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25.01.17
11:23 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Abschiebestopp nach Afghanistan

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 16+18+20 – Abschiebungen nach Afghanistan Pressesprecherin Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Claudia Jacob Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Burkhard Peters: 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
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Abschiebestopp muss kommen Nr. 016.17 / 25.01.2017

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren.
Ich möchte mich vorneweg bei der antragstellenden Fraktion der Piraten bedanken: Einen schöneren Berichtsantrag hätten wir uns selbst nicht schreiben können. Ich freue mich, Teil der Küstenkoalition zu sein und bedanke mich bei unserem Innenminister Stefan Studt nicht nur für seinen Bericht, sondern auch für seine Flüchtlingspolitik.
Eine Politik, meine Damen und Herren, auf die wir stolz sein können, in diesem Land. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch bei unserem Ministerpräsidenten, der unserer Po- sition zu Afghanistan mit seinem deutlichen Statement den Rücken gestärkt hat. Wir ma- chen gute Flüchtlingspolitik für Schleswig-Holstein.
Und natürlich, liebe Piraten, ist Afghanistan kein sicheres Land. Das sagen wir schon lan- ge, da müssen Sie uns nicht katholisch reden. Die Sicherheitslage ist in den letzten Wo- chen und Monaten sogar noch schlechter geworden. Es gibt keine Möglichkeit zur Rück- kehr in Sicherheit und Würde. Das sagt der UNHCR-Bericht vom Dezember 2016 eindeu- tig.
Dabei wiederholt der UNHCR nur, was er und zahlreiche NGOs schon lange sagen und was auch das Auswärtige Amt klammheimlich denkt, aber nicht durchzusetzen vermag. Ein Blick in die Reisewarnungen zu Afghanistan auf der Homepage des Auswärtigen Am- tes sagt uns alles. Das Auswärtige Amt muss Druck auf das Innenministerium in Berlin ausüben, nicht länger nach Afghanistan abzuschieben!
Der Bund muss endlich seine Haltung zu Afghanistan revidieren! Die ist zynisch, dient nur dem populistischen Stammtisch und hat eine Logik, dass einem schwindlig wird.
Weil deutsche Soldat*innen vor Ort sind, können auch afghanische Staatsbürger*innen dorthin zurückkehren? Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Sie können nicht dorthin zurück, gerade WEIL deutsche Soldat*innen vor Ort sind. Die sind nämlich da, weil es ge- fährlich ist. Weil dort Krieg herrscht. Dem Bericht zufolge ist das „gesamte Staatsgebiet
Seite 1 von 3 Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen“, es gibt dort kei- ne „sicheren Gebiete“. Der UNHCR warnt ausdrücklich davor, dass sich die Sicherheitsla- ge außerdem stets ändern kann.
Stattdessen schwadroniert de Maizière von Zielgrößen und ergeht sich in Vorstellung von medientauglich inszenierten Abschiebungen im Sammelflieger. Er ist sich auch nicht zu schade, das Attentat auf dem Breitscheidplatz (im Schreiben vom 9. Januar an die Innen- minister der Länder) in direkten Zusammenhang mit Abschiebungen nach Afghanistan zu stellen.
Der Bundesinnenminister muss die tatsächliche Situation vor Ort endlich berücksichtigen und sein politisches Spiel endlich beenden. Der UNHCR drückt es diplomatisch aus: Der UNHCR ist über die niedrige Schutzquote überrascht. Ich möchte da noch einen Schritt weiter gehen. Sie ist eine Schande. Der Bund muss die Sicherheitslage in Afghanistan neu bewerten und Abschiebungen in das Land stoppen.
Und die Menschen aus Afghanistan brauchen nicht nur eine klare Bleibeperspektive, son- dern eine echte Integrationsalternative. Soweit uns das möglich ist, macht das diese Lan- desregierung bereits. Unsere Sprachkurse und unsere Integrationsangebote stehen Men- schen aus Afghanistan offen. Hier gilt es anzusetzen und das Angebot zu verstetigen.
