KORREKTUR!!! Bitte diese Version verwenden! Dr. Ekkehard Klug: Demokratischer Neuanfang ist auch in Schleswig-Holstein nach 1945 gelungen - trotz einer überdurchschnittlich hohen Vorbelastung der Landespolitik aus der NS-Zeit
PresseinformationSperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Wolfgang Kubicki MdL Kubicki, Vorsitzender Christopher Vogt MdL Vogt, Stellvertretender Vorsitzender Dr. Heiner Garg MdL Garg, Parlamentarischer Geschäftsführer Nr. 464/2016 Kiel, Freitag, 16. Dezember 2016 Landtag/Historie www.fdp-fraktion-sh.de Dr. Ekkehard Klug: Demokratischer Neuanfang ist auch in Schleswig-Holstein nach 1945 gelungen – trotz einer überdurchschnittlich hohen Vorbelastung der Landespolitik aus der NS-Zeit In seiner Rede zu TOP 53 (Geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 in der schleswig- holsteinischen Legislative und Exekutive) erklärt der Abgeordnete der FDP- Landtagsfraktion, Dr. Ekkehard Klug: Ek Klug:„Es war eine gute Entscheidung vor drei Jahren, den Auftrag zu einer ge- schichtswissenschaftlichen Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 im Landesparlament und in der Landesregierung zu erteilen.Das Resultat ist eine Studie, die sich deutlich heraushebt aus der großen Zahl vergleichbarer Untersuchungen.Ihr Vorzug liegt in dem differenzierten Zugang zum Thema: Die betroffenen Personen werden gut begründet unterschiedlichen Kategorien zugeordnet. Es geht also nicht bloß um die simple Frage, wer bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen ist.So lässt sich – um nur ein Beispiel zu nennen – erkennen, ob jemand zu den aktiven Stützen des Regimes gezählt hat, oder ob er ‚nur‘ als 17- oder 18- jähriger junger Mann – nach Jahren ideologischer ‚Infizierung‘ durch das NS- Regime – gegen Ende des Zweiten Weltkrieges der Partei beigetreten ist.Die Ergebnisse der Untersuchung sind bemerkenswert. Es gibt jetzt auch Klarheit darüber, dass der Anteil der Akteure mit NS-Vergangenheit v.a. seit den frühen 50er Jahren in Schleswig-Holstein besonders hoch lag – im Ver- gleich mit anderen Bundesländern, für solche Studien bereits vorliegen. Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Weshalb ist das so? Über eine Erklärung wird meines Erachtens noch zu diskutieren sein. Lag es daran, dass Schleswig-Holstein vor und nach 1933 besonders stark ‚braun‘ gefärbt war? Hat vielleicht auch der große Anteil der Flüchtlinge in der Landesbevölkerung nach 1945 dazu beigetragen – weil man mit solcher Biografie größere Chancen hatte, die eigene Vergangenheit zu kaschieren?Weitere Studien werden vermutlich auch der Frage nachgehen, ob es in bri- tischen Aktenbeständen noch Informationen darüber gibt, wie die damalige Militärregierung einzelne Akteure der schleswig-holsteinischen Landespoli- tik eingeschätzt hat.Nach den guten Erfahrungen mit der vorliegenden Studie des Flensbur- ger/Schleswiger Historikerteams sollte der 19. Landtag meines Erachtens prüfen, ob er einen Folgeauftrag erteilt.Gab es eine Vorbelastung der deutschen Nachkriegsdemokratie durch per- sonelle Kontinuitäten zur NS-Zeit? Diese Frage muss man bejahen.Dazu ist dann jedoch gerechterweise auch ein großes ABER anzufügen: Der demokratische Neuanfang ist gleichwohl gelungen, in Deutschland und auch hier in Schleswig-Holstein.Daran hatten nicht nur ‚unbelastete‘ Politiker Anteil (von denen gab es lei- der auch nur relativ wenige!), sondern auch solche, die aus der deutschen Vergangenheit – und wohl auch aus eigenen, persönlichen Irrwegen – ge- lernt haben und die sich dann redlich um die Entwicklung der jungen Demo- kratie in unserem Land bemüht haben. Solche Persönlichkeiten hat es im Übrigen im gesamten politischen Spektrum gegeben.Die Aufarbeitung der Vergangenheit hat bekanntlich in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein, sehr spät begonnen. Spät, aber doch nicht zu spät.Bei diesem Punkt sollte man nach meiner Ansicht jedenfalls nicht immer nur das sprichwörtliche Haar in der Suppe suchen. Die Tatsache, dass wir in Deutschland jetzt seit geraumer Zeit und bis heute eine so intensive Ausei- nandersetzung mit der NS-Vergangenheit führen, diese Tatsache verdient an sich schon Beachtung.Blickt man über den nationalen Tellerrand hinaus, so wird auch deutlich, dass diese Tatsache sehr stark beachtet wird. Die Deutschen haben nicht zuletzt wegen dieser Bereitschaft und Fähigkeit, sich der eigenen Geschich- te zu stellen, den Respekt vieler Menschen aus anderen Staaten gewonnen – nicht zuletzt bei ehemaligen Kriegsgegnern und Opfern der NS- Eroberungs- und Vernichtungspolitik.Was den Umgang mit der eigenen Geschichte betrifft, so ist auch der Unter- schied zu anderen Ländern sehr bemerkenswert. Man denke etwa daran, wie man bis heute in Japan mit den Kriegsverbrechen umgeht, die vor dem 2. Weltkrieg und während des Krieges begangen worden sind.Ein anderes Beispiel ist das im heutigen Russland nach wie vor sehr prob- lematische Verhältnis zum Stalinismus. Abschließend möchte ich in diesem Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Zusammenhang den Schriftsteller Michail Schischkin zitieren, der einer der bedeutendsten Vertreter der russischen Gegenwartsliteratur ist.In einem in der ‚Neuen Zürcher Zeitung‘ veröffentlichten Beitrag zum 70. Jahrestag des Kriegsendes 1945 geht der Autor abschließend darauf ein, wie unterschiedlich sich die Russen und die Deutschen mit ihrer Geschichte auseinandersetzen bzw. auseinandergesetzt haben.Schischkin schreibt:‚Jeder Sieg Hitlers war eine Niederlage für die Deutschen, sein Fall umge- kehrt ein großer Sieg. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte hat sich gezeigt, wie ein total besiegtes Volk wiederauferstehen und weiterle- ben kann – ohne Fieberträume vom Krieg.‘In diesem Sinne möchte ich abschließen mit der Feststellung: Die kontinu- ierliche Auseinandersetzung mit der NS-Zeit vollendet schließlich auch die Befreiung vom nationalsozialistischen Gift.“Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de