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29.06.17
15:42 Uhr
B 90/Grüne

Andreas Tietze zum Überholverbot für LKWs auf der A7

Presseinformation
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 8 – Überholverbot für LKWs auf der A7 Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher Pressesprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Jacob Landeshaus Andreas Tietze: Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 186.17 / 29.06.2017

Mehr Fragen als Antworten
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Antrag des SSW zum Überholverbot für LKW auf der A 7 hatte zunächst meine Sympathie – ich komme auf das „hatte“ noch zurück. LKW Überholverbote sind aus der Perspektive eines PKW-Fahrers oder einer PKW-Fahrerin, der oder die häufig auf der A7 von Husum nach Kiel unterwegs ist, sinnvoll. Wie oft habe ich mich schon über die Elefantenrennen zwischen Schuby und Jagel geärgert. Da überholt ein LKW mit 93 km/h einen Truckerkollegen mit 91 km/h und hält den gesamten Verkehr auf. Nach Paragraph 5 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist dies im Übrigen ver- boten – im Fachjargon heißt das, eine zu geringe Differenzgeschwindigkeit.
Als Faustregel gilt: Für den gesamten Überholvorgang ist eine Zeitspanne von maxi- mal 45 Sekunden vorgesehen. Damit dies mit dem LKW auf der Autobahn überhaupt möglich ist, muss der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den LKW mindestens 10 km/h betragen. Da aber auch die maximale Höchstgeschwindigkeit von 60 bezie- hungsweise 80 km/h auf Autobahnen nicht überschritten werden darf, muss das zu überholende Fahrzeug weniger als 50 beziehungsweise 70 km/h fahren.
Ein weiterer Aspekt neben dem gegenseitigen Überholen von LKW, insbesondere auf Autobahnen, ist die häufige Nichteinhaltung des Mindestabstandes von 50m von Lkw mit Anhängern – das ist beim Wiedereinscheren wichtig. Nicht selten sieht man den überholenden LKW aufblinken, damit der überholte LKW einscheren kann.
Die zentrale Frage bei der Forderung des SSW nach einem generellen Überholver- bot ist, wer soll das kontrollieren? Nach Schätzungen der Polizei werden höchstens vier Prozent aller Verstöße gegen Straßenverkehrsregelungen aufgespürt. Die Bun- desanstalt für Güterverkehr gibt an, unter fünf Prozent des Fernverkehrs zu kontrol- lieren und bei 40 Prozent der Kontrollen sicherheitsrelevante Regelverstöße zu fin- den. Seite 1 von 2 Wenn also ein generelles Überholverbot gefordert wird, muss die Frage des Vollzu- ges mit diskutiert werden – dazu finde ich nichts im Antrag. Und nicht nur diese Fra- ge ist vertiefend zu beantworten.
Wenn ein LKW auf die Überholspur geht, mag das für die von hinten kommenden PKW mal mehr, mal weniger lästig sein, doch per se gefährlich ist das nicht. Für viele LKW-FahrerInnen kann es eine erhebliche Belastung sein, wenn man den ganzen Tag hinter dem/der Vordermann/Vorderfrau wie hinter einer Wand herfährt.
Das ist auch gefährlich, weil man schneller ermüdet und auch nicht mehr von weitem sieht, wenn jemand auf dem Standstreifen steht oder jemand auf die Autobahn rauf oder wieder runter will - und da kann es dann zu gefährlichen Engpässen kommen.
Kann sich dagegen der LKW-Verkehr immer wieder entzerren, finden andere Ver- kehrsteilnehmerInnen leichter die nötigen Lücken. Auch das permanente Linksfahren von PKW könnte die Folge eines generellen LKW Überholverbotes sein.
Ich frage mich: Gibt es vielleicht noch andere Maßnahmen, die eine weitaus bessere Problemlösung darstellen? Da springt der SSW-Antrag zu kurz. Warum kann zum Beispiel die zeitweise Öffnung des Seitenstreifens für LKW auf der A 7 nicht auch ei- ne akzeptable Lösung sein. Auch die Forderung nach einem Verkehrsleitsystem im SPD-Antrag finde ich interessant.
Nicht, dass da ein Missverständnis aufkommt: Die politische Debatte, die der SSW angestoßen hat, ist wichtig. Eine differenzierte und vertiefte Betrachtungsweise scheint allerdings geboten.
Meine anfängliche Euphorie, dem Antrag sofort blind zuzustimmen, ist nach intensi- ver Beschäftigung mit dem Thema verflogen. Es gibt einfach viele Aspekte, die ver- tiefend zu betrachten sind. Auch die Erfahrungen aus Dänemark oder anderer Bun- desländer sollten mit in die Überlegungen einbezogen werden.
Die politische Quintessenz: Ein generelles Überholverbot oder streckenbezogenes, zeitweises Überholverbot sollten betrachtet werden sowie Unfallhäufigkeiten auf der A 7 durch überholende LKW sollte einbezogen werden. Für mich haben sich viele Fragen ergeben, eigentlich mehr Fragen als Antworten.
Daher bietet es sich an, zu diesem Thema eine Fachanhörung zu initiieren. Meine Fraktion geht da ergebnisoffen hinein. Politisches Leitmotiv ist und bleibt in jeder Ko- alition für uns, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Wir verfolgen die "Vision Zero – Null-Tote“ im Straßenverkehr.
Das Ziel ist für uns klar. Über die Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir gerne mit allen Fraktionen diskutieren. Insofern danke ich dem SSW. Ich hoffe mein „hatte“ vom Anfang meiner Rede hat sich damit aufgelöst. Ich danke für die Aufmerk- samkeit und freue mich auf die Debatte im Verkehrsausschuss.
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