Flemming Meyer: Schleswig-Holsteins Straßenbau gehört nicht in den Bundeswahlkampf
Presseinformation Kiel, den 20.07. 2017Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 16 Keine Übertragung der Verwaltung der Bundesstraßen an den Bund Drs. 19/66 „Und über die Investitionen in den Bundesstraßen soll wirklich der Bundestag in Berlin beschließen?“Im Koalitionsvertrag ist nachzulesen, dass die Regierungsfraktionen sich versprochen haben, zuprüfen, ob die Bundesstraßen in Schleswig-Holstein nicht zukünftig vom Bund verwaltet werdenkönnten. Damit könnte das Land Geld sparen; konkret sind das Verwaltungskosten, dieSchleswig-Holstein nach den Regelungen der Auftragsverwaltung gemäß Art. 104a GG zu tragenhat. Die komplizierte Formulierung des Prüfauftrages im Koalitionsvertrag lässt schon ahnen,dass es so einfach dann doch nicht werden wird, wenn man erst einmal nur prüfen möchte, obdas Ganze überhaupt sinnvoll ist. Eine Übertragungsabsicht sieht nach meinem Dafürhaltenanders aus. Das zeigt mir deutlich: Wir sind mitten drin im Bundestagswahlkampf.Eines der Dinge, die man nur zwischen den Zeilen lesen kann, ist eine Kritik am LandesbetriebStraßenbau und Verkehr. Mit deren Auftragsverwaltung scheinen die Koalitionäre nicht 2zufrieden zu sein: dort verwaltet man die Bundesstraßen wohl nicht gut genug. Nun soll es derBund von Berlin aus richten.Verkehrsminister Dobrindt hält sich ja für den besten Straßenbauer – wenn er denn so könnte,wie er wollte. Im Wochentakt schießt der Minister Presseerklärungen heraus, wonach dievertrackte Situation mit einem einzigen Geniestreich zu beheben wäre. Tatsächlich haben wirbereits seit Jahren zu wenig Geld in die Erhaltung und den Ausbau der Bundesstraßen gesteckt.Die Pendler in Schleswig-Holstein können ein Lied davon singen, wie sich nach jedem Winter derZustand ihrer Strecke verschlechtert. Wir haben die Reserven der guten Jahre inzwischenaufgebraucht. Jetzt stehen kräftige Investitionen an.Und über die Investitionen in den Bundesstraßen soll wirklich der Bundestag in Berlinbeschließen? Wollen wir also das Wissen hier vor Ort einfach nicht nutzen? Der ADAC sieht inseinem Gutachten das Problem der Synergieverluste durchaus kritisch. Eine neue Verwaltungmuss sich erst mühsam das Wissen neu aneignen. Natürlich ist es durchaus sinnvoll, gutfrequentierte Bundesstraßen und Bundesautobahnen stärker planerisch miteinander zuverzahnen, indem man die Zuständigkeiten bündelt. Aber wie sieht es dann mit der Vernetzungder nächsten Ebene, den Landesstraßen, aus? Diese drohen den Anschluss an dieVerkehrsplanung zu verlieren; dabei sind sie zur Erschließung des Flächenlandes Schleswig-Holstein ein wichtiger Bestandteil des täglichen Personen- und Güterverkehrs. Dass sieabgehängt werden, wenn der Bund die Bundesstraßen plant und verwaltet, erscheint mirdurchaus eine reale Gefahr zu sein.Darüber hinaus enden auch Bundestraßen nicht an Landesgrenzen. Was passiert, wennSchleswig-Holstein die Verwaltung der B5 an den Bund überträgt, Niedersachen diesen Weg abernicht geht oder Mecklenburg-Vorpommern? Wird man also in Zukunft wieder am Rütteln desAutos merken, wenn man eine Landesgrenze innerhalb Deutschlands kreuzt? Das wäre einechter Rückschritt. Die ADAC-Gutachter sehen es als nicht als sinnvoll an, wenn jedes Land für 3sich Schwerpunkte beim Ausbau und Investitionen vornimmt. Damit könnte das ganze Systemaus dem Ruder geraten. Das tut es nicht sofort, aber mit Sicherheit in den nächsten Jahren.Vorher allerdings müssen die Strukturen erst einmal neu aufwachsen. Bei der Reform derWasserstraßenbehörden kann man derzeit sehen, wie viel Zeit so etwas in Anspruch nehmenkann. Zeit, in denen die Behörden vor allem mit Restrukturierung und sich selbst zu tun haben, sodass Projekte liegen bleiben. Das kann angesichts vieler Probleme unserer Bundesstraßenwirklich nicht in unserem Interesse liegen. Sogar der Koalitionsvertrag spricht von einemSanierungsstau im Landesstraßennetz.Eine Bemerkung zum Schluss, wie ernst man den Koalitionsvertrag an dieser Stelle überhauptnehmen kann. Der Sanierungsstau im Landesstraßennetz soll angeblich innerhalb von zehnJahren abgebaut werden. Man muss kein Prophet sein, dass so eine Willensbekundung dasPapier nicht wert ist, auf dem sie gedruckt ist. In den nächsten Jahren müssen mindestens 23Brücken von Landesstraßen saniert werden oder sogar neu gebaut werden. Allein der Bau derBrücke in Lindaunis wird ein enormer Kraftakt werden. Dazu kommen die Ausbaupläne der B 5längs der Westküste. Hier sind ja inzwischen so viele Fristen verstrichen, dass sich niemand mehrtraut, überhaupt eine Jahreszahl zu nennen. Und das sind nur einige Beispiele. Die Sanierung derB 76 hat gezeigt, dass auch bei guten Baustellenmanagement nicht immer Behinderungenauszuschließen sin. Wenn wirklich in den nächsten zehn Jahren alle Projekte umgesetzt werdensollen, erwartet uns das reine Chaos.Ich hätte an dieser Stelle ein wenig mehr Ehrlichkeit erwartet.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html