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22.03.18
10:10 Uhr
SSW

Lars Harms: Die Minderheiten gehören ins Grundgesetz!

Presseinformation Kiel, den 22. März 2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 25 Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz
aufnehmen
Drs. 19/587



„Die Aufnahme von Minderheiten und Volksgruppen ins Grundgesetz wäre in Zeiten von Separatismus und ethnischen Konflikten in Europa ein starkes Signal.“

Im neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene haben die Koalitionspartner festgelegt, dass das
Grundgesetz in bestimmten Bereichen angepasst werden soll. Leider gibt es dort keine
Absprache, dass auch die Minderheiten und Volksgruppen mit in das Grundgesetz
aufgenommen werden sollen. Bezüglich der Minderheiten und Volksgruppen finden sich nur
sehr wenige unverbindliche Statements im Koalitionsvertrag. Deshalb ist es von Nöten, hier
wieder eine Diskussion zugunsten der Aufnahme der Minderheiten und Volksgruppen in das
Grundgesetz anzuschieben. 2
Die Aufnahme der Minderheiten und Volksgruppen würde der deutschen Verfassungstradition
entsprechen, die nur durch das Grundgesetz bisher unterbrochen wurde. Das hat auch schon
die Gemeinsame Verfassungskommission des Bundestages und des Bundesrates Anfang der
90er Jahre so gesehen und die Aufnahme der Minderheiten und Volksgruppen in das
Grundgesetz vorgeschlagen. Damals wurde dieser Vorschlag gerade auch aus Schleswig-
Holstein unterstützt. In Zeiten von Separatismus und ethnischen Konflikten in Europa, wäre es
ein starkes Signal, wenn Deutschland gerade in dieser Situation deutlich machen würde, dass
Minderheitenrechte eben auch zur Konfliktbewältigung beitragen können und dass
Minderheitenrechte eben nicht gleichbedeutend mit Abschottung oder Abgrenzung der
Minderheiten zur Mehrheitsbevölkerung sind, sondern im Gegensatz dazu, ein Zeichen der
Gleichberechtigung und des Zusammenhalts einer Gesellschaft.
Ohnehin hätte eine solche Maßnahme auch eine große Bedeutung für die
Mehrheitsbevölkerung, weil sich ja auch deutsche Minderheiten im Ausland, insbesondere in
Ost- und Südost-Europa, für ihre Minderheitenrechte einsetzen und auch der deutsche Staat,
die friedliche Weiterentwicklung der Minderheitenrechte für die eigenen Minderheiten
unterstützt. Was liegt da näher, als auch selbst einen guten Schritt voran zu gehen und den
hiesigen Minderheiten und Volksgruppen das zu gewähren, was man sich auch für deutschen
Minderheiten im Ausland wünscht.
Wir haben bewusst darauf verzichtet, im Antrag einen Formulierungsvorschlag zu machen.
Unsere Idealvorstellung wäre es natürlich, eine Formulierung wie in unserer Landesverfassung
zu nehmen, die den Bund auch zum Schutz und zur Förderung verpflichten würde. Allerdings
haben die Beratungen Anfang der 90er Jahre einen Formulierungsvorschlag auf dem kleinsten
gemeinsamen Nenner vorgesehen: eine so genannte Achtensklausel. Und selbst eine solche
Achtensklausel hätte einen großen Wert für die Minderheiten und Volksgruppen. Würde man
eng am Vorschlag der Gemeinsamen Verfassungskommission von 1993 formulieren, zum
Beispiel: „Der Staat achtet die Identität der dänischen Minderheit, der friesischen Volksgruppe, 3
des sorbischen Volkes und der Minderheit der deutschen Sinti und Roma.“, dann würde sich
hieraus ein besonderer Schutzmechanismus ergeben. Es wäre dann nicht mehr möglich, dass
der Staat bewusst oder unbewusst Maßnahmen durchführt oder Regelungen erlässt, die
diesem Gruppenrecht entgegenstehen würden.



Man kann das ganz gut an einer Diskussion von vor einigen Wochen illustrieren. Die AfD hat im
Bundestag einen Antrag zur Änderung des Grundgesetzes eingebracht mit dem Text: „Die
Landessprache in der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch.“ Explizit ohne Ausnahme für
Minderheitensprachen, wie es zum Beispiel die Bundesverfassung in Österreich vorsieht. Das
heißt, dass nach dieser Formulierung alle landesgesetzlichen Regelungen zur Förderung von
Regional- und Minderheitensprachen gesetzeswidrig werden würden. Wir würden hier
minderheiten- und sprachenpolitisch auf Null gesetzt. Mit der Aufnahme der Minderheiten
und Volksgruppen in das Grundgesetz, wäre dies aber unmöglich. Man erkennt also den
absichernden Charakter einer solchen Bestimmung. Und der würde sich natürlich auch auf
einzelgesetzliche Regelungen auf Bundes- und Landesebene beziehen.



Sie sehen also, es geht hier auch darum, die Minderheitenpolitik auf Bundesebene
weiterzuentwickeln und verbindlicher zu machen. Die Gelegenheit ist günstig, da das
Grundgesetz ohnehin durch die große Koalition geändert werden soll. Deshalb sollten wir
rechtzeitig eine Bundesratsinitiative starten, um die Minderheiten und Volksgruppen in das
Grundgesetz aufzunehmen.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html