Noch ein öffentliches Wort an den Flüchtlingsrat und den Flüchtlingsbeauftragten: Sie be- gleiten unsere Arbeit kritisch - und das ist auch gut so. Seien Sie versichert, wir Grüne ha- ben unsere Meinung zu Afghanistan nicht geändert. Wir delegieren unsere Verantwortung auch nicht auf den Bund.
Wenn wir den Bund auffordern zu handeln, dann weil er in der Pflicht ist, seine Haltung zu revidieren. Angela Merkel muss von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und De Maizière zur Einsicht bringen. Die Situation in Afghanistan ist so fürchterlich - die Men- schen brauchen unsere Hilfe. Sie haben ein Recht auf Schutz.
Wir brauchen eine Wiederaufnahme der Verfahren von denjenigen, die schon lange hier sind und keinen positiven Bescheid erhalten haben. Und wir brauchen einen Abschiebe- stopp.
Natürlich unterstützen ich und meine Fraktion sowie unser gesamter Landesverband die Haltung von Stefan Studt zu einem Abschiebestopp. Da kann Spiegel Online titeln wie es ihnen gefällt. Wir haben dazu eine klare Haltung. Der Abschiebestopp muss kommen. Auf jeden Fall der für 3 Monate. Noch besser: ein bundesweiter Abschiebestopp.
Aber auch wenn der nicht kommt: Wir Länder haben einen Spielraum und den werden wir auch nutzen. Bislang kann uns die Bundesregierung nicht sicher zusagen, wie die angeb- liche sichere inländische Fluchtalternative überhaupt erreicht werden soll.
Die, die sich auskennen, wissen, ohne Einbindung in einen Familienverband ist ein Über- leben - auch dort, wo keine Bomben fallen - überhaupt nicht möglich. Das bestätigen zahl- reiche Berichte der NGOs und diese Einschätzung machen wir uns zu eigen.
Liebe CDU, lesen Sie diese Berichte eigentlich nicht? Sind Ihnen die Einschätzungen der Kirchen an dieser Stelle egal? Selbst die Konrad-Adenauer-Stiftung äußert sich (in einer Presseerklärung vom 1. Juli 2016) mehr als deutlich und verweist auf die „mit nicht ge- kannter Heftigkeit“ entbrannten Konflikte.
2 Die Lage in Afghanistan ist nicht sicher. Solange schieben wir nicht nach Afghanistan ab. Punkt.
Auch die FDP hat ihre einst edle liberale Rolle in der Flüchtlingspolitik längst aufgegeben. Ihr Antrag allerdings hält sich die Waage. Licht und Schatten. Die von Ihnen geforderte zentrale Abschiebebehörde gibt es doch längst. Faktisch werden Abschiebungen in Schleswig-Holstein bereits vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten zentral koordi- niert. Und natürlich stimmen wir auch ihrem Punkt freiwillige Ausreise zu.
Wir haben darüber hinaus längst im Aufenthaltsgesetz eine Rechtsgrundlage für die Inhaf- tierung von Gefährder*innen über § 58a Aufenthaltsgesetz. Was möchten Sie denn noch?
Zwei letzte Punkte noch: Einer Wiedereröffnung von Rendsburg werden wir nicht zustim- men. Und wir werden der Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten nicht zustimmen. Auch hier suggerieren sie, dass damit die Verfahren beschleunigt wer- den. Das stimmt einfach nicht. Liegen Reisepapiere nicht vor, können Sie sich auf den Kopf stellen und wir können das Land zehnmal zum sicheren Herkunftsland erklären. Es wird nicht schneller gehen. Seien Sie so ehrlich und sagen Sie das den Menschen.
Und die Maghreb-Staaten sind kein sicheres Herkunftsland. Es pauschal für diese Länder festzustellen ist inhaltlich einfach falsch. Dazu gibt es zahlreiche Bewertungen von NGOs, auf die ich an dieser Stelle verweise. Wir hatten die Diskussion schon. Nehmen Sie diese Einschätzungen endlich ernst.
Vielen Dank.

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