Flemming Meyer: Chance leider nicht im vollen Umfang genutzt
Presseinformation Kiel, den 22.03.2018Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 2 Erstes Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes Drs. 19/367 und 19/523„Umfassende Teilhabe zu landesweit einheitlichen Standards sicherstellen“Wir haben dieses Thema ja schon mehrfach diskutiert. Und doch wiederhole ich mich in einemPunkt gerne: Mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes haben wir als Land eine sehrverantwortungsvolle Aufgabe. Denn hiermit werden alle Teilhabeleistungen für Menschen mitBehinderung neu gestaltet. Damit sind fast all ihre Lebensbereiche betroffen. Es geht um denAnspruch auf Hilfen im Alltag. Es geht um ihre finanzielle Unterstützung. Und es geht damitauch ganz konkret um ihre Lebensqualität. Nicht etwa für eine kleine Randgruppe, sondern fürüber eine halbe Million Menschen mit Behinderung, die bei uns in Schleswig-Holstein leben. Alldas ist aus Sicht des SSW Grund genug, um bei aller gebotenen Eile trotzdem gründlich und vorallem verantwortungsbewusst zu handeln.Gründlichkeit ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der mündlichen Anhörung sehr wichtig. Ichvermute nämlich, dass hier nicht nur der SSW die Befürchtung hatte, dass die weit reichende 2Kritik nicht im verdienten Umfang berücksichtig wird. Denn vereinfacht gesagt, war mit demGesetzentwurf zum Beispiel klar, dass das Land in Sachen EingliederungshilfeKoordinierungsaufgaben übernimmt. Aber welche konkrete Rolle es spielen will, sollteweitgehend offen bleiben. Das hält der SSW schon deshalb für falsch, weil das Land fürgleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Schleswig-Holstein sorgen muss. Dass die Leistungenweiterhin nach Wohnort variieren könnten, ist aus unserer Sicht auf keinen Fall hinnehmbar.Ein anderer wichtiger Punkt, den fast alle Anzuhörenden deutlich gemacht haben, ist dieBefürchtung, dass die Menschen mit Behinderung offenbar nicht ausreichend beteiligt werden.Zwar gibt das Bundesteilhabegesetz die umfassende Beteiligung vor. Aber auch in diesemPunkt gab und gibt es große Unklarheit bei der Frage nach Art und Umfang. Auch das kann ausSicht des SSW nicht angehen. Wir wollen, dass die Menschen mit Behinderung und ihreVerbände möglichst umfassend eingebunden werden. Egal ob auf Landesebene oder in denKreisen und Gemeinden: Der Anspruch muss doch sein, die Betroffenen zu informieren und sievor allem auch zu beteiligen, wenn es um ihre Belange geht. Niemand soll ohne sie über ihreRechte und Ansprüche entscheiden. Das geht nur mit ihnen gemeinsam!Ich kann für den SSW klar sagen, dass wir die Bedenken der Anzuhörenden sehr ernst nehmen.Wir haben deshalb gemeinsam mit der SPD versucht, entsprechende Änderungen insVerfahren einzubringen. Auch die Koalitionsfraktionen haben dann bekanntlich doch nochÄnderungsbedarf gesehen und sich bewegt. Das will ich nicht unterschlagen und gerne auchbegrüßen. Wenn ich aber die Betroffenen und ihre Vertretungen frage, dann gehen auch dieaktuellen Änderungen von CDU, Grünen und FDP nicht weit genug. Statt konkret gesetzlichvorzugeben, welche Teilhabeleistungen es zu welchen Standards geben muss, gibt das Landweiterhin nur Empfehlungen an die Kreise. Vor diesem Hintergrund teile ich die Kritik derBetroffenen, nach der dieses Gesetz mutlos ist, weil der Gestaltungswille fehlt. Und ich teile die 3Befürchtung, dass wir so leider nicht zu einem modernen Teilhaberecht im Sinne der UN-Konvention und zu besseren Leistungen für Menschen mit Behinderung kommen.Ich habe in der letzten Debatte zum Teilhabestärkungsgesetz betont, dass wir hier einewirklich große Chance haben. Denn Menschen mit Behinderung werden noch viel zu oftbenachteiligt. Das gilt für unser Bildungswesen, für unsere Arbeitswelt, für Freizeitaktivitätenund für viele andere gesellschaftliche Bereiche auch. Mit dem Bundesteilhabegesetz und mitunserem Ausführungsgesetz können wir die Rechte behinderter Menschen spürbar stärkenund ihre Lebensbedingungen verbessern. Doch so wie es aussieht, wird diese Chance nicht imvollen Umfang genutzt. Dieser Gesetzentwurf bleibt deutlich hinter den Erwartungen vielerBetroffener zurück. Und vor allem für sie selbst ist das mehr als bedauerlich.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html