Thomas Rother zu TOP 8 + 44: HSH Nordbank: CDU und FDP versuchen sich aus Verantwortung zu stehlen
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 25. Januar 2017TOP 8 + 44: Gesetzentwurf zur Errichtung der „hsh portfoliomanagement AöR“ und Bericht zur Entwicklung des Schiffskreditportfolios (Drs-Nr. 18/5006, 18/4616 neu, 2. Fassung 18/5003)Thomas Rother:HSH Nordbank: CDU und FDP versuchen sich aus Verantwortung zu stehlenDas Thema „HSH Nordbank“ bewegt zu Recht die Öffentlichkeit. Denn wenn man sich auch in diesem Hause um geringe Beträge gerne und lange streitet, geht es bei den Folgen aus den Fehlern in und um die HSH um Summen, die locker das Volumen eines Jahreshaushalts nicht nur erreichen, sondern sogar übersteigen können. Und es ist so, dass bis auf die Piraten alle hier heute vertretenen Parteien – mal kürzer, mal länger – seit der Gründung der Bank mit der Regierungsverantwortung in Schleswig-Holstein betraut waren und sind. Von allen diesen Regierungsmitgliedern und Parlamentariern sind seither Entscheidungen getroffen worden, die gut und sinnvoll erschienen, es aber nicht immer waren. Daher kann sich auch niemand aus der Verantwortung stehlen, sondern alle sollten zu ihrer Verantwortung stehen und an der bestmöglichen Lösung für diese Situation arbeiten. Und da ich niemandem hier im Hause den bösen Willen unterstelle, auf dem Umweg über die HSH Nordbank diesem Land bewusst Schaden zufügen zu wollen, haben alle Beteiligten auf der Grundlage ihres derzeitigen Erkenntnisstandes versucht das Beste für das Land zu erreichen. 2Das betrifft natürlich auch die Reduzierung der Garantiesumme, die die Bank in Bezug auf die Gebührenzahlung entlastet und damit zur Gesundung des Unternehmens beitragen sollte. Tatsächliche Folge war, dass damit eine existenziell erforderliche Eigenkapitalquote zerstört wurde. So sind die Bank und die Länder in das aktuelle Dilemma geraten und diese Wette wurde verloren. Und auch zu dieser Entscheidung sollten die damals Verantwortlichen stehen.Ich kann mir nicht vorstellen, dass darüber dem für den Gesellschafter Schleswig-Holstein zuständigen Minister de Jager nicht zumindest berichtet wurde und dieser in einem gelb/schwarzen Kabinett nicht über einen so wichtigen Vorgang – immerhin ging es um drei Milliarden Euro – selbst berichtet und auch seinen Koalitionspartner nicht einbezogen hat. Und wenn Bedenken bestanden hätten, hätte vom Eigentümervertreter eingegriffen werden müssen! Selbst wenn dazu keine Informationspflicht bestand und es tatsächlich so war, dass durch die Bank nicht berichtet wurde – die von uns beantragte Akteneinsicht wird es aufklären – so würde das ein grottenschlechtes und letztlich sehr teures Verständnis von Aufsichtspflicht an den Tag bringen.Und wenn nur nicht der Koalitionspartner FDP informiert wurde – dann kann man diesem nur zu „Augen auf bei der Partnerwahl“ raten.Doch worüber reden wir eigentlich bzw. worüber sollten wir eigentlich reden?Im der Summe geht es um den möglichen Verlust des eingesetzten Eigenkapitals (insg. 4,9 Mrd. = 2,5, ursprünglich 8,4 Landesanteil 3,5), das durch die Länder ja teilweise kreditfinanziert ist (1,5 Mrd.). Es geht um die Ziehungswahrscheinlichkeit der von den Ländern gewährten Garantie, die bereits schon jetzt in Anspruch genommen wird und durch die Einnahmen aus der Garantiegebühr leider nur zum Teil finanziert ist - also wann wie viel Geld konkret fließen wird (10 Mrd. = 5 Mrd.). Und die Ankündigung der Bank die Garantie schon in diesem Jahr nicht nur voll auszuschöpfen, sondern schon früher als einstmals angekündigt Geldfluss haben zu wollen, wird zu Konsequenzen für den Landeshaushalt führen – vielleicht schon früher als 2019. Es geht um mögliche Verluste aus der Übernahme von Schiffskrediten in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro und die Möglichkeit, die Bank um Schiffskredite im Buchwert von weiteren 1,2 Milliarden Euro – wie auch immer die dann zur Übertragung bewertet werden würden – zu entlasten. Es geht um die restlichen Verpflichtungen aus der Gewährträgerhaftung (20% von 2,6 Mrd. = 0,52 Mrd.). Und es geht natürlich auch um die Folgewirkungen für die Beschäftigten, den Bankenstandort und die Stadt Kiel, die Anleger, die Geschäftspartner – die Unternehmen – insbesondere der maritimen Wirtschaft! Alles dies – in welcher Höhe letzten Endes auch immer – wird unseren Landeshaushalt belasten. Dafür hat die Landesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung Sorge getragen und für die Jahre ab 2019 dreimal 20 Mio. Euro zusätzliche 3Zinsausgaben – sprich die Finanzierung von 3 Milliarden Euro aufgenommen. Daher erstaunt mich auch immer wieder der Vorhalt aus der CDU, man hätte keine Vorsorge