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29.06.17
12:52 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 4: Feiertagsgefälle von Süd nach Nord endlich verringern!

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 29. Juni 2017


TOP 4: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage, Antrag zur Einbeziehung weiterer Gedenktage, Änderungsantrag zur Ersetzung des vorgeschlagenen Gedenktages (Drs-Nr. 19/11, 19/37, 19/38)



Martin Habersaat
Feiertagsgefälle von Süd nach Nord endlich verringern!

Fünfhundert Jahre nach Martin Luthers Thesenanschlag müssen die Protestanten zugeben, dass sie in einem Bereich den Kampf gegen die Altgläubigen verloren haben: nämlich in der Frage, wer am meisten feiern kann. Das Feiertagsgefälle von Süd nach Nord, das die Katholiken in den Genuss von Feiertagen wie Heilige Drei Könige, Fronleichnam, Allerheiligen und meistens noch von ein bis zwei Tagen zum Karneval kommen lässt, hat keine protestantischen Gegenstücke. Im Gegenteil, vor rund zwanzig Jahren wurde zur Finanzierung der Pflegeversicherung auch der Buß- und Bettag gestrichen. Da die konservative Seite uns gerne die Produktivität des katholisch-konservativ geprägten Südens vorhält, sollten wir dann auch konsequent die Feiertagslücke ein wenig verringern.
Die SPD hatte deshalb in ihrem Wahlprogramm einen zusätzlichen gesetzlichen Feiertag gefordert. In diesem Jahr wird der Reformationstag am 31. Oktober einmalig ein Feiertag sein. In der Öffentlichkeit wurde deshalb gefordert, diesen Feiertag zu verstetigen. Wir wollen uns dem nicht ganz verschließen und beantragen deshalb, auch diese Lösung in die Parlamentsberatungen in die öffentliche Diskussion einzubeziehen. 2



Aus unserer Sicht sprechen zwei Dinge dagegen:
Wenn wir uns die bisherigen Feiertage ansehen, dann sind die kirchlichen Feiertage schon jetzt deutlich in der Überzahl.
Wenn wir in Schleswig-Holstein einen neuen Feiertag einführen, sollte der auch einen Landesbezug haben. (Wobei ich es als Germanist schon interessant fände, wie das heutige Hochdeutsch aussähe, wenn Luther aus Dithmarschen gekommen wäre.)
Wir meinen aber auch, dass es eher darum gehen sollte, einen Gedenktag zu finden, der für die Entwicklung des Landes Schleswig-Holstein besonders prägend war. Der SSW hat sich in seinem Gesetzentwurf auf den 13. Dezember als Tag der Beschlussfassung über die Landessatzung von 1949 festgelegt. Über das Zustandekommen der damaligen Landessatzung und ihre Veränderungen lässt sich manches sagen; die politische Kultur in Schleswig-Holstein war damals noch weit weniger von der Suche nach einem gesellschaftlichen Konsens geprägt, als das heute der Fall ist. Auch lebenspraktische Erwägungen sprechen dagegen, einen Feiertag ausgerechnet in die Mitte der Adventszeit zu legen.
Für uns liegt deshalb der 13. Juni als Tag der Verabschiedung der Landesverfassung von 1990 näher, der - mit dieser Einschätzung steht die SPD sicher nicht allein - ein Meilenstein in der politischen Kultur unseres Landes war. In den Jahren vorher hatte die CDU sich jedenfalls, so darf man das wohl sagen, beispielsweise noch nicht so intensiv mit Oppositionsrechten befasst.
Unsere erste Präferenz aber eine andere: Wir wollen ein Ereignis aufgreifen, dessen wir im nächsten Jahr intensiv gedenken werden, nämlich dem Beginn der November-Revolution in Deutschland von 1918, als am 02. November die erste Versammlung revolutionärer Matrosen in Kiel stattfand.


Obwohl bereits Vorverhandlungen für einen Waffenstillstand liefen, sollte die deutsche Marine ein letztes, ehrenvolles aber aussichtloses, Gefecht gegen britische Verbände liefern. Dagegen wehrten die Matrosen und Arbeiter sich. Wir wollen die Ereignisse von damals nicht unkritisch glorifizieren. Aber es war das Datum, an dem aus der deutschen Armee heraus die Forderung artikuliert wurde, den verlorenen Ersten Weltkrieg nicht fortzusetzen und auf beiden Seiten keine weitere Menschenleben zu opfern, und es war der Tag, mit dem der Sturz des Kaiserreiches begann und die Grundlagen für den ersten demokratischen Staat in Deutschland errichtet wurden. Heute wissen wir, dass dieser große Erfolg nicht nachhaltig war und dass bis heute die Weimarer Republik als Muster für das Scheitern einer Demokratie gilt. Wir beantragen deshalb, 3



unseren Antrag zusammen mit dem Gesetzentwurf des SSW federführend in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, ihn aber auch in anderen Ausschüssen, z. B. im Bildungsausschuss, zu beraten. Dort sollten öffentliche Foren geschaffen werden, um diese Diskussion zu einem Anliegen der gesamten schleswig-holsteinischen Gesellschaft zu machen. Wir müssen als Parlament also noch viel arbeiten, bevor wir uns an einem neuen Feiertag ausruhen können.