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21.09.17
16:41 Uhr
SSW

Lars Harms: Wir brauchen eine abgestimmte europäische Asylgesetzgebung

Presseinformation Kiel, den 21. September 2017

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 22+27+28 Rückkehrmanagement, sichere Herkunftsstaaten und Abschiebehaft Drs. 19/151, 19/156, 19/157


„Wir brauchen eine abgestimmte europäische Asylgesetzgebung!“


Zum Kapitel des Asylrechts gehört auch die Rückführung von denjenigen, die kein Bleiberecht
bei uns erhalten haben. Die Länder sind für die Bereitstellung der notwendigen Einrichtungen
zuständig. Von daher ist es von Bedeutung, dass die neue Landesregierung diesbezüglich heute
ihr Vorhaben dargestellt hat. Wir als SSW begrüßen, dass die stillgelegte Einrichtung in
Rendsburg nicht wieder in Betrieb genommen wird. Ein ganzes Gefängnis für wenige
abschiebepflichtige Straftäter einzurichten macht keinen Sinn. Und unbescholtene
Ausreisepflichtige in einem Gefängnis einzusperren, lehnen wir immer noch ab. Und was die
Errichtung eines gemeinsamen norddeutschen Abschiebegewahrsams angeht, ist dies
grundsätzlich ein vernünftiger Ansatz, dies gemeinsam mit den Nachbarländern anzugehen. In
der Praxis muss sich nun zeigen, ob und wie die humanitären Standards tatsächlich auch 2
eingehalten werden können. Dazu wird es im Innen- und Rechtsausschuss sicherlich noch
reichlich Gelegenheit geben, diese Standards genauer zu betrachten.
Zum Thema sichere Herkunftsstaaten: Die Einteilung von bestimmten Ländern als sicherer
Herkunftsstaat, bedeutet nicht, dass in diesen Ländern nach unseren Wertvorstellungen alles
zum Besten steht. Die Einteilung als sichere Herkunftsstaaten soll prinzipiell dazu beitragen,
dass Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden können, wenn keine individuellen Gründe
vorgebracht werden können. Das Asylrecht selbst wird dadurch nicht eingeschränkt.


Zur Erinnerung: Das Asylrecht ist ein individuelles Recht. Schließlich geht es immer um das
Schicksal des Einzelnen. Vor diesem Hintergrund machen Obergrenzen auch wenig Sinn. Was
jedoch Sinn machen würde, wäre die Asylgesetzgebung generell einmal zu überarbeiten. Denn
viele Regelungen versprühen bisweilen noch den Muff der 1990er Jahre. Man hat damals ein
Gesetz geschaffen, welches sich auf die damaligen Gegebenheiten bezog. Das mag nicht
weiter verwerflich sein. Jedoch stellt sich die heutige Situation etwas anders dar. Dabei gibt es
durchaus Punkte, die man überarbeiten könnte. Wie etwa das Thema Arbeitsaufnahme, die
Frage nach Sach- oder Geldleistungen oder gar die ganz grundsätzliche Frage nach den
definierten Gründen, die zu einem positiven Asylbescheid führen können. Gibt es neben der
genannten politischen Verfolgung beispielsweise auch andere Gründe, die eine
Asylberechtigung ermöglichen könnten? Über diese und ähnliche Fragen wird der kommende
Bundestag sowie die Bundesregierung diskutieren müssen. Und wir meinen, dass man das
Grundrecht auf Asyl auch auf weitere Gruppen, wie zum Beispiel Menschen, die aufgrund ihrer
sexuellen Orientierung verfolgt werden, ausweiten könnte.



In Zukunft sollte sich niemand mehr überlegen müssen, in welches EU-Land er oder sie fliehen
solle, um im besten Fall Asyl bekommen zu können. Denn Fakt ist: Fast alle Länder der EU
nutzen im Asylverfahren Listen, in denen sie Länder als sichere Herkunftsstaaten definieren. 3
Die Länderlisten sind aber höchst unterschiedlich und es müsste eigentlich darum gehen, eine
einheitliche europäische Auflistung von Staaten hinzubekommen, deren Bürger eine
vergleichsweise geringe Chance auf Anerkennung haben. Das Asylrecht muss jetzt endlich im
Jahre 2017 ankommen und nicht nur die gerade angesprochenen Fragestellungen klären,
sondern vor allem EU-weit einheitlich sein. Wir brauchen eine abgestimmte europäische
Asylgesetzgebung. Davon sind wir derzeit noch weit entfernt. Zumal sich die Positionen
innerhalb der Europäische Union in dieser Frage derzeit immer weiter voneinander entfernen
zu scheinen. Jetzt die Flinte ins Korn zu werfen, wäre zu kurz gedacht. Wir alle wissen, dass die
EU eine Meisterin der Verwaltung ist. Nun muss sich zeigen, inwieweit sie auch ihre
Fähigkeiten zur Konfliktlösung unter Beweis stellen kann, schließlich ist in dieser Frage die
europäische Solidarität mindestens genauso gefragt, wie die europäische Rechtsstaatlichkeit.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html