getroffen. Beträge in dieser Dimension sind kaum aus dem laufenden Haushalt zu erwirtschaften, sondern müssen weitgehend kreditfinanziert werden. Von daher zielt auch die Aussage des Ministerpräsidenten in dem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom 16.01.2017 zu 16 Mrd. Euro Gesamtrisiko durch die Bank in die richtige Richtung, wenn er dazu auf eine Abstimmung mit dem Bund hinweist, weil die Schuldenbremsenregelung davon natürlich noch berührt sein würde.Und ebenso erstaunt mich immer wieder die Behauptung, wir würden uns mit den heiklen Fragen zur HSH Nordbank über den Wahltermin hangeln wollen. Der Ministerpräsident hat in seinem Interview doch sehr offen auf ein mögliches Szenario mit Milliardenverlusten hingewiesen. Die Landesregierung informiert laufend und umfassend sowie soweit öffentlich wie möglich über alle Vorgänge.Wir beraten heute aber eigentlich zwei Vorlagen. Zum ersten geht es mit der Änderung des Staatsvertrages in der Drucksache 18/5006 um die Erledigung eines Landtagsauftrages. Der Rahmen für die Übernahme des Kreditportfolios der HSH Nordbank soll abgesenkt werden – wie wir es einmütig gefordert haben. Der Betrag sinkt von 6,2 Milliarden Euro auf 4,9 Milliarden Euro. Nun gibt es Forderungen aus der Opposition den Kreditrahmen weiter zu senken. Doch bereits im Ursprungsstaatsvertrag wurde darauf hingewiesen, dass Wechselkursrisiken, Sicherheiten, Vorsichtsmaßnahmen und die Tätigkeit der Anstalt des öffentlichen Rechts einen Finanzbedarf über die Kredit-Ankaufsumme hinaus ergeben. Hinzu kommt das Offenhalten der Möglichkeit weitere Kredite anzukaufen. Das betrifft ein Volumen von 1,2 Mrd. Euro, welches dann natürlich auch zu dann aktuellen Marktpreisen zu bewerten wäre. So errechnet sich der Betrag in der Gesetzesvorlage. Ziel des ganzen Verfahrens bleibt es, die Bank zu einem möglichst hohen Preis zu veräußern. Die Verkaufschancen der Bank erhöhen sich natürlich durch die Entlastung von diesen Krediten. Ein Verkaufsvolumen im Buchwert von 2 Mrd. Euro soll die Bank ja auch noch selbst am Markt umsetzen.Wir sind mit der Übertragung des Kreditportfolios bewusst ein Risiko eingegangen, um die Verkaufschancen der Bank zu erhöhen. Es kann daher durchaus erforderlich sein, ein weiteres Risiko einzugehen – also wie es oft so schön gesagt wird, dem schlechten Geld gutes Geld nachzuwerfen – aber nur um das schlechte Geld wieder besser zu machen. Daraus ergibt sich dann die Frage, wie „schlecht“ das Geld – also die 2,4 Milliarden – denn nun wirklich sind. Im Bericht zur Entwicklung des Schiffskreditportfolios der hsh portfoliomanagement AöR wird dazu aufgeklärt. Strittige Fragen wurden bereits im Finanzausschuss zum Quartalsbericht der AöR erörtert. Wesentliche Punkte, die durch die Medien gingen waren zum einen die Risikovorsorge 4in Höhe von 341 Mio. Euro und zum anderen die Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite – das finden sie auf der Seite 16 des Berichts. Zum ersten ist es angesichts der Entwicklung der Charterraten in der Containerschifffahrt folgerichtig, eine Risikovorsorge in die Bilanz einzustellen. Wer von uns eine Schiffsbeteiligung sein eigen nennt weiß, dass es für 2015 vielleicht eine Ausschüttung gegeben hat. Für 2016 wird es zu Beginn dieses Jahres wahrscheinlich keine Gutschrift daraus geben. Also haben sich die EU-Kommission und die Landesregierung nicht von bösen Beratungsunternehmen über den Tisch ziehen lassen, sondern es passiert das, was allen passiert, die sich auf so ein Geschäft eingelassen haben und auf der Seite 13 beschrieben ist. Aus den minus 4 bis minus 21 % der Frachtraten bei Containerschiffen – entsprechend bei den anderen Schiffsklassen – ergibt sich dann die Risikosumme – angesichts der Marktentwicklung alles keine Überraschung. Das, was zum Ausfallrisiko im Bericht steht, finden sie von der Struktur her entsprechend in betriebswirtschaftlichen Lehrbüchern. Um im Ausfallrisiko aufzutauchen, reicht schon ein nicht gezahlter Euro. Also bitte keine oppositionelle Panikmache – Sie wissen es doch besser!Restrukturierungsmaßnahmen sind Forderungsverlängerungen, Forderungsverzichte, Ausschüttungssperren oder Kapitalerhöhungen und letztlich auch das Hinwirken auf die Insolvenz zur Verwertung. Wenn die Opposition das alles schon abgeschrieben hat, dann müsste die AöR schnellstmöglich auf den letzten Punkt Insolvenz zur Verwertung hinwirken – und dazu bräuchten wir sie eigentlich nicht, die AöR natürlich.Das Verkaufsverfahren für die HSH Nordbank hat begonnen. Am Montag ist die Verkaufsanzeige erschienen. Tragen Sie gerne etwas dazu bei, dieses Verfahren zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.Ich bitte um Überweisung beider Vorlagen in den Finanzausschuss.