Beate Raudies zu TOP 25: Das letzte Manöver des Piraten ....
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 15. Dezember 2016TOP 25, Whistleblower im öffentlichen Dienst schützen, Hinweisen auf Rechtsverstöße konsequent nachgehen (Drs. 18/4925)Beate Raudies:Das letzte Manöver des Piraten…Als ich den Antrag der Piratenfraktion las, war mein erster Gedanke: Da hat jemand die Wiedervorlage aufgeräumt. Anders lässt sich dieses Sammelsurium – Ihre Worte von gestern, Kollege Breyer – von Einzelpunkten zum Thema Whistleblowing kaum erklären. Da sollte wohl vor Weihnachten noch ganz viel auf den Tisch, und das wird der Wichtigkeit des Themas nicht gerecht.In Ihrem Antrag vermischen Sie einen Einzelfall, die Vorfälle in der Polizeischule in Eutin und grundsätzliche Fragen zum Thema Whistleblowing und Korruptionsbekämpfung.Und wie immer erwecken Sie den Eindruck, ohne Piraten gehe in diesem Land alles drunter und drüber und nichts voran. Hinzu kommt noch: Der Antrag ist auch noch handwerklich schlecht gemacht – doch dazu später mehr. 2Was für ein Bild haben Sie von der Exekutive in diesem Land, und welches Bild vermitteln Sie der Öffentlichkeit? Missbrauch, Intransparenz,... Natürlich ist auch in der Öffentlichen Verwaltung nicht alles Gold, was glänzt, auch dort arbeiten Menschen, die Fehler machen.Sprechen wir über den öffentlichen Dienst und seine Beamten, landen wir sehr schnell beim Thema Verschwiegenheitspflicht. Die Verschwiegenheitspflicht gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und hat Verfassungsrang. Der Bundesgesetzgeber hat die Fälle, in denen die Verschwiegenheitspflicht gebrochen werden darf, abschließend in § 37 Beamtenstatusgesetz geregelt. Dort heißt es in Abs. 2 Satz 2: „Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, … unberührt.“ Dem Landesgesetzgeber verbleibt diesbezüglich keine eigene Gesetzgebungskompetenz. Er kann daher für Landes- und Kommunalbeamte keine über die bereits durch den Bundesgesetzgeber in § 37 BeamtStG geschaffenen Ausnahmen hinausgehenden Regelungen treffen. Und welchen Inhalt sollte eine mögliche Bundesratsinitiative haben?Damit wäre der Punkt eigentlich erledigt…Sie fordern eine anonyme Internetplattform für Hinweise auf mutmaßliche Straftaten bzw. Dienstpflichtverletzungen. Zugegeben, eine anonyme Internetplattform gibt es in Schleswig-Holstein noch nicht. Aber schon heute können sich Hinweisgeber bei Verdacht auf korruptive Handlungen in der öffentlichen Verwaltung anonym an den Anti- Korruptionsbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein wenden. Den gibt es übrigens seit 2007. Er ist nicht Teil der Landesverwaltung, sondern agiert als durch die Landesregierung legitimierter, unabhängiger Kommunikationsmittler zwischen Hinweisgebern, Verwaltung und Strafverfolgungsbehörden. Auch ohne Internetplattform sind seit der Einrichtung der Stelle insgesamt 562 Hinweise eingegangen.Dass die Piraten auch noch eine Möglichkeit schaffen wollen, anonym jede mögliche Dienstpflichtverletzung anzuzeigen, halte ich für völlig übertrieben. Wer definiert denn, ob eine Dienstpflichtverletzung vorliegt? Der anonyme Hinweisgeber? Das öffnet der Denunziation Tor und Tür, und das haben unsere Beamten nicht verdient! 3Die Piraten fordern die Einrichtung einer unabhängigen Stelle für interne Ermittlungen. Diese soll die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Angehörige des öffentlichen Dienstes aus der Zuständigkeit des Innenministeriums übernehmen – ich dachte bisher, strafrechtliche Ermittlungen führe die Staatsanwaltschaft.Die Piraten fordern eine Änderung des Landesdisziplinargesetzes und wollen so sicherstellen, dass die Anzeige von Straftaten nicht mehr disziplinarisch verfolgt wird. Das von Ihnen als Begründung angeführte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes stellt zwar klar, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit hat, Einschränkungen des Legalitätsprinzips zugunsten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. Aber der vollständige Verzicht auf ein Diszi bei einem Dienstvergehen – und das ist der Bruch der Verschwiegenheitspflicht – scheint mir doch überzogen.Ich persönlich habe Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass ein Beamter oder eine Beamtin bei einem Bruch der Verschwiegenheitspflicht immer straflos ausgehen soll. Denn diesen Punkt, liebe Piraten, lassen Sie bei Ihren Anträgen m.E. völlig außer Acht: Nicht alles, was mir persönlich nicht gefällt, ist strafbares Handeln, das eine Anzeige rechtfertigt. Sollen Beamte künftig Ankläger und Richter in einer Person sein?Ein Beispiel: Ein Steuerbeamter ist zuständig für die Steuerakten eines bekennenden Rechtsextremisten. Aus eigener politischer Überzeugung gibt dieser Steuerbeamte Informationen über die persönlichen Vermögensverhältnisse dieses Steuerpflichtigen an die Presse, um dessen politische Arbeit zu diskreditieren. Unzweifelhaft ein Dienstvergehen, auch wenn ich Sympathie für die Motive hege. Und das soll ohne Konsequenzen bleiben?Zusammenfassend: Dieser Antrag kommt mir vor wie das letzte Manöver des Piraten Blackbeard, der sein Schiff „Queen Anne’s Revenge“ auf die Klippen vor Beaufort setzte, um sich und sein Scherflein ins Trockene zu bringen.