Wolfgang Baasch zu TOP 3: Der Tod ist keine Privatangelegenheit
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 25. Januar 2017TOP 3: Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Drs-Nr. 18/3934, 18/5039)Wolfgang BaaschDer Tod ist keine PrivatangelegenheitDas Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes – eingebracht von der Fraktion der Piraten im Schleswig-Holsteinischen Landtag – haben wir in einer umfassenden schriftlichen Anhörung sowie in einer intensiven, mündlichen Anhörung und vielen Diskussionen im Innen- und Rechtsausschuss und im Sozialausschuss beraten. Im Ergebnis bleibt für mich festzustellen: In Schleswig-Holstein sind Bestattungen modern und zeitgemäß geregelt. Die Änderungen zum Bestattungsgesetz, wie sie die Piratenfraktion vorgeschlagen hat, sind nicht notwendig. In Schleswig-Holstein kann die Bestattung nach dem Wunsch der Verstorbenen bzw. der Hinterbliebenen wahlweise in einem Sarg oder in einem Leichentuch erfolgen. Bei einer Urnenbeisetzung kann in Schleswig-Holstein diese auch auf See erfolgen sowie in Urnenhallen, Urnenmauern oder etwa an einem Baum in einem Urnenhain oder Friedwald. Damit ist es bereits heute möglich auf viele unterschiedliche persönliche Wünsche einzugehen. An dieser Stelle will die Fraktion der Piraten weitergehende Regelungen, was die Aufbewahrung der Urne bzw. das Ausstreuen der Asche anbelangt. Aber genau hier bleiben viele Fragen offen bzw. sind viele notwendige Regelungen ungeklärt. So bedeutet die private Verwahrung von Urnen bzw. das Verstreuen von Asche auf privatem Gelände fast immer auch den möglichen Ausschluss von Trauernden von der Trauerfeier oder der Beisetzung. Aber auch diese haben ein Recht zu 2trauern und sollten einen Ort dafür finden können. Aber auch ein Umzug oder ein Verkauf von Privatgrundstücken mit zuvor verstreuter Asche lässt Zweifel an der Praktikabilität und der Sinnhaftigkeit einer derartigen Gesetzeslage. So die kritische Frage einer Trauerbegleiterin in der Anhörung. In der Stellungnahme der evangelischen Kirche wird dies noch deutlich hervorgehoben.„Uns als Kirche ist es wichtig, dass alle Trauernden die Möglichkeit der Bewältigung ihrer Trauer erhalten. Staatliche Aufgabe ist es, die Totenruhe und die Würde der Verstorbenen zu gewährleisten. Friedhöfe oder Friedwälder sind sichtbare umgrenzte Orte an denen der pietätvolle Umgang mit den Verstorbenen sichergestellt und dem Gedenken ein würdiger Rahmen gegeben wird. Eine private Aufbewahrung der Asche stellt dieses nicht sicher“, so die Beauftragte für das Land Schleswig-Holstein der evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland. Eine Zusammenfassung, die im Wesentlichen auch von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände, vom Städteverband, Landkreistag und Gemeindetag Schleswig-Holstein mit folgender Feststellung untermauert wird: „Es wird mit der Ausbringung der Asche nicht nur eine neue Bestattungsart etabliert, sondern in deren Ausgestaltung wird diese Bestattung auch weitgehend einer staatlichen/öffentlichen Kontrolle entzogen. Eine erforderliche Sicherung der neuen Bestattungsart gegen Missbrauch erfordert zahlreiche Kontrollen zu denen die Kommunen derzeit weder personell noch finanziell außer Stande sind.“ Meine Fraktion hat nach intensiver Diskussion entschieden, die Abstimmung in dieser Frage nicht einer abschließenden Meinungsbildung der Fraktion zu unterwerfen. Religiöse Neutralität und die Achtung von christlichen und anderen religiösen Überzeugungen stehen für uns dabei nicht im Widerspruch. Atheisten, Agnostiker und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlicher religiöser Motivation spiegeln die breite Vielfalt in unserer Fraktion wieder, die keine Notwendigkeit sieht, dem Verfahren der Piraten-Fraktion zur Änderung des Bestattungsgesetzes zu folgen. Natürlich müssen sich Bestattungsformen und Trauerkultur auch immer an ihre Zeit anpassen. Für uns sind aber eine Individualisierung und eine Privatisierung von Bestattungsflächen und Bestattungsformen ausgeschlossen. Denn der Tod ist keine Privatangelegenheit oder um es mit einem Zitat von Berthold Brecht abzuschließen: „Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn Niemand mehr an ihn denkt.“ So Berthold Brecht und so die Begründung, warum wir Orte des Erinnerns und der Zwiesprache auch mit unseren Verstorbenen brauchen.Ich lehne den Gesetzesvorstoß der Fraktion der Piraten zur Änderung des Bestattungsgesetzes ab.