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24.03.17
13:29 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zur Kontrolle von Schriftwechseln in den Justizvollzugsanstalten

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 31 – Kontrolle von Schriftwechseln Pressesprecherin in den Justizvollzugsanstalten Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Burkhard Peters: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 133.17 / 24.03.2017


Kontrollieren heißt nicht immer durchlesen
Vielen Dank für den Bericht, der einiges klargestellt hat.
Die JVAs müssen ein- und ausgehende Post kontrollieren dürfen. Das ist auch völlig richtig so.
Wir wollen Sicherheit in unseren Justizvollzugsanstalten. Deshalb heißt es in § 49 Abs. 2 des Landesstrafvollzugsgesetzes kurz und eindeutig: „Ein- und ausgehende Schrei- ben werden auf verbotene Gegenstände kontrolliert“. Und das unter der Normüber- schrift „Sichtkontrolle“. Diese Formulierung entspricht dem Musterentwurf für ein Straf- vollzugsgesetz, den zehn Bundesländer im Jahr 2011 erarbeitet haben.
Gegen diese Regelung hat sich niemand im Rahmen der umfangreichen Anhörung zu unserem Landesstrafvollzugsgesetz ausgesprochen. Auch die Schleswig-Holsteinische Strafverteidigervereinigung nicht. Genau so wenig gab es dazu Änderungsanträge von irgendeiner Fraktion.
Ein- und ausgehende Post muss auf verbotene Gegenstände wie Geldscheine, SIM- Karten oder Drogen kontrolliert werden können. Dass das erforderlich ist, sagt einem der gesunde Menschenverstand. In der Vollzugspraxis zeigt sich dies jeden Tag aufs Neue. Es ist wohl wenig überraschend, dass Inhaftierte sehr viel Erfindungsreichtum an den Tag legen, um an Dinge zu kommen, die im Gefängnis nichts zu suchen haben.
Dieses Kontrollieren auf verbotene Gegenstände umfasst nicht das Durchlesen des Briefes. Das gilt ausdrücklich für die Post von VerteidigerInnen oder von Parlamentarie- rInnen. Natürlich darf die JVA dort nicht mitlesen. Sie darf aber auch diese Briefe unter bestimmten Voraussetzungen auf verbotene Gegenstände kontrollieren.
Muss man dafür die Briefe immer öffnen? Meines Erachtens nicht notwendigerweise. Seite 1 von 2 Den Brief öffnen und in den Umschlag schauen - selbst wenn der Brief nicht gelesen wird - ist schon ein sehr weitgehender Eingriff in das Recht der Gefangenen ungestört mit Volksvertretung und noch mehr mit Verteidigung kommunizieren zu dürfen.
Angesichts des Grundrechtsschutzes des Briefgeheimnisses aus Art. 10 GG darf - anders als es der Wortlaut des § 49 Abs. 2 suggeriert – im Rahmen einer Auslegung dieser Vorschrift im Lichte der Verfassung eine Öffnungskontrolle meines Erachtens nur dann stattfinden, wenn es Hinweise dafür gibt, dass der Brief tatsächlich verbotene Ge- genstände enthält oder wenn bei eingehender Post begründete Zweifel an der Absen- dereigenschaft bestehen.
Bevor es zu juristisch wird, was heißt das in der Praxis? Vor einer Öffnung der Sendung müssen mildere Maßnahmen vorgenommen werden. Das kann beispielsweise ein hän- disches Abfühlen des Briefes sein, um harte Gegenstände festzustellen, die üblicher Weise nicht in Briefumschlägen zu finden sind.
Nach meiner Kenntnis wird in der JVA Lübeck zur Eingangskontrolle von Paketen ein Röntgengerät benutzt. Die Nutzung dieses Gerätes wäre auch im Rahmen der Briefkon- trolle ein milderes Mittel. SIM-Karten oder Geldscheine würden dort auffallen- letztere am Silberfaden in den Banknoten.
Die Öffnung der Post zur Kontrolle auf verbotene Gegenstände in Gegenwart des Inhaf- tierten darf somit – vor allem bei Verteidigerpost und bei Post aus Parlamenten – kei- nesfalls eine Regelmaßnahme sein, sondern nur die ultima ratio darstellen.
Bei der Absenderkontrolle müssen konkrete Hinweise vorliegen, die z.B. darauf hindeu- ten, dass ein gefälschter Stempel ‚Verteidigerpost‘ oder ‚Landtag‘ benutzt wurde. Ein solcher Verdacht kann auch in der Person des Inhaftierten begründet sein.
Genau so wird das vor Ort in der Regel aber auch gehandhabt. Das stellt die Antwort auf die kleine Anfrage des Kollegen Kubicki klar (Drucksache 18/5252). Das stellt der Bericht des Staatssekretärs Schmidt-Elsäßer im Ausschuss klar. Das stellt hier und heute auch die Justizministerin nochmal deutlich klar.
Das bedeutet aber auch Arbeit für die Bediensteten. Wir müssen aufpassen, den Be- diensteten vor Ort keine unzumutbare Aufgabe aufzubürden zum Beispiel komplizierte Rechtsauslegung im Einzelfallbetreiben zu müssen.
Im Baden-Württembergischen Gesetz heißt es vielleicht etwas klarstellender für die RechtsanwenderInnen:
„Schreiben von Verteidigern oder aus Parlamenten dürfen auf verbotene Gegenstände untersucht werden, ohne sie zu öffnen.“
Im Rahmen der weiteren Bearbeitung des Themas rege ich an, den Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten eine ermessensleitende Klarstellung bei der Rechtsanwendung vor Ort an die Hand zu geben.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. ***


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