Auch Zuwanderungsbeauftragter Stefan Schmidt erstattet Strafanzeige gegen Björn Höcke
Nr. 16 / 25. Januar 2017Auch Zuwanderungsbeauftragter Stefan Schmidt erstattet Strafanzeige gegen Björn HöckeAm vergangenen Wochenende hat auch der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwan- derungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, Strafanzeige gegen den thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke wegen dessen Rede am 17. Januar 2017 im Ball- und Brauhaus Watzke in Dresden erstattet. In seiner Strafanzeige sieht der Beauftragte hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich des Straftatbestandes der Verunglimp- fung des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB) und hinsichtlich des Straftatbestandes der Volksverhetzung (§130 StGB).„Ich habe mir die Übertragung der Rede sehr genau angeschaut und länger überlegt, ob es für mich als Zuwanderungsbeauftragten Sinn macht, überhaupt Strafanzeige zu erstatten und falls ja, dies auch noch öffentlich zu machen“, sagte Schmidt heute (Mittwoch) in Kiel. „Das Ergebnis ist dann jedoch klar ausgefallen: Ja, beides macht Sinn. Es ist hier nötig, in meiner Funktion als Zu- wanderungsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, Flagge zu zeigen.“Die Rede von Björn Höcke am 17. Januar 2017 und die Reaktionen des Publikums darauf im Ball- haus erinnerten Schmidt fatal an eine andere Rede, die am 27. Februar 1925 in einer anderen Gaststätte, nämlich dem Bürgerbräukeller in München, gehalten wurde. „Damals wie heute bemüh- ten die Redner die Geschichte, um den jeweiligen demokratischen Rechtsstaat zu diskreditieren. Damals wie heute griffen sich die Redner, entweder ausdrücklich oder unmissverständlich zwi- schen den Zeilen, einzelne nationale, religiöse oder ethnische Gruppen heraus, um sie verächtlich vom ‚deutschen Volke‘ auszugrenzen und in diesem Zusammenhang eine Veränderung des Ge- schichtsbildes zu fordern“, so der Zuwanderungsbeauftragte.„Doch wen meinen die Redner damals wie heute überhaupt, wenn sie vom ‚deutschen Volk‘ spre- chen?“ fragte Schmidt und erklärte weiter: „Damals meinte der Redner definitiv nicht die deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens. Heute scheint der Redner diese auch nicht zu meinen. Und auch nicht die inzwischen zahlreichen deutschen Staatsbürger mit Migrationshintergrund, die wir 2bei uns aufgenommen haben, die sich hier integriert haben, Steuern zahlen und unserer Gemein- schaft auch vielfältige neue kulturelle Erfahrungen gebracht haben.“Er sei inzwischen davon überzeugt, dass der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Mehrheiten für einen Weg abseits des mühsam errungenen freiheitlich demokratischen Rechtsstaates auf der Grundlage des Grundgesetzes hin zu einem deutlich autoritären Regime suche, unterstrich Schmidt. „Gegen solche Bestrebungen müssen sich alle Demokraten stemmen.“ Angesichts der ohnehin schon breiten öffentlichen Diskussion um die Rede Höckes sei Schweigen definitiv nicht mehr das Mittel der Wahl.„Damals wie heute hat der deutsche Staat die Pflicht und Schuldigkeit, alle Mitbürger wirksam vor Verächtlichmachung und Ausgrenzung zu schützen“, sagte Schmidt. Er sehe jedoch auch die Bür- ger selbst in der Pflicht. Demagogische Reden wie die vom 27. Februar 1925 und die vom 17. Ja- nuar 2017 säten durch ihre Wiederholungen Zweifel und untergrüben nach und nach das Vertrau- en der Bürger in ihren Staat. „Steter Tropfen höhlt auch hier den Stein. Unsere freiheitlich demo- kratische Grundordnung jedoch ist – und das ist es, was wir aus der Geschichte lernen sollten – noch nicht einmal in Stein gemeißelt, sondern darauf angewiesen, dass die Bürger zwar kritisch, aber konstruktiv mit ihr umgehen und sie im Zweifel auch schützen.“ Letztlich profitiere auch Björn Höcke von der Meinungsfreiheit. „Doch wenn dabei bestimmte Grenzen überschritten werden, ist es Zeit zu handeln. Deshalb bin ich mit meiner Strafanzeige jetzt auch an die Öffentlich gegangen.“