Lars Harms: Wir werden CETA in der jetzigen Form nicht zustimmen
Presseinformation Kiel, den 24. März 2017Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 58 Transatlantisches Freihandelsabkommen CETA stoppen Drs. 18/4299 (neu), 18/5332 „Die Tatsache, dass man hier heimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeitverhandelt hat und erst nach öffentlichem Druck bereit war, Dokumente zu veröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen.“Die Verhandlungen über CETA zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Dies liegt nicht sosehr in Freihandelsabkommen an sich begründet, sondern in der besonderen Situation,dass wir derzeit die Zustände haben, die sich weder die Befürworter noch die Gegnervon CETA wünschen. Derzeit haben wir keine klaren Regelungen und keinegemeinsamen Rechtsgrundlagen in Bezug auf den Handel zwischen Kanada und derEU. Gibt es Streitigkeiten, können Investoren vor dem Schiedsgericht desInternationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in Washington 2klagen. Hier entscheiden nicht zwingend Richter und in diesem nicht-öffentlichenVerfahren gibt es auch keine Berufungsmöglichkeit. Und, ob dieses Gremium auf Basisvon kanadischem oder europäischem Recht entscheidet ist auch ungewiss.Dieser Mechanismus sollte ursprünglich auch bei CETA beibehalten werden. Erstnachdem Bürgerinitiativen sich massiv dagegen gewandt und für Öffentlichkeit derVerhandlungen gesorgt haben, hat es hier Bewegung gegeben. DasBundeswirtschaftsministerium hat im letzten Jahr mitgeteilt, dass für CETA ein eigenesSchiedsgericht eingerichtet werden soll, das paritätisch mit Richtern besetzt wird.Dieses Schiedsgericht soll öffentlich tagen und es würde dann auch dort eine Berufungmöglich sein. Das ist ein riesiger Erfolg der Kritiker.Ähnliches gilt für den Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments und der nationalenParlamente, die vorher nicht vorgesehen waren. Ursprünglich sollte das Abkommen einAbkommen der Regierungen sein, jetzt werden auch die Parlamente einbezogen. DerErfolg ist sogar umso größer, als auch unser Bundesverfassungsgericht am 12.01. diesesJahres vorgegeben hat, dass CETA nicht ohne zeitliche Begrenzung gelten darf undentsprechend kündbar sein muss. Ohne diese Bedingung zu erfüllen, darf dasAbkommen nicht unterschrieben werden. Man kann also sehen, die Arbeit derkritischen Menschen hat sich gelohnt.Trotzdem ist das Abkommen aber immer noch nicht reif für eine Zustimmung. DerLandtag hat in seinen Beschlüssen eine Vielzahl von Bedingungen genannt, die zueinem Teil auch erfüllt werden. Zum anderen Teil werden sie aber immer noch nichterfüllt. Zwar ist die Daseinsvorsorge aus dem Abkommen ausgenommen, wenn dieStaaten diese selbst erledigen. Das sieht eine Liste in Anlage 2 zum Abkommen so vor.Aber diese so genannte Negativliste, schließt nicht aus, dass doch noch einmal ein 3Bereich vom Abkommen umfasst wird, von dem wir heute noch gar nicht wissen, dassdieser einmal zur Daseinsvorsorge zählen wird. Deshalb ist es immer noch notwendig,dass in einer Positivliste genau aufgezählt wird, für welche Bereiche das Abkommengelten soll, wodurch dann alle anderen Bereiche automatisch ausgeschlossen wären.Auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe dürfen zwar sozial-ökologische Kriterienangewendet werden. Aber nur, wenn sie kein „unnötiges Handelshemmnis“ darstellen.Diese Einschränkung macht die Kriterien angreifbar, da dieser Begriff nicht definiert ist.Unklar bleibt auch, welche Sanktionen es geben soll, wenn Investoren die Rechte vonArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verletzen, sowie unsere Sozial- undUmweltstandards nicht einhalten. Kein Wunder, dass der DGB hier zu dem Schlusskommt, dass die Regelungen unzureichend sind, seine Bedenken auszuräumen.Ein dritter Punkt ist das so genannte Vorsorgeprinzip. In Europa müssen Lebensmitteloder Medikamente auf ihre Ungefährlichkeit hin getestet werden und erst bei einererwiesenen Ungefährlichkeit dürfen diese zugelassen werden. In Kanada ist es genauanders herum. Hat man nicht bewiesen, dass ein Produkt schädlich ist, gilt es ersteinmal als unschädlich. Wir sehen hierin ein Sicherheitsrisiko und wollen deshalb amVorsorgeprinzip festhalten.Dies sind nur drei kritische Punkte und es lassen sich sicherlich noch weitere Punktefinden. Das CETA-Abkommen ist gewiss durch den Druck der Bürgerinnen und Bürgerbesser geworden. Perfekt ist es aber noch nicht. Die Tatsache, dass man hier heimlichunter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt hat und erst nach öffentlichem Druckbereit war, Dokumente zu veröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen. Hierist viel Vertrauen verspielt worden. Und Vertrauen gewinnt man bloß mit Transparenzund mit Entgegenkommen gegenüber den Bürgern zurück. 4In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein fairesHandelsabkommen noch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter denderzeitigen Bedingungen deshalb nicht!Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html