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24.01.18
16:51 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Wir wollen die Schulgeldfreiheit für Ergo- oder Physiotherapeuten

Presseinformation Kiel, den 24. 1. 2018

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 23 Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen schulgeldfrei gestalten Drs. 19/437

„Durch die Vogel-Strauß-Politik im Bundesgesundheitsministerium drohen
Versorgungsengpässe in therapeutischen Bereich.“


Im Sauerland ist die Ausbildung für Ergo- und Physiotherapeuten schulgeldfrei. Möglich wurde
das durch ein neues Trägermodel: Krankenhaus und Bildungsstätte kooperieren als gemeinsame
Träger der Ausbildung, so dass die Kosten für die Ausbildung über die Krankenkassen refinanziert
werden können. Die Auszubildenden bezahlen ab 1. Mai nicht mehr 410 Euro im Monat, sondern
gar kein Schulgeld. Die bittere Pille, die der Ausbildungsträger schlucken muss, ist die
Einschränkung seiner Unabhängigkeit.
Zwei Konsequenzen hat dieses Modell, das inzwischen Schule gemacht hat, für Schleswig-
Holstein: Erstens. Das Land Schleswig-Holstein verliert motivierte und engagierte junge
Menschen, die sich für die Ausbildung zum Ergo- oder Physiotherapeuten interessieren, an die
schulgeldfreien Angebote in anderen Bundesländern. Die Träger werben dort nämlich sehr 2
offensiv um Bewerberinnen und Bewerber, indem sie das Wort schulgeldfrei ganz oben auf ihre
Internetseite schreiben. Niemand soll lange im Internet suchen müssen: nur ein Tastendruck und
man findet viele schulgeldfreie Plätze. Hamburger Schulen werben ungeniert um Interessenten
aus dem Nachbarland. Diese innerdeutsche Schieflage führt zum Abwandern aus den Regionen
und Bundesländern, wo Schulgeld gefordert wird. Und man weiß aus als anderen Bereichen, dass
in den seltensten Fällen die ausgebildeten Fachkräfte wieder zurückkehren. Wir graben uns also
selbst das Wasser ab, wenn wir nicht effektiv und mittelfristig Maßnahmen ergreifen, um die
therapeutische Ausbildung im Gesundheitsberufen schulgeldfrei anbieten zu können.
Zweitens. Die Lösung einer gemeinsamen Trägerschaft zwischen Krankenhaus und freier
Bildungsstätte im Sauerland zeigt, dass bereits heute, im Januar 2018, die schulgeldfreie
Ausbildung in den gesundheitstherapeutischen Berufen möglich ist, ohne dass Gesetzgeber oder
Landesregierung tätig werden müssen. Fehlt es an entsprechender Beratung oder Wissen bei
den Trägern? Oder warum nutzen die Ausbildungsstätten diese Möglichkeiten nicht?
Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle die soliden Ausbildungsleistungen der hiesigen Träger
loben. Sie machen eine gute Arbeit. Die von ihnen ausgebildeten Fachkräfte finden unmittelbar
nach Ausbildungsende eine Anstellung im Gesundheitswesen.



Doch eines muss klar sein: der Staat muss dafür Sorge tragen, dass eine ausreichende Zahl an
Therapeutinnen und Therapeuten zur Verfügung steht, und zwar wohnortnah und
flächendeckend. Und: die erste Ausbildung muss kostenfrei sein! Diese Grundsätze müssen auch
und gerade im Gesundheitsbereich gelten. Es musste erst zu einem massiven Fachkräftemangel
kommen, bevor das Thema der ungerechten Ausbildung überhaupt auf der Ebene der
Bundespolitik wahrgenommen wurde. Durch die Vogel-Strauß-Politik im
Bundesgesundheitsministerium ist es nun schon fast zu spät und es drohen
Versorgungsengpässe in therapeutischen Bereich. Mit fatalen Folgen. Wenn beispielsweise
Menschen nach einem Schlaganfall oder einem Sturz nicht umgehend therapiert werden, droht 3
die Pflegebedürftigkeit. Das kommt die Patienten dann im wahrsten Sinne teuer zu stehen. Sie
sind auf den Rollstuhl angewiesen oder können sich nicht mehr selbständig anziehen. Dann
müssen sie die Hilfe eines Pflegedienstes in Anspruch nehmen oder die Angehörigen
übernehmen die Pflege. Das ist unhaltbar.
Darum unterstützt der SSW die Abschaffung des Schulgeldes. Ich würde mir wünschen, dass wir
dabei nicht auf einen entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag auf Bundesebene warten,
sondern, dass die Landesregierung hier in Schleswig-Holstein umgehend in Gespräche mit den
Trägern eintritt, um die Schulgeldfreiheit zu erwirken.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html