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24.03.17
11:18 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 20: Große Anfrage entkräftet Vorwürfe der Opposition

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 24. März 2017



TOP 20: Zusammenarbeit von Land und Kommunen (Drs-Nr. 18/4546, 18/5108)



Kai Dolgner
Große Anfrage entkräftet Vorwürfe der Opposition

Vielen Dank, dass Sie mir 10 Minuten gewährt haben, ich hätte in meiner letzten Landtagsrede , hoffentlich nur in dieser Wahlperiode – man weiß ja nie wie es kommt – gerne noch etwas mehr Zeit gehabt. Deshalb nehme ich jegliche Zwischenfragen – vor allem zu Themen, die im Urteil zum kommunalen Finanzausgleich tatsächlich stehen – mit Freuden entgegen. Ihren gestrigen Zwischenrufen habe ich ja entnommen, dass Sie da noch den einen oder anderen Erläuterungsbedarf haben, liebe Kollegen von der Opposition. Ich muss mich heute deshalb auf die fiskalische Seite konzentrieren. Natürlich gehört es zum üblichen Rollenverständnis, wenn man sich um die Finanzierung der eigenen Aufgaben in Konkurrenz zu anderen streitet, dass jede/r sagt, er habe zu wenig Geld. Ist ja so ähnlich, wenn man die Schatzmeister in den Ortsvereinen fragt, ob sie etwas für den Landtagswahlkampf beisteuern können. Wenn man einen Blick auf die Einnahmen und Ausgaben aller Kommunen wirft, dann sind sie mittlerweile in Deckung. Die kommunale Verschuldung steigt aber trotzdem. Das war unter der schwarzgelben Vorgängerregierung so, ja das ist auch unter unserer Regierung so. Aber Moment einmal. Die kommunale Verschuldung aller Kommunen? Nein, die Kreise z.B. konnten, trotz der angeblich so kreisfeindlichen Reform des kommunalen Finanzausgleichs, ihre Schulden allein 2015 um 7,5% reduzieren. Beim Landeshaushalt wären das umgerechnet übrigens 2 Mrd. Euro. 2



Nein, es steigt die Verschuldung von Teilen der kommunalen Familie und deren Hauptproblem hat drei Buchstaben SGB. Die Belastungen aus den Sozialgesetzbüchern schlagen sich halt nicht gleichmäßig in den Kommunalhaushalten nieder. Nun wäre es schön, wenn der Bund bei seinen Leistungsänderungen auch das Geld mitgeben würde. Wir müssten uns hier gar nicht um die KiTa-Kosten streiten, wenn der Bund bei der Schaffung der Rechtsansprüche, das notwendige Geld mitgegeben hätte und nicht die recht bescheidenen 25 Mio. Wenn Herr Schäuble nun 15 Mrd. Bewegungsspielraum für Steuersenkungen sieht, dann hätte ich einen Alternativvorschlag. Schon mit 8 Mrd. ließen sich die Mehrkosten bei den KiTas deutschlandweit finanzieren. Die Frage war am Anfang der Legislaturperiode, wie wir den stetigen Anstieg der kommunalen Verschuldung in den Griff bekommen wollen. Da wir wussten, dass die Situation innerhalb der Kommunen aber extrem unterschiedlich ist, wollten keine allgemeine finanzielle Entlastung der Kommunen z.B. durch eine allgemeine Erhöhung der FAG-Mittel, sondern gemäß dem SPD Wahlprogramm „Bis zum Ende der Legislaturperiode wollen wir erreichen, dass den Städten und Gemeinden 120 Mio. Euro jährlich gezielt zur Verfügung stehen.“ Außerdem sollte eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs nicht nur wie bisher die Unterschiede in den Realsteuereinnahmen sondern auch in den sozialen Belastungen ausgleichen. Wie stelle ich aber nun fest, ob wir mit dieser Strategie erfolgreich waren oder nicht, auch im Vergleich mit der Vorgängerregierung – schließlich gibt es auch eine konjunkturelle Komponente und die sozialgesetzlichen Rahmenbedingung ändern sich ja auch?
Dabei hilft nur ein Vergleich mit den anderen deutschen Flächenländern: Von 2010 bis 2012 ist die durchschnittliche kommunale Verschuldung der Flächenländer um 45 Euro pro Einwohner gestiegen. Von 2012 bis 2015 dann um 39 Euro pro Einwohner.
Und in Schleswig-Holstein? In der schwarz-gelben Koalition von 2010 bis 2012 ist die Verschuldung der schleswig-holsteinischen Kommunen um 79 Euro/Ew. Gestiegen. Fast doppelt so schnell wie im Bundesvergleich. In der Küstenkoalition von 2012 bis 2015 ist die Verschuldung der schleswig-holsteinischen Kommunen nur noch um 22 Euro/Ew. gestiegen. Und hören Sie auf mit den fetten Jahren als Erklärung, die haben die anderen Bundesländer auch. Ja, sie hatten schlechtere Jahre als wir, die hatten andere Bundesländer aber auch. Unter Ihrer Regierung ist die Verschuldung der Kommunen fast doppelt so schnell gestiegen wie im Bundesvergleich! Unter unserer Regierung ist die Verschuldung nur halb so schnell gestiegen wie im Bundesvergleich! Es war also goldrichtig, dass wir die strukturellen Verbesserungen von 133 Mio. nicht einfach in das FAG gegeben haben, und dass wir innerhalb des FAGs die Soziallasten ausgleichen. Und dieser zentrale Punkt der Reform hat die verfassungsrichterliche Überprüfung überstanden, da können Sie sich auf den Kopf stellen und mit den Beinen Fliegen fangen, das ändert nichts: Ich zitiere das Landesverfassungsgericht: „Durchgreifende Bedenken 3



