Lars Harms: In der derzeitig vorliegenden Form werden wir CETA nicht zustimmen
Presseinformation Kiel, den 25.01.2017Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 15 & 21 Anträge zum freihandelsabkommen CETA Drs. 18/4936 & 18/5026 In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommen noch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter den derzeitigen Bedingungen deshalb nicht!Die Verhandlungen über CETA zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Dies liegt nicht so sehr inFreihandelsabkommen an sich begründet, sondern in der besonderen Situation, dass wir derzeitdie Zustände haben, die sich weder die Befürworter noch die Gegner von CETA wünschen. Derzeithaben wir keine klaren Regelungen und keine gemeinsamen Rechtsgrundlagen in Bezug auf denHandel zwischen Kanada und der EU. Gibt es Streitigkeiten, können Investoren vor demSchiedsgericht des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten inWashington klagen. Hier entscheiden nicht zwingend Richter und in diesem nicht-öffentlichenVerfahren gibt es auch keine Berufungsmöglichkeit. Und, ob dieses Gremium auf Basis vonkanadischem oder europäischem Recht entscheidet ist auch ungewiss. 2Dieser Mechanismus sollte ursprünglich auch bei CETA beibehalten werden. Erst nachdemBürgerinitiativen sich massiv dagegen gewandt und für Öffentlichkeit der Verhandlungengesorgt haben, hat es hier Bewegung gegeben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat imletzten Jahr mitgeteilt, dass für CETA ein eigenes Schiedsgericht eingerichtet werden soll, dasparitätisch mit Richtern besetzt wird. Dieses Schiedsgericht soll öffentlich tagen und es würdedann auch dort eine Berufung möglich sein. Das ist ein riesiger Erfolg der Kritiker.Ähnliches gilt für den Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments und der nationalenParlamente, die vorher nicht vorgesehen waren. Ursprünglich sollte das Abkommen einAbkommen der Regierungen sein, jetzt werden auch die Parlamente einbezogen. Der Erfolg istsogar umso größer, als auch unser Bundesverfassungsgericht am 12.01. dieses Jahres vorgegebenhat, dass CETA nicht ohne zeitliche Begrenzung gelten darf und entsprechend kündbar seinmuss. Ohne diese Bedingung zu erfüllen, darf das Abkommen nicht unterschrieben werden. Mankann also sehen, die Arbeit der kritischen Menschen hat sich gelohnt.Trotzdem ist das Abkommen aber immer noch nicht reif für eine Zustimmung. Der Landtag hatin seinen Beschlüssen eine Vielzahl von Bedingungen genannt, die zu einem Teil auch erfülltwerden. Zum anderen Teil werden sie aber immer noch nicht erfüllt. Zwar ist die Daseinsvorsorgeaus dem Abkommen ausgenommen, wenn die Staaten diese selbst erledigen. Das sieht eine Listein Anlage 2 zum Abkommen so vor. Aber diese so genannte Negativliste, schließt nicht aus, dassdoch noch einmal ein Bereich vom Abkommen umfasst wird, von dem wir heute noch gar nichtwissen, dass dieser einmal zur Daseinsvorsorge zählen wird. Deshalb ist es immer nochnotwendig, dass in einer Positivliste genau aufgezählt wird, für welche Bereiche das Abkommengelten soll, wodurch dann alle anderen Bereiche automatisch ausgeschlossen wären. 3Auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe dürfen zwar sozial-ökologische Kriterien angewendetwerden. Aber nur, wenn sie kein „unnötiges Handelshemmnis“ darstellen. Diese Einschränkungmacht die Kriterien angreifbar, da dieser Begriff nicht definiert ist. Unklar bleibt auch, welcheSanktionen es geben soll, wenn Investoren die Rechte von Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmern verletzen, sowie unsere Sozial- und Umweltstandards nicht einhalten. KeinWunder, dass der DGB hier zu dem Schluss kommt, dass die Regelungen unzureichend sind, seineBedenken auszuräumen.Ein dritter Punkt ist das so genannte Vorsorgeprinzip. In Europa müssen Lebensmittel oderMedikamente auf ihre Ungefährlichkeit hin getestet werden und erst bei einer erwiesenenUngefährlichkeit dürfen diese zugelassen werden. In Kanada ist es genau anders herum. Hatman nicht bewiesen, dass ein Produkt schädlich ist, gilt es erst einmal als unschädlich. Wir sehenhierin ein Sicherheitsrisiko und wollen deshalb am Vorsorgeprinzip festhalten.Dies sind nur drei kritische Punkte und es lassen sich sicherlich noch weitere Punkte finden. DasCETA-Abkommen ist gewiss durch den Druck der Bürgerinnen und Bürger besser geworden.Perfekt ist es aber noch nicht. Die Tatsache, dass man hier heimlich unter Ausschluss derÖffentlichkeit verhandelt hat und erst nach öffentlichem Druck bereit war, Dokumente zuveröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen. Hier ist viel Vertrauen verspielt worden.Und Vertrauen gewinnt man bloß mit Transparenz und mit Entgegenkommen gegenüber denBürgern zurück.In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommennoch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter den derzeitigen Bedingungendeshalb nicht! 4Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html