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25.01.17
15:38 Uhr
SSW

Lars Harms: Wir investieren in die Zukunft der Schleswig-Holsteiner

Presseinformation Kiel, den 25. Januar 2017

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 10 Gesetz zur Änderung der Landesverfassung Drs. 18/5035

„Wer das Ausgabeverhalten des Staates bewerten möchte, muss eine
politische Bewertung der Maßnahmen vornehmen.“


Starre finanzpolitische Regeln führen nach meiner Erfahrung nur zum fleißigen Um-Etikettieren
verschiedener Haushaltsposten. Genau das wird passieren, wenn wir dem vorliegenden Antrag
folgen würden. Ich warne ausdrücklich davor, die Investitionsquote in den Verfassungsrang
festzuschreiben, weil es überhaupt keine belastbare Definition für staatliche Investitionen gibt.
Bei Unternehmen ist das etwas anders. Ihr langfristiger Einsatz von Investitionen in Sachkapital
wie Betriebsgebäude, Anlagen, Maschinen oder Werkzeuge dient ausschließlich der
Güterproduktion und ist dementsprechend unter anderem durch das Steuerrecht festgelegt und
definiert. Beim Staat ist das nicht so. Darum ist der Willkür bezüglich des Investitionsbegriffs Tür
und Tor geöffnet. Ist der Bau einer Schule eine Investition, aber die Weiterbildung von
Lehrkräften nicht; weil das eine die Verwendung in Sachgüter ist und die Weiterbildung nur eine 2
Dienstleistung? Das ist eine technische Unterscheidung, die keinen Erkenntnis- oder
Kontrollgewinn mit sich bringt. Darum ist diese Auslegung auch schon lange vom Tisch, weil sie
einfach keinen Sinn macht. Inzwischen hat sich sogar die Erkenntnis durchgesetzt, dass jede
zukunftsorientierte Geldausgabe des Staates als Investition begriffen werden kann.


Wir haben hier im Plenum schon das ein oder andere Mal in die Investition in Beton oder die
Investition in Köpfe gestritten. Der SSW hat sich immer dafür eingesetzt, die Infrastruktur nicht
kaputtzusparen, sondern mit Reparatur, Instandsetzung und Neubau auf einem soliden Niveau
zu halten. Die Investitionen in die Infrastruktur sind die Grundlage für den Standort Schleswig-
Holstein. Aber natürlich ist jeder Steuereuro, der in die Bildung fließt, ebenfalls gut angelegt. Die
Bundeskanzlerin sagt regelmäßig, dass sie die Bildungsausgaben des Staates als Investition in
die Köpfe verstanden haben will.
Das hat aber auch einen Haken, denn auf dieser Weise kann man fast alle Ausgaben des Staates
als zukunftsorientierte Investitionen verstehen. Aber wenn alle staatlichen Programme
irgendwie alle Investitionen sind, dann bleibt nicht mehr viel übrig, was im Haushalt nicht unter
das Etikett Investition fällt. Dann liegt der Investitionsanteil der öffentlichen Haushalte enorm
hoch. So ein allumfassendes Verständnis hilft also auch niemandem.


Also gehen wir wieder zum Anfang zurück. Der Staat muss wissen, wofür er die Steuermittel
einsetzt. Nur so kann er überhaupt steuern. Haushaltsklarheit ist also das oberste Gebot und
ermöglicht erst die demokratische Kontrolle und Steuerung. Zielgrößen können hilfreich sein,
wenn sie handhabbar und transparent sind. Ich bestreite, dass das auf den Begriff Investitionen
zutrifft. Ich möchte ein Beispiel anführen:
Das Land akzeptiert und unterstützt die Autonomie der Hochschulen. Darum überlässt die
Landesregierung den Universitäten und Fachhochschulen die Schwerpunktsetzung; also die
Entscheidung, wie die Mittel eingesetzt werden: ob nun in einem neuen Operationssaal oder
bessere Lehre oder eine neue Software. Dementsprechend muss man die Zuschüsse an die 3
Hochschulen genau genommen von der Investitionsquote des Landes abziehen, weil schließlich
das Land die Investitionen nicht tätigt, sondern die jeweilige Hochschule. Würde die Autonomie
der Hochschulen hier aber aufgegeben und das Land dann selbst als Bauherr auftreten, dann
wären dies anrechnungsfähige Investitionen nach dem derzeitigen Investitionsbegriff. Nur um
die Investitionsquote zu erhöhen, könnte man auf die Idee kommen, die Autonomie der
Hochschulen einzuschränken. Das will doch kein Menschen.


Und genau aus solchen klaren Definitionsschwierigkeiten und aufgrund der Tatsache, dass der
Investitionsbegriff in Staatshaushalten kaum eine richtige Aussagekraft hat, halten wir eine in
der Verfassung festgelegte Investitionsquote für wenig hilfreich. Denn der Staat ist kein
Unternehmen, das nach betriebswirtschaftlichen Kategorien zur Gewinnmaximierung betrieben
wird. Der Staat ist der Sachwalter der Bürgerinteressen und dafür das eine gute Sach- und
Dienstleistungsinfrastruktur vorzuhalten. Dazu zählen dann nicht nur Gebäude, Straßen oder
Schienen, sondern auch Bildungschance, Kita-Plätze und Kulturausgaben. Der Staat ist mehr, als
dass man ihn nur auf eine Investitionsquote reduzieren könnte. Wer das Ausgabeverhalten des
Staates bewerten möchte, muss eine politische Bewertung der Maßnahmen vornehmen. Und
diesen Ideenwettbewerb müssen wir uns spätestens alle 5 Jahre wieder stellen. Das ist mit Recht
in der Verfassung so angelegt. Eine starr festgeschriebene Investitionsquote brauchen wir dort
aber nicht!


Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html