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13.12.17
14:41 Uhr
Landtag

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht zum 1. Januar 2018

Nr. 232 / 13. Dezember 2017

Bürgerbeauftragte informiert über wichtige Änderungen im Sozialrecht zum 1. Januar 2018
Zahlreiche Änderungen im Sozialrecht, die erhebliche Bedeutung für die Bürger haben, werden zu Beginn des Jahres 2018 wirksam. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören:


Änderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende / Hartz IV
Erhöhung der Regelsätze: Zum 1. Januar 2018 erhöhen sich die Regelsätze für alleinstehende oder alleinerziehende Personen von 409 Euro auf 416 Euro. Für Ehegatten und Lebenspartner ergibt sich eine Anhebung von 368 Euro auf 374 Euro. Die Regelsätze für Jugendliche (14 bis unter 18 Jahren) erhöhen sich um 5 Euro auf 316 Euro. Für Kinder von 6 bis unter 14 Jahren beträgt die Erhöhung ebenfalls 5 Euro auf insgesamt 296 Euro. Dagegen steigt der Regelsatz für Kinder unter 6 Jahren nur um 3 Euro auf 240 Euro.
Nichterwerbsfähige oder behinderte Menschen über 25 Jahren erhalten ebenfalls den vollen Regelsatz der Stufe 1 in Höhe von 416 Euro, wenn sie noch bei den Eltern oder in einer Wohngemeinschaft leben.
Diese Regelsätze gelten auch für den Bereich der Sozialhilfe.


Änderungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung
Steigerung der Erwerbsminderungsrente: Ab 2018 soll die sogenannte Zurechnungszeit bis 2024 schrittweise um drei Jahre verlängert werden. Aktuell unterstellt das Gesetz (§ 59 SGB VI), dass Betroffene ohne Eintritt einer Erwerbsminderung nur bis zu ihrem 62. Geburtstag gearbeitet hätten. Ab 2024 wird dann vom 65. Geburtstag ausgegangen.
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Selbständige: Mit Beginn des neuen Jahres werden die Beiträge für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Selbstständige zunächst nur vorläufig festgesetzt und anhand des Steuerbescheides später 2

rückwirkend korrigiert. Bisher erfolgte eine Anpassung (positiv wie negativ) erst ab dem Monat nach Erstellung des Einkommenssteuerbescheides. Im Ergebnis kann es daher zu Beitragserstattungen, aber auch zu Beitragsnachzahlungen kommen.
Nicht gelöst ist damit jedoch das Problem bei den Beitragsbemessungsgrenzen. Auch künftig wird bei Selbständigen ein monatliches Einkommen von 4.425 Euro unterstellt. Selbständige müssen daher ca. 800 Euro monatlich für ihre Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Bei einem Nachweis niedrigerer Einkommen würden mindestens 400 Euro fällig.


Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz
Zuständigkeitsklärung: Im Rehabilitationsverfahren haben viele Bürger Schwierigkeiten, den zuständigen Reha-Träger zu finden. Der Gesetzgeber hat daher das Verfahren zur Zuständigkeitsklärung zum 1. Januar 2018 überarbeitet:
Ist der Reha-Träger, bei dem zuerst der Antrag gestellt wird, für die gesamte beantragte Leistung zuständig, wird er zwei Wochen nach Antragseingang zum leistenden Reha-Träger. Wenn er dagegen insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag innerhalb von zwei Wochen an einen zweiten Reha-Träger weiter, der bei Zuständigkeit zum leistenden Reha-Träger wird. Sollte auch der zweite Reha-Träger insgesamt nicht zuständig sein, kann er den Antrag in Absprache an einen dritten Reha-Träger weiterleiten. Dieser wird – und das ist neu – zwingend zum leistenden Träger, auch wenn sich doch noch seine Nichtzuständigkeit herausstellen sollte.
Neu ist zudem, dass der dritte Reha-Träger innerhalb der drei-Wochen-Frist über den Antrag entscheiden muss, die bereits beim zweiten Reha-Träger begonnen hat. Eine Fristverlängerung gibt es nicht mehr.
Ferner sind ab 1. Januar 2018 alle Reha-Träger verpflichtet, den Antragsteller über eine Weiterleitung zu informieren.
Schließlich wird den Reha-Trägern das Recht eingeräumt, einen Antrag teilweise weiterzuleiten, wenn sie für einen Teil der erforderlichen Leistungen nicht Reha-Träger sein können (zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit für medizinische Rehabilitation).
Teilhabeplanverfahren: Damit vereinbarte Rehabilitationsmaßnahmen stringenter umgesetzt werden, hat der Gesetzgeber die Regeln zum Teilhabeplanverfahren geschaffen (§ 19 SGB IX). Der zuständige (federführende) Rehabilitationsträger ist jetzt verpflichtet, einen Teilhabeplan zu erstellen und eine Teilhabeplankonferenz – bei mehreren Leistungsträgern – durchzuführen. Ziel ist es, die Maßnahmen aufeinander abzustimmen und den Rehabilitationsplan laufend anzupassen.
Gesamtplanverfahren: Für den Bereich der Eingliederungshilfe, die zunächst weiterhin in der Sozialhilfe (Sozialgesetzbuch XII) verankert bleibt, schreibt der Gesetzgeber ein Gesamtplanverfahren vor. Dieses gleicht in der Zielsetzung und in der Durchführung im Wesentlichen dem Teilhabeplanverfahren. 3

Genehmigungsfiktion: Um die Rehabilitationsträger anzuhalten, die Verfahren zügig durchzu- führen, wurde eine Genehmigungsfiktion geschaffen (§ 18 SGB IX). Leistet demnach ein Rehabilitationsträger nicht innerhalb bestimmter Fristen, gilt der Antrag als genehmigt und die Betroffenen können sich die Leistungen dann selbst beschaffen und dem Rehabilitationsträger in Rechnung stellen.
Die einzelnen Regelungen sind jedoch kompliziert und den Hilfesuchenden ist dringend zu empfehlen, sich eingehend beraten zu lassen, bevor sie Leistungen selbst einkaufen.


Änderungen beim Kindergeld
Kindergelderhöhung: Das monatliche Kindergeld erhöht sich zum 1. Januar 2018 um jeweils zwei Euro je Kind. Für die ersten beiden Kinder steigt das Kindergeld von 192 Euro auf 194 Euro. Für das dritte Kind von 198 Euro auf 200 Euro und ab dem vierten Kind von 223 Euro auf 225 Euro.
Rückwirkende Auszahlung: Ein gravierender Einschnitt beim Kindergeld betrifft jedoch die rückwirkende Beantragung und Auszahlung des Kindergeldes. Bis zum 31. Dezember 2017 ist dies noch für das laufende Kalenderjahr sowie für die vier vorangegangenen Jahre möglich. Ab dem 1. Januar 2018 wird das Kindergeld aber nur noch für sechs Kalendermonate vor der Antragstellung rückwirkend gezahlt. Allen Kindergeldberechtigten ist daher dringend zu empfehlen, Kindergeld unverzüglich zu beantragen, sobald ein Anspruch vorliegen könnte. Noch nicht vorliegende Unterlagen (zum Beispiel Arztgutachten) können nachgereicht werden.
Möglich ist weiterhin die Festsetzung von Kindergeld für Zeiträume, die über den Sechs-Monats- Zeitraum zurückreichen. Dies bedeutet, dass die Familienkasse lediglich feststellt, dass ein Anspruch auf Kindergeld bestanden hat. Eine Auszahlung erfolgt aber nicht.
Eine solche Festsetzung wird aber nur durchgeführt, wenn für den Kindergeldberechtigten ein erkennbares Interesse vorliegt. Ein solches liegt beispielsweise vor, wenn der Kindergeld- berechtigte dem öffentlichen Dienst angehört und die Höhe des Familienzuschlags von dem Bestehen eines Kindergeldanspruches abhängt.