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19.07.17
11:43 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Aktuellen Stunde zur A20

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP - Aktuelle Stunde A20 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die Vorsitzende Zentrale: 0431 / 988 – 1500 der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Eka von Kalben: presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 206.17 / 19.07.2017


Der Verkehrsminister wird aktiv auf die Naturschutzverbände zugehen - das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung!

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Seit fünf Jahren im Landtag verfolge ich Debatten zur A20 oder nehme an ihnen teil und es folgt immer nach demselben Ritual: Opposition wirft Regierung vor, es gehe nicht vo- ran. Regierung klagt Opposition an, sie hätte in ihrer Regierung auch zu wenig getan.
Ab und zu taucht ein neues seltenes Tier auf und die AutobahnplanerInnen können auf die schwierige Umwelt und ihre VertreterInnen im Parlament und in Verbänden, oder auch in der Regierung zeigen.
Täglich grüßt das Murmeltier? Respektive der Feldhamster, die Fledermaus, der Seead- ler, der Zwergschwan? Eine neue Regierung – alte Probleme, polemisch und falsch auf den Nenner gebracht: Der Naturschutz verhindert Autobahnausbau.
Meine Damen und Herren, es lohnt ein genauerer Blick.
Erstens: Dass an der geplanten A20 Tiere leben, kann niemanden wundern, und dass viele auch geschützt sind, auch nicht, schließlich sind doch 40 Prozent der Arten vom Aussterben bedroht.
Dass bei der Planung großer Infrastrukturvorhaben Natur- und Artenschutz zwingend zu bedenken ist, mag man für albern, überzogen oder ärgerlich halten – aber es ist europä- isches Recht, es ist deutsches Recht. Seite 1 von 3 Und lassen Sie mich es als Grüne sagen: es ist zu recht Recht. Wir können doch nicht die Bewahrung der Schöpfung als Phrase in Koalitionsvertragspräambeln schreiben, die Schöpfung dann aber, wenn es drauf ankommt, verdammen.
Aber selbst wenn jemand anderer Meinung ist und findet, dass das Naturschutzrecht überzogen ist: Es zu ignorieren, verhindert oder verzögert jede Planung oder Umsetzung, denn ewige Rechtsstreitigkeiten sind die Folge. Es ändern zu wollen, führt genauso zu Zeitverzug. Nur es zu berücksichtigen, macht Planungen schneller und effizienter.
Zweitens: Wie das Naturschutzrecht einzubeziehen ist, und welche Lösungsmöglichkei- ten es liefert, zeigt das Umweltministerium seit Jahren.
Beispiel Seeadler: Das Umweltministerium hat dem damaligen Wirtschaftsministerium den Horst gemeldet - samt Lösungsvorschlag, wie trotzdem gebaut werden kann, aber eben mit der Natur.
Und genauso war es bei den Zwergschwänen, die überhaupt keine Geheimsache waren. Da hat das Umweltministerium Lösungswege aufgezeigt, wie man damit umgehen kann und hat das Thema aktiv in der eingesetzten Arbeitsgruppe ausweislich der Protokolle immer wieder angesprochen.
Aber eine Entscheidung, welchen Weg die PlanerInnen beim Wirtschaftsministerium und beim Landesbetrieb Straßenbau gehen wollen, die wurde dem Umweltministerium nicht mitgeteilt.
Und dass ein Gutachten an eine Kieler Kanzlei zum Umgang mit diesem Problem verge- ben wurde, ohne dass die Hausspitze davon wusste, erscheint merkwürdig oder auf- schlussreich – ganz wie man will.
Drittens: Wie beim Stromleitungsausbau zu sehen, ist es durchaus möglich, große Infra- strukturprojekte schnell und ohne Klage der Naturschutzverbände zu genehmigen.
