Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
25.01.18
10:37 Uhr
SSW

Lars Harms: Bezahlbarer Wohnraum statt Gewinnmaximierung

Presseinformation Kiel, den 25. Januar 2018

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 33 Kommunalen Wohnungsbau stärken Drs. 19/462

„Ich rede hier von kleinen Wohnungen ohne Schnickschnack mit ein oder zwei
Zimmern, Küche und Bad.“


Die Wohnungsnot in einigen Städten und für einzelne Bevölkerungsgruppen ist so groß, dass
eine Landtagsdebatte bei weitem nicht ausreicht, um dem nur annähernd Rechnung zu tragen.
Ich könnte hier zwanzig Minuten sprechen und könnte immer noch nicht alle Probleme
ansprechen. Aber wir haben auch schon viel zu lange nur gesprochen. Ich fordere den Landtag
auf, dass Opposition und Regierungsfraktionen einen gemeinsamen Weg finden, um die
Kommunen in ihrem Bestreben zu unterstützen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Ich bin darüber hinaus zutiefst davon überzeugt, dass wir nur gemeinsam etwas in Berlin
erreichen können, um den vorrangigen Verkauf von Immobilien des Bundes – das sind in der
Regel Liegenschaften der Bundeswehr und der Deutschen Bahn – an kommunale
Wohnungsbaugesellschaften durchzusetzen. Das Bundesfinanzministerium möchte einen 2
möglichst hohen Preis für Liegenschaften erzielen, um dem Bundeshaushalt die Erlöse zuführen
zu können. Das ist eine Einzel-Logik, die der öffentlichen Hand als Gesamtheit schadet. Die
kommunalen Wohnungsgesellschaften werden nämlich regelmäßig in den Bieterverfahren von
potenten Investoren ausgebootet, deren Klientel eben nicht aus normalen Menschen besteht. In
List auf Sylt würden genau solche Menschen in der ehemaligen Offiziersschule wohnen, wenn
der Bund nicht so bockbeinig auf Höchsterträgen bestehen würde und sogar noch auf
Nachzahlungen, weil die Gemeinde Wohnungen bauen will.
Auf dem Wohnungsmarkt muss sich schleunigst etwas tun. Es muss neuer, bezahlbarer
Wohnraum geschaffen werden, auch weil Sozialwohnungen tausendfach in den letzten Jahren
ihre Sozialbindung verloren haben. Ich rede hier von kleinen Wohnungen ohne Schnickschnack
mit ein oder zwei Zimmern, Küche und Bad.
Doch wer soll bauen? Wir haben kaum noch kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Und
Investoren winken angesichts komplizierter Förderprogramme gleich ab, wenn es um den Bau
von Sozialwohnungen geht. Die Wohnungsbaugenossenschaften können diese Lücke alleine
aber nicht schließen, so dass die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren sinkt. Das alles ist bereits
seit Jahren bekannt.
Die Kommunen würden gerne sofort loslegen und tun dies ja auch. In Flensburg wird in den
nächsten Jahren ein neues Stadtviertel am Schwarzental mit mehr als 400 Wohnungen
entstehen. Gestaltungswettbewerb und Bauplanungen laufen parallel, um kostbare Zeit zu
sparen. Niemand will nämlich einen tollen Gewinnerentwurf, der keine Investoren findet. Aber
auch in Flensburg werden die 400 neuen Wohnungen die Wohnungsnot nicht lösen. Es muss
noch viel mehr gebaut werden. Und das Verrückte: es stehen an der Förde Wohnungen leer, weil
Investoren den Hals nicht vollkriegen. Oder es werden Wohnungen von Kanzleien, Arztpraxen
oder als Ferienwohnungen genutzt. Dieser Zweckentfremdung müssen die Kommunen tatenlos
zu sehen. Sie haben keine Handhabe. Auch das müssen wir ändern. 3
Reden wir über die kleinen Kommunen im ländlichen Raum. Hier hangelt man sich von
Neubaugebiet zu Neubaugebiet. Neubauten, vornehmlich in Einfamilienhaussiedlungen am
Dorfrand, verbrauchen nicht nur die Landschaft, sondern sind überhaupt kein Teil der Lösung,
weil dort kein bezahlbarer Mietwohnraum geschaffen wird. Stattdessen sollten Altbestände in
den dörflichen Ortskernen genutzt werden können. Doch dazu fehlen den Kommunen
schlichtweg die Ressourcen. Hier bedarf es der Hilfestellung des Landes.
Der Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen hat ja einiges versprochen: die Änderung der
Landesbauordnung, Optimierung der Förderprogramme und ein neues Wohnbauprogramm.
Papier ist bekanntlich geduldig, denn passiert ist davon noch nichts. Aber, wie gesagt, es geht
beim Wohnungsbau darum, dass in den nächsten Jahren tausende Wohnungen in Schleswig-
Holstein gebaut werden müssen. Darum sollten wir zu allererst geschlossen gegenüber der
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Interessen des Landes Schleswig-Holstein vertreten,
um den weiteren Verkauf von Bundesimmobilien an den Höchstbietenden zu verhindern.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html