Flemming Meyer: Waffengleichheit zwischen organisierten und nicht-organisierten Netz-Nutzern herstellen
Presseinformation Kiel, den 16. 11. 2017Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 17 Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfassungsrechtlich überprüfen Drs. 19/301 „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist der Versuch, Waffengleichheit zwischen organisierten und nicht-organisierten Nutzern herzustellen. Zugegeben, mit dem Gesetz ist das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden.“Auch wer sich nur kurz im Netz bewegt, begegnet schnell unflätigen, rassistischen unddiffamierenden Bemerkungen. Anonym oder mit voller Namensnennung: es ist wirklicherschreckend, mit welchen Botschaften man auf Facebook oder Instagram konfrontiert wird. Seitlangem wissen wir, dass der Facebook-Algorithmus dafür sorgt, dass man auch ohne es zuwollen, mit Hass-Posts in Kontakt kommt. Man muss diese Texte gar nicht aktiv suchen, siefinden selbst die Nutzer. Das ist eine der Schattenseiten der Like-Gesellschaft.Der Grund ist ein Ungleichgewicht. Verschwörungstheoretiker und Rassisten haben anscheinendviel Zeit. Sie sind von ihrer Botschaft so besessen, dass sie buchstäblich Tag und Nacht vor dem 2Rechner verbringen, während unsereins ab und zu Familienbilder einstellt oder sich überVeranstaltungen informiert. Diesen Vorsprung wissen diese Leute zu nutzen, von denen es einigesogar zu einem eigenen Spitznahmen gebracht haben: die Trolle nämlich. Einschüchterung undAngst sind die Folgen.Das Netz ist anfällig für diese Machenschaften. Das hat nicht zuletzt der Bundestagswahlkampfnoch einmal vor Augen geführt. Wir haben alle miterleben müssen, wie eine Handvoll gutorganisierter Internet-Freaks Themen lancierte oder eine andere Richtung gab.Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist der Versuch, Waffengleichheit zwischen organisierten undnicht-organisierten Nutzern herzustellen. Zugegeben ist mit dem Gesetz das Kind mit dem Badeausgeschüttet worden .Der Staat tut sich schwer, das international organisierte Internet mitnationalen Gesetzen beizukommen. Außerdem ist die digitale Technik schneller als jedeStrafverfolgungsbehörde. Darum ja auch die Ideen, die Anbieter der Plattformen stärker in diePflicht zu nehmen.Bislang erfolgte meines Wissens keine Evaluierung des Gesetzes; dazu ist es auch noch nichtlange genug in Kraft. Keiner kennt also die tatsächlichen Wirkungen des Gesetzes.Allerdings nehme ich den vorliegenden Antrag als Indiz dafür, dass dasNetzwerkdurchsetzungsgesetz zurzeit eines erreicht hat: es ist Wasser auf die Mühlen vonVerschwörungstheoretikern, Populisten und Extremisten. Die posaunen doch jetzt bereitspausenlos herum, dass ihre Weltsicht von einer nicht näher genannten Elite verboten würde. Dapasst das Netzwerkdurchsetzungsgesetz prima ins Weltbild. Ich mache das auch derBundesregierung zum Vorwurf. Sie hat den Entwurf übereilt mit heißer Nadel genäht und dannohne gründliche Prüfung im Wahlkampf durchs Parlament gejagt.Die Quittung ist eine bundesweite AfD-Kampagne gegen das Gesetz, die ihren Anfang in dersächsischen Landtagsfraktion nahm. Die Verfassungsbeschwerde wird wohl folgen; lange genugangekündigt ist sie ja schon. 3Tatsächlich verhandeln gerade die Sondierer in Berlin über das Gesetz. Einig ist sich Jamaikaderzeit bloß in der Analyse, dass Mängel dringend behoben werden müssen. Aber wie dieNeuentwicklung dann aussehen wird, ob es eine neues Gesetz oder lediglich kleine Anpassungengeben wird, weiß derzeit noch niemand.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html