Die Westküstenleitung, die durch den Hotspot des norddeutschen Vogelzugs verläuft, also durch überaus sensibles Gebiet, ist nach zwei Jahren planfestgestellt worden. Die Naturschutzverbände haben erklärt, dass sie nicht klagen werden, da ihre Interessen be- rücksichtigt wurden. Und sie haben sich daran gehalten.
Ähnlich lief es beim so genannten Muschelfrieden. Die Errichtung neuer Smart-Farms mitten im Nationalpark wurde zuvor mit den Naturschutzverbänden geeint. Heute unter- stützen die Verbände sogar die MSC-Zertifizierung der schleswig-holsteinischen Mies- muschel als besonders naturverträgliches Produkt.
Die Naturschutzverbände sind also vertragstreu, wenn man sie mit einbezieht, nicht als Feinde sieht, sondern als PartnerInnen. Und die Ergebnisse werden dadurch besser.
Viertens: Und hier liegt der größte Unterschied zwischen Netzausbau und A20. Minister Habeck konnte sagen: Leute, wir müsse von A nach B. Wichtig ist, dass es schnell geht. Lasst uns gemeinsam den bestmöglichsten Trassenverlauf finden.
Genau das ist durch die politische Festlegung, die A20 auf der vorgesehenen Trasse zu bauen, nicht möglich. Wir Grünen halten uns auch in dieser Frage an den Koalitionsver- trag und stellen diese Festlegung deshalb nicht in Frage.
2 Aber sie macht die Dinge für Minister Buchholz, wie zuvor Minister Mayer, de Jager, Biel, Marnette nicht einfacher. Sie alle konnten nur sagen: wir wollen von A nach B auf folgen- der, feststehender Route. Wenn Euch das nicht gefällt, könnt ihr ja dagegen klagen. Das ist natürlich ganz alte Schule und ganz altes Denken und entsprechend haben all diese Minister am Ende keinen Erfolg gehabt.
Dass Minister Buchholz und sein Staatssekretär jetzt aktiv auf die Naturschutzverbände zugehen werden, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und dass das Gespräch zusammen mit dem Umweltminister geführt werde soll, zeigt nebenbei noch, dass die beiden Kabinettskollegen doch ganz wunderbar zusammen passen.
Aus unserer Sicht darf so ein Gespräch aber nur in der ehrlichen Absicht geführt werden, die Expertise der Naturschutzverbände wirklich zu berücksichtigen. Sonst werden vor- handene Gräben tiefer und nicht überwunden.
Fünftens: Zudem problematisch ist, dass die Planungen und Genehmigungen und Gut- achten teilweise zehn Jahre alt sind. Zehn Jahre sind bei einer lebendigen Natur eine halbe Ewigkeit. Mähen Sie mal Ihren Rasen zehn Jahre nicht, sie werden eine Artenviel- falt bekommen. Man kann aber den Tieren nicht vorwerfen, dass sie ihren Lebensraum nutzen.
Wenn eine Landesregierung es nicht hinbekommt, nach zehn Jahren Baureife zu schaf- fen, dann muss sie zwangsläufig damit rechnen, dass sich die Voraussetzungen der Pla- nungen geändert haben. Alles eher trivial als überraschend.
Die Zwergschwäne sind da, weil sie da sein sollen. Das Gebiet, auf dem sie leben, ist als Kompensation für das Mühlenberger Loch ausgewiesen worden. Nun haben sich die Tiere ein Futtergebiet auf der A20 gesucht. Sie sehen also erneut, das Problem ist keines, das durch den Naturschutz verursacht wurde.
Und das bringt mich abschließend zu folgendem Resümee:
- Nicht die Zwergschwäne sind schuld.
- Naturschutz verhindert keine Infrastrukturprojekte, kann aber die Planungen verändern.
- Kluge Politik sucht den Kompromiss, nicht den Krawall.
- Wir Grüne werden alles dafür tun, dass verabredete Infrastrukturprojekte so zügig wie möglich realisiert werden, indem wir uns um gute, naturnahe Planungen kümmern. Und ich bin mir sicher, Minister Habeck hilft dem Wirtschaftsminister gern.
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