewünscht
Presseinformation Kiel, den 22. 3. 2018Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 12 Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes Drs. 19/581 „Bürgerbeteiligung ist kein Schreckgespenst, sondern die Grundlage für nachhaltige Entscheidungen.“Die Landesplanung zu reformieren ist ein ehrgeiziges Vorhaben, denn es sollen schließlich dieStruktur-Grundlagen für die nächsten Jahrzehnte gelegt werden. Mittels der Landesplanung wirddie Flächennutzung festgelegt, die Zersiedelung gestoppt und nicht zuletzt demdemographischen Wandel Rechenschaft getragen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Rechtauf frühzeitige Einbeziehung ihrer Interessen. Dazu müssen die Verfahren laufend verbessert,also vereinfacht werden.Für den SSW steht außer Zweifel, dass die Bürgerinnen und Bürger in alle Zukunftsfrageneingebunden werden müssen. Bürgerbeteiligung ist kein Schreckgespenst, sondern dieGrundlage für nachhaltige Entscheidungen.Doch zurück zum Landesplanungsgesetz. Es sollte so eindeutig wie möglich, so transparent wienötig und vor allen Dingen eindeutig sein. Nach dem ersten Anschein dient der vorliegende 2Gesetzentwurf keinem dieser Ziele, sondern verzettelt sich in Details. Der vorgelegteGesetzentwurf enthält leider keine Begründung, so dass viele Fragen offen bleiben.Erstens: Der neue erste Satz von Absatz 4 des Paragraphen 5 spricht in der Neufassung von derfrühzeitigen Information über die geplante Aufstellung. Es ist nicht erkennbar, welchenZeittraum konkret der Terminus „frühzeitig“ benennen soll.Zweitens: Der neue Absatz 7 des gleichen Paragraphen sieht eine angemessene Verlängerungoder Verkürzung der Fristen vor. Nun können drei Tage, drei Wochen oder drei Monateangemessen sein, je nach Standpunkt. Eine Konkretisierung ist hier wünschenswert und mussnachgeholt werden.Drittens: geringfügige Änderungen konnten bislang innerhalb einer Frist von drei Monatenvorgenommen werden. Diese Frist soll in der Neufassung des Paragraphen 6 „angemessen“verkürzt werden. Was auch immer eine Behörde für angemessen erachtet, möchte ich vor derVerabschiedung wissen. Auch hier ist eine Konkretisierung nachzureichen.Viertens: Die Unterlagen sollen vorrangig elektronisch zur Verfügung gestellt werden, was derenWeiterleitung und Bearbeitung vereinfacht. Das ist der richtige Weg. Vorher regelte dasLandesplanungsgesetz, dass Unterlagen „zusätzlich in elektronischer Form übermittelt sowie imInternet bereitgestellt“ werden sollen. Papier also zuerst. Das erscheint mir nicht mehrzeitgemäß. Aber auch in der Neufassung erhalten Kreise und Städte eine schriftliche Variantemit der Post. Das ist der Regelung in der Landesverfassung geschuldet, dass auch Menschen, dieentweder keinen Internetzugang haben oder diesen einfach nicht nutzen wollen, einengleichberechtigten Zugang zu den Informationen und natürlich auch die gleichenBeteiligungsmöglichkeiten haben müssen. So weit so gut! Aber es stellt sich schon die Frage,warum alle Verwaltungen standardmäßig diese Unterlagen per Post erhalten und man diesenicht erst bei konkret angemeldeten Bedarf zur Verfügung stellt. Das könnte möglicherweise vielVerwaltungsarbeit einsparen. Diese Fragen müssen im Zuge der Ausschussberatungen geklärtwerden. 3Fünftens: die Neufassung des § 15 spricht von „ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen.“Diese Leerformel „ernsthaft“ war mir bislang in Gesetzestexten noch nicht untergekommen.Nicht alles, was möglich wäre, ist auch wahrscheinlich – das stimmt. Aber: ernsthafteAlternativen? Welche Hierarchie der Alternativen steckt dahinter? Sollen das die Bürgerinnenund Bürger im Einzelfall herausfinden oder sich die juristische Bedeutung durch eine Google-Suche erschließen? Welche Verbesserung bekommt der Gesetzgeber, wenn er möglicheAlternativen ausschließt und nur die ernsthaften betrachtet?Zu guter Letzt kommen wir zur Änderung des §18a, dies ist der Knackpunkt des Gesetzentwurfs.Ich bezweifle, dass die damit geplante Verlängerung des Moratoriums wirklich Stand haltenwird. Es gibt dafür nicht einmal eine Gesetzesbegründung – weder von der Landesregierung nochvon der Koalition. Darum sehe ich die Gefahr, dass sie mit der Verlängerung Tür und Tor öffnenfür eine erfolgreiche Klage und dann haben wir den Spargel-Salat. Dann ist freie Bahn für denunkontrollierten Bau von Windkraftanlagen.Angesicht der Herausforderungen der Landesplanungen im Bereich Windenergie,Siedlungsstruktur und Mobilität hätte ich mir tatsächlich einen ernsthafteren Gesetzentwurfgewünscht.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html