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25.01.18
17:25 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort. Schleswig-Holstein TOP 43 – Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle des Pressesprecherin Landes Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Burkhard Peters: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 032.18 / 25.01.2018

Antidiskriminierungsstelle: Unverzichtbar für unsere pluralistische Gesellschaft
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt es seit 2006. Die Antidiskriminie- rungsstelle bei der Bürgerbeauftragten seit 2013. Die Küstenkoalition hat diese unver- zichtbare Stelle eingerichtet – sieben Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes. Jetzt liegt der zweite Tätigkeitsbericht auf dem Tisch.
Dafür möchte ich mich ganz ausdrücklich bei der Bürgerbeauftragten und dem Team der Antidiskriminierungsstelle bedanken. Rechtliche Gleichstellung und wirkliche Gleichbehandlung sind absolut wichtig. Dies gilt ganz besonders in Zeiten, in denen Unsicherheit, Ängste und Neid von Populist*innen geschürt werden.
Der Berichtszeitraum beleuchtet eine Zeit, in der die abstoßenden Erscheinungsformen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, zum Beispiel Rassismus, Sexismus, Homophobie, Abwertung von Behinderten, Islamfeindlichkeit und Antiziganismus in so- zialen Netzwerken, auf öffentlichen Versammlungen von Rechtspopulist*innen und Rechtsradikalen, aber auch zunehmend in Parlamenten Konjunktur haben.
Die Bilanz der Antidiskriminierungsstelle ist beachtlich: 325 neue Eingaben, das sind mehr als doppelt so viele, wie im ersten Berichtszeitraum. Hilfeleistung und Unterstüt- zung in 464 Fällen, und das mit äußerst knappen personellen Ressourcen. Die Steige- rungen liegen nicht darin begründet, dass die Welt schlechter geworden ist. Ganz im Gegenteil, die Antidiskriminierungsstelle und ihre segensreiche Arbeit sind bekannter geworden. Sie wird von immer mehr Menschen in Anspruch genommen und das ist gut so.
Nicht gut ist, dass Ungleichbehandlung und Diskriminierung zu unserem Alltag gehören. Die Sensibilität gegenüber struktureller Benachteiligung lässt häufig noch zu wünschen übrig. Die zahlenmäßig größten Schwerpunkte der Eingaben beziehen sich auf die Seite 1 von 2 Merkmale Behinderung, ethnische Herkunft und Geschlecht. Behinderung und Ge- schlecht spielen verstärkt eine Rolle bei Diskriminierung im Arbeitsleben, die ethnische Herkunft ganz besonders bei sogenannten Massengeschäften im Alltag.
Der bedauernswerte Klassiker: der Einlass in eine Diskothek – nicht für junge Männer mit Migrationshintergrund. Das ist falsch und menschenverachtend.
Der Bedarf nach Intervention durch offizielle Stellen ist in einem rauer gewordenen poli- tischen Klima ebenfalls größer geworden. Was als Bodensatz von Vorurteilen und Ver- achtung bei Einstellungen gegenüber Minderheiten schon immer da war, sich aber nicht offen traute, in konkreten Worten und Handlungen geäußert zu werden, kommt jetzt aus der Deckung. Der Bereich des Sagbaren und Machbaren hat sich verschoben, nach rechts, ins Menschenverachtende. Die im Bericht dargestellten Beispiele sprechen für sich.
Der Bericht macht unmissverständlich klar, wie wichtig die Arbeit der Antidiskriminie- rungsstellen für unsere Gesellschaft ist. Diese Stellen sind neben vielen anderen ehren- und hauptamtlichen Wächter*innen für den Fortbestand einer pluralistischen, offenen, geschlechtergerechten und minderheitenfreundlichen Gesellschaft unverzichtbar. Das gilt nicht nur für die Bearbeitung des Einzelfalls, sondern auch als Verbreitungsplattform des Antidiskriminierungsgedankens und als bedeutsame Hinweisgeber für den Gesetz- geber.
Das Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
Wir Grüne können uns mit dieser Zielsetzung zu 100 Prozent identifizieren. Sie ist eine zentrale Grüne Forderung, bevor es das AGG überhaupt gegeben hat. Angesichts der realen Missstände wollen wir beim AGG nicht stehen bleiben, sondern fortfahren mit gesetzgeberischen Initiativen im Antidiskriminierungskampf.
Wir sollten deshalb als Gesetzgeber des Landes die Anregungen im Antidiskriminie- rungsbericht aufnehmen, um gemeinsam deutliche Zeichen zu setzen.
Eine Bußgeldvorschrift muss in unser Gaststättengesetz gegen diskriminierendes Ver- halten bei Einlasskontrollen in Disco wie in Niedersachsen und Bremen.
Auch der öffentliche Sektor muss mit gutem Bespiel vorangehen. Der Ansatz des AGG, vor allem im privatrechtlichen Sektor Instrumente gegen Diskriminierung zur Verfügung zu stellen, greift zu kurz.
Ein Beispiel für Defizite in diesem Bereich ist für mich das Merkmals „ANST“ – wie“ an- steckend“ - in der polizeilichen Datenbank INPOL. Die Aidshilfen kritisieren zu Recht, dass dieses Verfahren in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung niemanden besser schützt, sondern Menschen diskriminiert. Das muss auf Bundesebene besser geregelt werden.
Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an.
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