Rede zu Protokoll gegeben - Jette Waldinger-Thiering: Lehrer und noch mehr Lehrer müssen ran
Presseinformation Kiel, den 15.12.2017Rede zu Protokoll gegebenJette Waldinger-Thiering TOP 37 Bericht über die Unterrichtssituation Drs. 19/371 „…wenn in inklusiven Klassen die Vertretungslösung darin besteht, dass bei Ausfall einer Lehrerin oder eines Lehrers einfach die andere die gesamte Klasse übernimmt, ist das keine Notlösung, sondern ein Bankrotterklärung des Inklusionsgedankens.“Vielen Dank für den ausführlichen Bericht, der weitgehend die Situation zeigt, wie sie diedamalige Küstenkoalition verantwortet hat. Die damalige Regierung hat neue Lehrerstellengeschaffen und zwar nicht nur an den Gymnasien, sondern über alle Schulformen hinweg. Derindividuelle Förderbedarf wächst beständig, und dementsprechend muss auch der Lehrkörperwachsen. Ich hoffe, dass die neue Landesregierung den Kurs fortsetzt und fleißig neueLehrerinnen und Lehrer einstellt.Bis dahin muss man sich mit anderen Lösungen behelfen. Ich möchte aber an dieser Stelledeutlich sagen, wenn in inklusiven Klassen die Vertretungslösung darin besteht, dass bei Ausfall 2einer Lehrerin oder eines Lehrers einfach die andere die gesamte Klasse übernimmt, ist das keineNotlösung, sondern ein Bankrotterklärung des Inklusionsgedankens. Wenn nur noch eineLehrkraft in der Klasse ist, ist damit die Inklusion faktisch beendet. Das wissen auch die Eltern, diezunehmend skeptisch gegenüber diesem fragilen Gebilde eingestellt sind. Wenn es keineVertretung gibt, ist der Unterricht in Einzelbesetzung keine Inklusion. So ehrlich müssen wireinfach sein.Dass nur jede zweite Schule im Land das Portal zur Unterrichtserfassung nutzen kann, ist einabsolutes Armutszeugnis. Keine Frage: Die Digitalisierung im Schulbereich ist eine großeHerausforderung, der mit Pressemeldungen allein nicht beizukommen ist. Sogar die großenStädte Schleswig-Holsteins wie Flensburg, Kiel oder Lübeck sind weit davon entfernt, alleSchulen an ein leistungsfähiges Netz anzuschließen. Ganz zu schweigen von der Anschaffungentsprechender Endgeräte . Das Portal zur Unterrichtserfassung kann dadurch schnell insHintertreffen geraten. Aber auch hierfür sind natürlich technische Mindestanforderungen nötig.Aber ich denke, die Digitalisierung der Schulen sollten wir an anderer Stelle vertiefen.Mit Blick auf die allgemeine Unterrichtsversorgung sind wieder einmal die BerufsschulenSchlusslicht der Statistik. Sie verfügen bekanntlich über die kleinste, oder sagen wir es genauer,die leiseste Lobby. Mit 91 Prozent Unterrichtsversorgung liegen sie am untersten Ende derSchularten. Hier fällt fast jede zehnte Stunde aus. Dabei werden gerade in den Berufsschulenganz zentrale Integrationsleistungen erbracht. Das zeigt auch der Bericht über mehrere Seiten.Aus meiner Sicht muss die Zunahme von Schülerinnen und Schülern aus dem Ausland deutlichstärkere Konsequenzen haben und sich in Lehrerstellen niederschlagen. Und zwar bald. DieBeruflichen Schulen sind an ihre Grenzen gekommen und bedürfen eines besonderenProgramms. 3Unabhängig von der Schulart ist ja allgemein bekannt, dass auch das Problem derUnterrichtsvertretung längst noch nicht überall zur Zufriedenheit gelöst ist. Häufig fehlt es anqualifizierten Lehrkräften. Dabei muss aus Sicht des SSW gerade hier die Qualität imVordergrund stehen. Wenn die betroffenen Kinder und Jugendlichen erfolgreich lernen sollen,reicht fachfremder Unterricht allein nicht aus. Und noch dazu ist doch die Tatsache, dassStrukturdefizite zu Lasten der Lehrergesundheit gehen, für uns alle nicht neu. Vor diesemHintergrund bin ich wirklich sehr gespannt auf das Konzept der Landesregierung zurVerbesserung der Lehrergesundheit.Doch auch das Thema Arbeitszeit wird im Bericht behandelt und erfüllt mich mit einiger Sorge.Denn es zeigt sich ganz klar, dass den Lehrerinnen und Lehrern nach wie vor handfeste Nachteiledurch die Teilnahme an Fortbildungen entstehen. Sie müssen unter anderem ausfallendenUnterricht nacharbeiten und sind damit doppelt belastet. Aus Angst vor fehlender Vertretungmachen viele Lehrkräfte also gar keine Fortbildung. Ein klassischer Fehlanreiz. Denn in der Folgesind sie nicht auf dem neusten Stand und fühlen sich zunehmend überfordert. Leidtragende sindsowohl Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler. In Zukunft muss es deshalb auch ein Ziel derLandesregierung sein, hier Abhilfe zu schaffen.