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25.01.17
12:31 Uhr
SSW

Lars Harms: In der derzeitig vorliegenden Form werden wir CETA nicht zustimmen

Presseinformation Kiel, den 25.01.2017

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 15 & 21 Anträge zum freihandelsabkommen CETA Drs. 18/4936 & 18/5026

In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommen noch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter den derzeitigen Bedingungen deshalb nicht!

Die Verhandlungen über CETA zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Dies liegt nicht so sehr in
Freihandelsabkommen an sich begründet, sondern in der besonderen Situation, dass wir derzeit
die Zustände haben, die sich weder die Befürworter noch die Gegner von CETA wünschen. Derzeit
haben wir keine klaren Regelungen und keine gemeinsamen Rechtsgrundlagen in Bezug auf den
Handel zwischen Kanada und der EU. Gibt es Streitigkeiten, können Investoren vor dem
Schiedsgericht des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in
Washington klagen. Hier entscheiden nicht zwingend Richter und in diesem nicht-öffentlichen
Verfahren gibt es auch keine Berufungsmöglichkeit. Und, ob dieses Gremium auf Basis von
kanadischem oder europäischem Recht entscheidet ist auch ungewiss. 2
Dieser Mechanismus sollte ursprünglich auch bei CETA beibehalten werden. Erst nachdem
Bürgerinitiativen sich massiv dagegen gewandt und für Öffentlichkeit der Verhandlungen
gesorgt haben, hat es hier Bewegung gegeben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat im
letzten Jahr mitgeteilt, dass für CETA ein eigenes Schiedsgericht eingerichtet werden soll, das
paritätisch mit Richtern besetzt wird. Dieses Schiedsgericht soll öffentlich tagen und es würde
dann auch dort eine Berufung möglich sein. Das ist ein riesiger Erfolg der Kritiker.



Ähnliches gilt für den Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments und der nationalen
Parlamente, die vorher nicht vorgesehen waren. Ursprünglich sollte das Abkommen ein
Abkommen der Regierungen sein, jetzt werden auch die Parlamente einbezogen. Der Erfolg ist
sogar umso größer, als auch unser Bundesverfassungsgericht am 12.01. dieses Jahres vorgegeben
hat, dass CETA nicht ohne zeitliche Begrenzung gelten darf und entsprechend kündbar sein
muss. Ohne diese Bedingung zu erfüllen, darf das Abkommen nicht unterschrieben werden. Man
kann also sehen, die Arbeit der kritischen Menschen hat sich gelohnt.



Trotzdem ist das Abkommen aber immer noch nicht reif für eine Zustimmung. Der Landtag hat
in seinen Beschlüssen eine Vielzahl von Bedingungen genannt, die zu einem Teil auch erfüllt
werden. Zum anderen Teil werden sie aber immer noch nicht erfüllt. Zwar ist die Daseinsvorsorge
aus dem Abkommen ausgenommen, wenn die Staaten diese selbst erledigen. Das sieht eine Liste
in Anlage 2 zum Abkommen so vor. Aber diese so genannte Negativliste, schließt nicht aus, dass
doch noch einmal ein Bereich vom Abkommen umfasst wird, von dem wir heute noch gar nicht
wissen, dass dieser einmal zur Daseinsvorsorge zählen wird. Deshalb ist es immer noch
notwendig, dass in einer Positivliste genau aufgezählt wird, für welche Bereiche das Abkommen
gelten soll, wodurch dann alle anderen Bereiche automatisch ausgeschlossen wären. 3
Auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe dürfen zwar sozial-ökologische Kriterien angewendet
werden. Aber nur, wenn sie kein „unnötiges Handelshemmnis“ darstellen. Diese Einschränkung
macht die Kriterien angreifbar, da dieser Begriff nicht definiert ist. Unklar bleibt auch, welche
Sanktionen es geben soll, wenn Investoren die Rechte von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern verletzen, sowie unsere Sozial- und Umweltstandards nicht einhalten. Kein
Wunder, dass der DGB hier zu dem Schluss kommt, dass die Regelungen unzureichend sind, seine
Bedenken auszuräumen.



Ein dritter Punkt ist das so genannte Vorsorgeprinzip. In Europa müssen Lebensmittel oder
Medikamente auf ihre Ungefährlichkeit hin getestet werden und erst bei einer erwiesenen
Ungefährlichkeit dürfen diese zugelassen werden. In Kanada ist es genau anders herum. Hat
man nicht bewiesen, dass ein Produkt schädlich ist, gilt es erst einmal als unschädlich. Wir sehen
hierin ein Sicherheitsrisiko und wollen deshalb am Vorsorgeprinzip festhalten.



Dies sind nur drei kritische Punkte und es lassen sich sicherlich noch weitere Punkte finden. Das
CETA-Abkommen ist gewiss durch den Druck der Bürgerinnen und Bürger besser geworden.
Perfekt ist es aber noch nicht. Die Tatsache, dass man hier heimlich unter Ausschluss der
Öffentlichkeit verhandelt hat und erst nach öffentlichem Druck bereit war, Dokumente zu
veröffentlichen, hat berechtigte Skepsis hervorgerufen. Hier ist viel Vertrauen verspielt worden.
Und Vertrauen gewinnt man bloß mit Transparenz und mit Entgegenkommen gegenüber den
Bürgern zurück.



In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommen
noch nicht. Zustimmen kann der SSW dem Abkommen unter den derzeitigen Bedingungen
deshalb nicht! 4
Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html