Jette Waldinger-Thiering: Nicht über die Köpfe hinweg entscheiden - sondern die Menschen mitnehmen
Presseinformation Kiel, den 20.07.2017Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 13 Umstellung des Schulsystems nur mit Dialog und Unterstützung Drs. 19/58 „Nicht über die Köpfe hinweg entscheiden - sondern die Menschen mitnehmen“Keine Frage: Gerade im Bildungsbereich liegen Anspruch und Wirklichkeit oft deutlichauseinander. Ich will damit sagen, dass es natürlich auch der Küstenkoalition längst nichtimmer gelungen ist, alle Betroffenen bei bildungspolitischen Entscheidungen mitzunehmen.Und doch haben wir immer versucht, die Menschen zu hören und ihre Wünsche zuberücksichtigen.Das haben wir vor allem dann getan, wenn es um wichtige Weichenstellungen imBildungsbereich ging. Und mein Eindruck war, dass viele der heute Verantwortlichen zwar erstzögerlich waren, aber diesen Ansatz dann doch ganz gut fanden. Wie so oft, wenn es nicht dieeigene Idee ist. Doch wie dem auch sei. Eines sollte man aus meiner Sicht jedenfalls nicht 2unterschätzen: Der Bildungsdialog hat nicht nur gute inhaltliche Ergebnisse geliefert. Sondernauf diesem Weg wurde vor allem auch sehr viel Vertrauen in die Politik insgesamtzurückgewonnen. Ich frage mich also, was denn eigentlich dagegen spricht, die positivenErfahrungen mit diesem Format mitzunehmen und diesen Weg weiterzugehen?Uns allen ist bewusst, dass längt nicht jede Entscheidung auf eine so breite Basis gestelltwerden kann. Viele Dinge im Bereich Schule sind sehr kleinteilig oder betreffen nur wenige.Und vieles muss ganz einfach auch sehr kurzfristig entschieden werden. Deshalb ist es auchnur folgerichtig, wenn die SPD fordert, dass vor allem „wesentliche Änderungen desSchulgesetzes“ im Dialog entschieden werden müssen. Als Beispiel wird die geplante Rückkehrzu G9 an Gymnasien genannt. Das ist tatsächlich eine sehr gravierende Änderung, die längst zugroßer Verunsicherung an unseren Schulen führt. Deshalb kann der SSW dieses Ansinnen nurunterstützen.Unabhängig von der Einordnung der Frage G8/G9 lässt sich natürlich darüber streiten, wasgenau unter den Begriff: „wesentliche Änderung“ fällt. Ich persönlich würde mir im Sinne derBetroffenen wünschen, dass man diesen Begriff eher weiter fasst und damit eine möglichstumfassende Mitsprache ermöglicht. Die Erfahrungen der Lehrerinnen und Lehrer, derSchülerinnen und Schüler aber auch der Eltern und der anderen, am Schulalltag Beteiligtensind für uns Bildungspolitiker doch sehr wertvoll. Diese zumindest anzuhören und auf dieserbreiteren Basis zu entscheiden, sollte eigentlich auch im Eigeninteresse der jetzigen Regierungsein. Schon allein aus Akzeptanzgründen.So wie es derzeit aussieht, ist aber nichts dergleichen geplant. Die Betroffenen erfahrenvielmehr aus Parteipapieren oder Medien, dass nun zum Beispiel im Grundschulbereich oderbeim Thema Inklusion umfassende Änderungen vereinbart wurden. Und wenn es nicht so 3aussichtslos wirken würde, könnte man ganz ähnliches auch über die aktuellen Ideen von FrauPrien zum Thema Bildungsföderalismus sagen. Bei all diesen Fragen sind natürlich gravierendeAuswirkungen auf die Abläufe vor Ort und den Schulalltag insgesamt zu erwarten. Auch hierwäre es aus meiner Sicht mehr als sinnvoll, wenn man erst mal mit möglichst vielen Menschenspricht, die diese Auswirkungen direkt spüren werden. Denn oft haben sie sehr wertvolleHinweise, die zu einem weit besseren Ergebnis führen können.Ich habe natürlich großes Verständnis dafür, wenn die neue Regierung zügig eigene Akzentesetzen will. Gerade in der Bildungspolitik. Und doch halte ich es für unverzichtbar, die Meinungder Menschen vor Ort nicht nur zu hören, sondern berechtigte Einwände und Wünsche auch zuberücksichtigen. Dies gilt ganz besonders für Fragen der Konnexität, die sich ja bekanntlich imZusammenhang mit der Rückkehr zu G9 an Gymnasien stellen. Wenn man Lehrkräften,Schülerinnen und Schülern sowie Schulträgern und Eltern diesen massiven Eingriff in dieSchulstruktur schon zumutet, müssen die entstehenden Fragen zumindest mit ihnen geklärtwerden. Hier erwarten wir gemeinsam mit den Betroffenen verlässliche Zusagen undPlanungssicherheit.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html