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23.03.17
17:35 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Eine Skandalisierung der Praktika innerhalb der Landesregierung hat überhaupt keine Grundlage

Presseinformation
Kiel, den 23.3. 2017 Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer


TOP 37 Gute Arbeit für Praktikanten Drs. 18/5334

„Eine Skandalisierung der Praktika innerhalb der Landesregierung hat
überhaupt keine Grundlage“


Ein gutes Praktikum funktioniert im Idealfall wie eine Brücke: ein Brücke aus der Arbeitslosigkeit
hinein in einen Job, oder vom Studium auf den Arbeitsmarkt oder von der Schule in den
Ausbildungsbetrieb. Ich kenne mehrere Handwerksbetriebe, die das Praktikum zur
Voraussetzung für den Abschluss eines Ausbildungsvertrages machen. Sie wollen sich ein Bild
davon machen, wie der zukünftige Kollege sich im betrieblichen Alltag bewährt und wie
belastbar er oder sie tatsächlich ist. So etwas kann man aufgrund eines kurzen
Bewerbungsgespräches nicht beurteilen. Die Abbrecherquote ist in diesen Betrieben niedriger,
denn ein Praktikum gibt auch dem jungen Menschen einen guten Einblick in das Berufsfeld und
die Aufgaben. Nach dem Schulgesetze gehört das Praktikum ausdrücklich zum Auftrag der
Schule, die jungen Menschen zur Teilnahme am Arbeitsleben und zur Aufnahme einer hierfür 2
erforderlichen Berufsausbildung befähigen soll. Diese Berufsorientierung kann man nicht in der
Schule aus Büchern lernen, sondern eben nur in den Betrieben selbst. Ergänzend wird das so
genannte Praktikum Plus entwickelt, um die Jugendlichen beim Übergang von Schule in den
Arbeitsmarkt besser zu unterstützen. Die Jugendlichen ergänzen ihre praktischen Erfahrungen
in einem Betrieb durch den Besuch einer beruflichen Schule; also ein vielversprechendes und
vertiefendes Praktikum.
Es gibt auch negative Erfahrungen. Ein schlechtes Praktikum ist eine Sackgasse. Es dient nur den
Interessen des Betriebes, dem mit einem Praktikanten eine billige Arbeitskraft zur Verfügung
steht. Die Arbeitsagenturen kennen eine Reihe schwarzer Schafe, die unter falschen
Voraussetzungen Standards unterlaufen. Das funktioniert nach der Regel: wo es etwas zu holen
gibt, betätigen sich auch Betrüger. Auf diese Weise ist das Praktikum zu einem sehr schlechten
Ruf gekommen. Bekanntgeworden sind monatelange, unbezahlte Praktika in der Marketing- und
Medienbranche, die sich aus dem Bewerberüberschuss freigiebig bedienten.
Eine funktionierende Kontrolle allerdings kann diesen Markt sehr schnell austrocknen. Die
Arbeitsagenturen beobachten beispielsweis ganz genau, wohin sie Arbeitssuchende ins
Praktikum vermitteln und was nach der Vermittlung passiert. Sollte sich zeigen, dass die Praktika
ausgenutzt werden, wird die Vermittlung im Handumdrehen eingestellt.
Diese Standards sollten natürlich auch für die Landesregierung und ihre Behörden gelten. Ihnen
kommt eine besondere Vorbildfunktion als Arbeitgeber zu. Die Mindeststandards bezüglich
Bezahlung, Praktikumsinhalte und Praktikumsdauer sehe ich aber als gegeben an. Eine
Skandalisierung der Praktika innerhalb der Landesregierung hat überhaupt keine Grundlage. Die
Zahlen über Praktikanten zeigen, dass sich die Landesregierung dieser Verantwortung stellt.
Wir konnten über diese Faktenlage allerdings noch nicht abschließend im Wirtschaftsausschuss
beraten. Das ist zwar bedauerlich, aber angesichts des nahenden Endes der Legislaturperiode
nicht überraschend. 3
Der SSW lehnt allerdings die Aufhebung der Ausschussüberweisung ab. Die antragstellende
Fraktion der Piraten meint wohl, die Fraktionen im Landtag zu einer Art Schwur in Sachen
Praktikum zwingen zu können, um damit wo möglich bei den Podiumsdiskussionen im
Wahlkampf punkten zu können. Ich denke, dass sich das Thema dafür überhaupt nicht eignet.
Eine sachliche Auseinandersetzung zu Praktikumsstandards des Landes steht noch aus.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html