bestehen weder gegen die Einführung eines solchen Parameters für Soziallasten an sich noch gegen dessen Gewichtung. Insbesondere werden hierdurch die Kreise nicht im Verhältnis zu den kreisfreien Städten benachteiligt“ So wie wir bereits jetzt über 115 Mio. mehr in die KiTa- Betriebskosten investieren als schwarzgelb, werden wir gemäß dem „letter of intend“, über den sich der Oppositionsführer in Unkenntnis der Problematik ja gestern lustig gemacht hat, den Kommunen auch weiter helfen. Neben dieser deutlichen, wenn auch in der öffentlichen Diskussion nicht immer wahrgenommenen, Steigerung bei den Kita-Betriebskosten gab es auch weitere deutliche zusätzliche Mittel für Schulsozialarbeit, Förderung der kommunalen Infrastruktur und aus der Erhöhung der Grunderwerbssteuer. Wer die politische Forderung nach einer Absenkung der Grunderwerbssteuer erhebt, entzieht den Kommunen 23 Mio. Euro p.a. Während Schleswig-Holstein seine einzige größere eigene Steuereinnahmemöglichkeit mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer mit einem deutschlandweiten Spitzensatz von 6,5% voll ausgeschöpft hat, ist ein Ergebnis der großen Anfrage, dass große Teile der Kommunen offenbar keinen Bedarf haben, ihre eigenen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Würden die Kommunen nur den Bundesdurchschnitt nehmen, betrügen die Mehreinnahmen 170 Mio. Euro p.a. Und nein, das ist jetzt keine Aufforderung von mir, diese Einnahmen tatsächlich zu erzielen, aber wenn es um das Thema kommunale Bedürftigkeit geht, sollte es schon gestattet sein darauf hinzuweisen, dass es neben den verschuldeten Kommunen auch vielen Kommunen gibt, denen es so gut geht, dass es diesen möglich ist, Bürgerinnen und Bürger und ihre Gewerbetreibenden um 170 Mio. Euro im Jahr weniger zu belasten, als vergleichbare Kommunen in anderen Bundesländern. Leider kann ich andere Themen nur noch kurz anreißen. Auf den Seiten 17 bis 19 finden sich die umfangreichen Erweiterungen bei den kommunalen Bürgerbeteiligungen. Auch hier verweist das Ergebnis der großen Anfrage den Vorwurf, die Küstenkoalition wolle Bürgerbeteiligung abbauen in das Reich der Legende.
Auf den Seiten 20 bis 38 finden sich die umfangreichen Maßnahmen zur Flüchtlingspolitik. Auch hier zeigt die große Anfrage, dass der Vorwurf, das Land hätte die Kommunen bei der Bewältigung alleine gelassen, überhaupt nicht haltbar ist.
In der großen Anfrage finden sich viele Details, die nicht nur eine gute Bestandsaufnahme sind, sondern auch eine sehr gute Basis für die notwendigen Diskussionen in der kommenden Legislaturperiode.