Jette Waldinger-Thiering: Mehrsprachigkeit ist zuallererst ein Gewinn für eine Gesellschaft
Presseinformation Kiel, den 24.03.2017Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering Top 40 Herkunftssprachlichen Unterricht unter die Schulaufsicht des Landes stellen Drs. 18/5337 „Mehrsprachigkeit ist zuallererst ein Gewinn für eine Gesellschaft“Bei uns wird Mehrsprachigkeit in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt durchaus als relevanteKompetenz angesehen. Und doch halten sich gleichzeitig bis heute die Vorurteile gegenüberder Zweisprachigkeit von Migranten. Ohne Frage ist Sprache der Schlüssel zur Integration. Undentsprechend wichtig sind gute Rahmenbedingungen für das Erlernen von Sprache. Es istdaher nur konsequent, dass sich viele Stiftungen, Vereine oder Wohlfahrtsverbände mitdiesem wichtigen Thema befassen.Wir sehen Mehrsprachigkeit als einen klaren Gewinn für eine Gesellschaft. Der SSW setzt sichaus Überzeugung für Mehrsprachigkeit ein. Im Gegensatz zu vielen Ewiggestrigen ist für unsklar: Deutsch allein ist nicht das Seligmachende. 2Um den Ausgangspunkt für die heutige Debatte zu finden, sollten wir das Augenmerk auf dieEU-Richtlinie aus dem Sommer 1977 werfen. Wanderarbeiter, das ist der Terminus der dortverwendet wird. Diese Richtlinie, die mittlerweile 40 Jahre alt ist und im Ursprung sicherlichihre Berechtigung hatte, gilt auch heute noch. Fakt ist: Die alleinige Verantwortung für denmuttersprachlichen Unterricht haben die jeweiligen Konsulate. Und hier sprechen wir nicht nurvom Türkischunterricht, sondern auch von spanisch, kroatisch, tunesisch und portugiesisch.Für alle Kinder ist es von großer Wichtigkeit, ihre Herkunftssprache gut und sicher beherrschenzu können. Damit haben sie nachweislich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt alsdiejenigen, die sich sowohl auf Türkisch als auch auf Deutsch nur mühsam verständlichmachen können. Darum hat die Kultusministerkonferenz bereits 2011 ausdrücklich empfohlen,die erstsprachigen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu integrieren; im Falle derKinder türkischer Familien also ihre Türkisch-Kenntnisse.Doch keine Frage: Die Erfahrungen mit dem Türkisch-Unterricht sind durchaus widersprüchlich.Da das Bildungsministerium keine Fach -und Dienstaufsicht hat, ist der herkunftssprachlicheKonsulatsunterricht klar vom schulischen Unterricht zu trennen. Um Indoktrinierungenentschieden entgegen zu wirken, ist es für den SSW wichtig, dass wir auch weiterhin türkischin den Schulen haben und keine wie von Erdogan geforderten reinen türkischen Schulen.Ich denke, unser Änderungsantrag zeigt, wie wichtig uns dieses Thema ist. Für uns ist klar:Nicht zuletzt aus aktuellem Anlass brauchen wir in dieser Sache einen sehr genauen undaktuellen Überblick. Besonders wichtig sind hier die existierenden Formen muttersprachlichenUnterrichts, die Einbindung in die Arbeit der Schule und die Rolle der Schulaufsicht sowieandere Formen der Kontrolle. Diese Basis halte ich persönlich für sehr wichtig, damit wir zueinem dauerhaft tragfähigen Konzept kommen. 3Außerdem muss nun natürlich auf Bundesebene intensiv diskutiert werden, wie im Dialog mitden Stellen, die in den Partnerländern für den Unterricht von Kindern mit Wohnsitz inDeutschland zuständig sind, zeitgemäße Materialien und Unterrichtspläne entwickelt werdenkönnen. Insgesamt betrachtet werden wir in diesem Prozess naturgemäß erst in der nächstenWahlperiode zu einem Ergebnis kommen können. Für uns ist dabei aber schon heute klar, dassin diesem Rahmen endlich auch die Muttersprache der Migrantinnen und Migranten als einewertvolle individuelle Ressource anerkannt werden muss.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html