Tag der Menschenrechte: Zuwanderungsbeauftragter Schmidt kritisiert unzureichenden Umgang mit Menschenrechten
Nr. 229 / 8. Dezember 2017Tag der Menschenrechte: Zuwanderungsbeauftragter Schmidt kritisiert unzureichenden Umgang mit MenschenrechtenAm Sonntag (10. Dezember) ist der Tag der Menschenrechte. 1948 hat die General- versammlung der Vereinten Nationen den 10. Dezember, auch bekannt als Human Rights Day, als Gedenktag ausgerufen. „Gerade in der aktuellen Zeit gibt es zahlreiche Anlässe, die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung an diesen Tag zu erinnern und dessen Bedeutung hervorzuheben“, erklärte der Zuwanderungsbeauftragte des Landes Schleswig- Holstein Stefan Schmidt.„Seit diesem Jahre stelle ich bei mehreren der starken EU-Staaten eine erschreckende Tendenz fest: Sie stecken Gelder der Entwicklungshilfe nicht mehr in Projekte, die insbesondere in Afrika Menschen zugutekommen, die von Verfolgung und existenzieller Not bedroht sind. Stattdessen gehen die finanziellen Mittel in Projekte, die gerade der Abwehr dieser verfolgten und bedrohten Menschen dienen“, kritisierte Schmidt. „Dabei schrecken diese EU-Staaten auch nicht davor zurück, mit Regierungen, Militärs und Warlords zusammenzuarbeiten, die die Menschenrechte mit Füßen treten.“ Für ihn stelle sich daher die Frage, ob Menschenrechte nach Meinung der politisch und verwaltungsseitig Verantwortlichen nur noch dort schützenwert seien, wo sie nicht unmittelbar gefährdet sind. „Möchten sich diese EU-Staaten nur knapp 60 Jahre nach Verabschiedung der UN-Menschenrechtscharta vorwerfen lassen, ihre Augen und ihre Grenzen vor grausamen Menschenrechtsverletzungen geschlossen und die Betroffenen ihrem Schicksal überlassen zu haben?“Auch das Thema Familiennachzug rückte Schmidt anlässlich des Tages der Menschenrechte in den Fokus: „Viele Flüchtlingsfamilien sind auseinandergerissen, weil Teile von ihnen noch immer ohne jede Perspektive und Hoffnung in Griechenland, der Türkei, Libyen und anderswo unter prekären Bedingungen festsitzen. Das liegt daran, dass ihnen die amtierende Bundesregierung das Menschenrecht auf familiäres Zusammenleben in Deutschland verweigert. Wenn ich dann noch lese, dass um die Umsetzung dieses Grundrechts auch in Deutschland im Rahmen der Verhandlungen zur Regierungsbildung wie auf dem Basar gefeilscht wird, frage ich mich: Ist dieses Menschenrecht auch in Deutschland etwa schon wohlfeile Verhandlungsmasse geworden?“ 2Der Zuwanderungsbeauftragte kritisierte den Umgang mit Menschenrechten nicht nur in der EU und im Bund, sondern auch im eigenen Land. „Selbst in Schleswig-Holstein, das sich inzwischen schon fast traditionell auf Regierungsebene durch eine konstruktive Migrationspolitik auszeichnet, sehe ich Handlungsbedarf. Der neue Innenminister hat für die heutige Innenministerkonferenz einen Antrag eingebracht, der sich gegen das in Einzelfällen auch in Schleswig-Holstein praktizierte Kirchenasyl in sogenannten ‚Dublin-Fällen‘ richtet. Angeblich drohe den von Zurückschiebung in andere EU-Staaten betroffenen Flüchtlingen dort keine Gefahr für Leib und Leben. Doch, lieber Herr Minister Grote, genau solche Gefahren für Leib und Leben können auch durch Abschiebungen im Rahmen von Dublin in andere EU-Staaten drohen! Und zwar dann, wenn es daraufhin zu sogenannten ‚Kettenabschiebungen‘ zurück in die gefährlichen Herkunftsstaaten kommt.“ Das passiere nicht nur bei Dublin-Abschiebungen in Staaten mit systemischen Mängeln im Asylverfahren, unterstrich Schmidt. „Sogar aus Schweden sind mir solche Fälle berichtet worden. Die Kirchengemeinden praktizieren Kirchenasyl im Einzelfall mit größtem persönlichen Einsatz und ganz sicher nur in Fällen mit menschenrechtsrelevanten Gründen.“Aufgrund dieser Beispiele halte er es für dringend erforderlich, so der Beauftragte, die in der Migrationsarbeit politisch und verwaltungsseitig Verantwortlichen daran zu erinnern, dass „die 30 Artikel der UN-Menschenrechtscharta – die übrigens sinngemäß fast komplett und mit bindender Wirkung 1949 als Grundrechte in unserer Verfassung festgeschrieben worden sind – unteilbar und unveräußerlich für alle Menschen gelten, unabhängig in welchem Staat sie geboren wurden oder sich aufhalten. Unser Grundgesetz hat diese Gedanken in Artikel 1 Absatz 1 wunderbar auf den Punkt gebracht“, so Schmidt abschließend: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Ich bitte, dies niemals zu vergessen!“