Kai Vogel zu TOP 11: Gründlichkeit vor Schnelligkeit
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 20. Juli 2017TOP 11: Verbesserung des Gesundheitsmanagements an Schulen (Drs-Nr. 19/54, 19/92)Kai Vogel:Gründlichkeit vor SchnelligkeitFast 20 Jahre als Lehrer haben den Vorteil, dass die Arbeitsbelastung von mir in den Schulen ganz gut eingeschätzt werden kann. Die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung, die Kürzung der Ermäßigungsstunden für Schulleitungen, Inklusion, Integration der Flüchtlinge, …Die Liste ließe sich noch deutlich erweitern. Auch von uns wird angemahnt, dass die Arbeitsbelastungen der Lehrkräfte über die Jahre immer weiter zugenommen haben. Verstärkt hat sich der Druck auf die Schulen immens, als die ersten Vergleichsstudien zu einem massiv stärkeren öffentlichen Druck auf Schule geführt haben. PISA, IGLU und OECD bieten viele interessante Vergleichszahlen, doch die Belastung in den Schulen hat sich damit deutlich verstärkt. An Untersuchungen über die tatsächliche Arbeitsbelastung der Lehrkräfte mangelt es nicht. Sie sind sich im Ergebnis nicht einig, stimmen aber darüber überein, dass man nicht über Schularten, Schulfächer, Dienstalter und persönlichen Einsatz hinweg zu pauschalen Ergebnissen kommen kann.Exakte Statistiken über Gesundheitsschädigungen bei Lehrkräften verbieten sich aus Gründen des medizinischen Datenschutzes von selbst. Hingegen steht jeder Arbeitgeber, egal ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst, unter der gesetzlichen Verpflichtung, die Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten und zu fördern, besonders auch durch 2Präventionsmaßnahmen. Das Lehrerbildungsinstitut IQSH hat dafür ein eigenes „Zentrum für Prävention“ eingerichtet.Wir unternehmen immer wieder neu eine Gratwanderung, bei der die Sicherung der Unterrichtsversorgung in eine scheinbare Konkurrenz zur Entlastung von Lehrkräften geschoben wird. Der Landesrechnungshof hat in seinen diesjährigen Bemerkungen die Reduzierungen der Pflichtstunden für Lehrkräfte bemängelt, die einem Gegenwert von 600 Lehrerstellen entsprechen würden. Er hat verlangt, dass das Bildungsministerium die Belastung der Lehrkräfte neu berechnen und die Pflichtstundenreduzierungen überprüfen solle.Das bisherige Ministerium für Schule und Berufsbildung hatte bereits zugesagt, die Gründe für Ausgleichs- und Ermäßigungsstunden neu zu überprüfen. Ich habe Verständnis dafür, dass sich der Blickwinkel des Landesrechnungshofes von dem unterscheidet, den das Land als Arbeitgeber der Lehrkräfte oder gar die Interessenvertreter der Lehrkräfte haben müssen. Ich bin mir aber sehr sicher, dass eine Reduzierung der Altersteilzeit völlig kontraproduktiv wäre, weil die Zahl der Erkrankungen und Frühpensionierungen steil ansteigen würde.Die Koalition hat nun einen Antrag vorgelegt, der mehr oder minder im Wortlaut des Koalitionsvertrages die Landesregierung auffordert, ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements zu erstellen, das sich zunächst auf die Belastungen der Lehrkräfte konzentriert.Soweit so gut. Diesen Antrag wollen Sie am vorletzten Tag des Schuljahres 2016/17 verabschieden, aber das Ergebnis bereits spätestens im März 2018 dem Landtag vorlegen. Das halte ich für einen unnötigen Schnellschuss. Das Ergebnis, das Sie uns im nächsten Frühjahr vorlegen könnten, wäre oberflächlich und als Grundlage für politische Entscheidungen ungeeignet.Eine solche Untersuchung müsste doch auch die Belastungsveränderungen im Laufe des Schuljahres abbilden. Jeder, der schon einmal unterrichtet hat, oder vielmehr jeder, der überhaupt schon einmal eine Schule von innen gesehen hat, weiß, dass die Belastungen zum Schuljahresende am höchsten sind. Nicht in der aktuell stattfindenden letzten Schulwoche. Doch die Abschlussprüfungen am Schuljahresende, geballte Korrekturen nach Ostern und die Zeugnisse binden sehr viel Zeit und sind sehr, sehr anstrengend. Diese Zeit blendet das gewünschte Vorgehen der Koalition aus.Es ist nach unserer Auffassung deshalb besser, den Wissenschaftlern, die dieses Gutachten erstellen und auf seiner Grundlage ein Konzept erarbeiten sollen, die entsprechende Zeit zu geben. Das setzt voraus, dass sie mindestens ein komplettes Schuljahr beobachten und auswerten können. Unserer Auffassung nach geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Deshalb beantragen wir, für die Vorlage dieses Konzeptes nicht das Frühjahr 2018, sondern 2019 festzulegen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. 3Danke für Ihre Aufmerksamkeit.