Eka von Kalben zur Afrikanischen Schweinepest
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 25 – Afrikanische Schweinepest Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende 24105 Kiel von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Eka von Kalben: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de Nr. 034.17 / 26.01.2018Afrikanische Schweinepest:Durch hohe Tierdichten ist auch das Risiko besonders hochSehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren,ich danke dem Minister für seinen Bericht. Der Dank geht ebenso an die vielen Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter, im Ministerium und anderswo, die wegen der drohenden Schweinepest jetzt voll im Einsatz sind, womöglich Überstunden schieben und sich fra- gen, was kommt da noch auf uns zu, falls es zu einem Ausbruch der Krankheit hier in Schleswig-Holstein kommt. Das fragen sich natürlich auch die Schweinehalterinnen und Schweinehalter.Das mögliche Szenario ist ja schon beschrieben worden und ich halte es für richtig, alle Präventionsmaßnahmen, die sinnvoll sind, anzugehen, auch wenn wir nicht 100 prozen- tig wissen können, ob sie erfolgreich sein werden.Eine Belastung ist die Situation auch für die Jägerinnen und Jäger. Den Bestand an Wild- schweinen in wenigen Wochen um 70 Prozent zu dezimieren, wie es vom Bauernverband gefordert wird, ist unmöglich und wird es auch nicht mit den Neuregelungen, die geplant sind.Die Wildschweinpopulation ist in den letzten Jahren stark angewachsen, eine Tatsache, die auch ohne Schweinepest in einigen Regionen schon zu Schwierigkeiten geführt hat. Es ist kein Geheimnis, dass der umfangreiche Maisanbau eine Ursache dafür ist.Wenn man also die Schweine um 70 Prozent reduzieren will, müsste man ehrlicherweise auch eine Prozentzahl zur Reduktion des Maisanbaus nennen. Das wäre übrigens nicht nur aufgrund der Wildschweine, sondern für die Vielfalt und Schönheit der Landschaft, Seite 1 von 3 für Bienen und andere Insekten, und überhaupt für eine vielfältige Flora und Fauna gut. Dass der Maisanbau seit 2012 um 30.000 ha zurückgegangen ist, ist daher zu begrüßen.Zurück zur Schweinepest: Die Ausbreitung erfolgt zwar von Wildschwein zu Wildschwein, aber die gefährlichste Infektion kann durch Tiertransporte, touristische Reisen, Futtermit- telimporte aus den betroffen Gebieten oder tierische Produkte erfolgen. Es ist deshalb gut, dass auch der Bund hier langsam aus dem Quark kommt und die Hygienevorschrif- ten für Transporte verschärfen will.Menschen sind die Überträger, nicht im medizinischen Sinne, aber sie verbreiten das Virus, zum Beispiel über transportierte Lebensmittel, hier sei das berühmte Wurstbrot auf dem Autobahnrastplatz genannt.Als vordringliche Maßnahme sehe ich daher nicht die Bejagung der Wildschweine son- dern die Kontrolle der Futter- und Lebensmittelströme sowie Tiertransporte.Und hier müssen die Wirtschaftsteilnehmer*innen, Transportunternehmer*innen, Händ- ler*innen, Züchter*innen, Mäster*innen, Schlachtbetriebe sich klar machen, dass der Staat nicht alles regeln kann. Sie stehen selbst auch in der Pflicht, maximale Vorsicht und Vorsorge walten zu lassen.Meine Damen und Herren, die Schweine tragen keine Schuld an der Pest und die Tiere, egal ob im Stall oder im Wald müssen in unserem Fokus bleiben. Und deshalb dürfen bei der Jagd auch nicht sämtliche Tierschutzaspekte über Bord geworfen werden. Vor allem der Muttertierschutz, also die Jagd auf Frischlinge-führende Bachen, sollte nicht freigegeben werden.Sehr geehrte Damen und Herren, zur Wahrheit gehört aber auch, dass durch hohe Tierdichten auch das Risiko besonders hoch ist. Ich spreche jetzt nicht von der Wildschweindichte, sondern von hohen Tierdich- ten bei der Nutztierhaltung. Wir haben in Schleswig-Holstein 1,5Millionen Schweine, bei 2,8 Millionen Einwohnern. Das ist ein halbes Schwein pro Einwohner.Ganz schön viele, aber das hört sich noch halbwegs verträglich an, wenn ich es verglei- che mit dem Kreis Cloppenburg, rund 1,2 Millionen Schweine, bei rund 160 Tausend Einwohner*innen, also mehr als sieben Schweine pro Einwohner*in.Die Intensivtierhaltung mit einer hohen Konzentration von Tieren in bestimmten Regionen ist ein Risikofaktor. Das gilt auch für andere Tierseuchen, wie die Vogelgrippe.Konsequenz aus dem Auftreten von Tierseuchen darf nicht sein, noch mehr Tiere in noch besser gesicherten Hochsicherheitsställen zu konzentrieren und artgerechten Freiland- haltungen den Garaus zu machen. Weniger Tiere, artgerechte Haltung, Züchtung auf Gesundheit und Lebensleistung statt auf hohe Mast-, Lege- oder sonst was für Leistung, damit könnte die Robustheit unserer Nutztierbestände erhöht und das Risiko vermindert werden.Eine Landwirtschaft, die sich weiniger an globalen Märten orientiert, sondern am regio- nalen Bedarf, die das benötigte Futter selbst in der Region erzeugt und auf kurze Wege setzt. Kurze Wege zu Schlachtstätten, die ökologisch sind und Tierleid vermindern helfen. Keine Lebendtiertransorte mehr über hunderte von Kilometern, quer durch Europa. Keine Billigexporte von Fleischteilen, die bei uns als minderwertig gelten und in Westafrika oder 2 anderswo den Markt für die kleinbäuerliche Erzeugung kaputt machen. Das sind Forde- rungen, wie wir Grüne im Land, im Bund und in Europa vertreten.Das sind dicke Bretter, keine kurzfristige Lösung für das sehr ernste Problem, vor dem wir zurzeit wegen der Afrikanischen Schweinepest stehen. Wenn die Überschwemmung droht, die Flutwelle schon im Anmarsch ist, hilft es nicht, zu klagen, dass keine Retenti- onsräume für das viele Wasser in den Flussauen mehr vorhanden sind. Dann müssen Sandsäcke gestapelt werden.Wer jedoch nur über höhere Deiche sprechen will, nicht aber über die Ursachen des Kli- mawandels oder Auenrenaturierung, der wird der Herausforderung beim Hochwasser- schutz nicht gerecht. Im übertragenen Sinn gilt dies auch für diesen Fall. Wir müssen in der Situation entschlossen handeln, dürfen aber die Augen vor der Gesamtproblematik nicht verschließen.Die Konzentration in der Tierhaltung stößt an Grenzen: an ökologische Grenzen, an Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz. Ich halte es für wichtig, auch das hier anzu- sprechen. *** 3