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15.12.16
16:49 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Windkraftplanung

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 1+9+27 – Debatte zur Windenergie Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die Vorsitzende der Landtagsfraktion Landeshaus von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Eka von Kalben: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 538.16 / 15.12.2016


Wir brauchen verlässliche Regelungen
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren.
Unsere Landesregierung hat auf das Urteil des Schleswiger Oberverwaltungsgerichts reagiert und in einem umfassenden Prozess neue Kriterien entwickelt. Ziel ist es, eine verlässliche Regelung zu finden und dabei die Öffentlichkeit an den Plänen zu beteili- gen.
Aufgabe ist, die Herausforderungen der Energiewende und den Schutz von Menschen, Landschaft und Umwelt in Übereinstimmung zu bringen. Nun gibt es die verschiedens- ten Vorwürfe gegen die Pläne der Landesregierung, die sie gemäß des OVG Urteils umgesetzt hat.
Rechtstaatlichkeit zu vermitteln ist manchmal nicht einfach. Ich kenne das auch aus meiner Zeit als Verwaltungsfrau. Wenn ein Kriterium dafür sorgt, dass an einer Stelle ein Windmüller nicht repowern darf, obwohl es in der Gemeinde keinen Widerstand gibt. Und an anderer Stelle kann eine Anlage errichtet werden, auch wenn eine Mehr- heit dies nicht will. Dann ist das schwer zu akzeptieren.
Gerade die Anwendung einheitlicher Kriterien garantiert, dass alle gleich behandelt werden und übergeordnete Ziele berücksichtigt werden. Ziele wie Naturschutz, Küsten- schutz, Klimaschutz und Denkmalschutz.
Diese Interessen haben keine eigene Stimme. Sie sind darauf angewiesen, von uns Politikerinnen und Politikern in die Überlegungen mit einbezogen zu werden. Auch im Interesse zukünftiger Generationen. Im Übrigen haben manche Kriterien auch ver- pflichtenden Charakter und können vom Land gar nicht ausgehebelt werden.
Seite 1 von 5 Im CDU-Antrag wird gefordert, „…die Planungen so auszugestalten, dass auf Flächen, die bereits für die Erzeugung der Windenergie genutzt werden, dieses auch weiterhin möglich bleibt.“
Das ist nachvollziehbar und auch in unserem Interesse. Und es wurde umfänglich von der Staatskanzlei geprüft. Nach eindeutiger Rechtsauffassung sind z.B. Schutzabstän- de für Anwohner nur einheitlich auszuweisen. Man kann nicht sagen, dass z.B. Kinder in vorbelasteten Gebieten geringeren Schutzanspruch hätten und die Mühlen z.B. nur 300 Meter am Haus stehen können.
Es spricht allerdings für Sie, Herr Günther, dass Sie solche Ideen haben. Gegen Sie spricht, dass Sie die Fakten völlig ignorieren und auch nach ausführlicher Ausschuss- beratung, bei der all dieses Thema war, weiter in die Sackgasse brettern!
Außerdem fordert die CDU in ihrem Antrag den Abstand zu Wohnhäusern zu vergrö- ßern. Ja, wer will das nicht. Vor allem aber sagen Sie doch mal, liebe CDU, was sie da- für weniger schützen wollen! Wollen Sie Windkraftanlagen in Wäldern?
Sie wissen ganz genau, dass selbst die komplette Streichung einzelner Kriterien wie der Küstenstreifen oder der Abstand zum historischen Danewerk Wall den Abstand zu Siedlungen statt um 400 Meter wahrscheinlich nicht mal um 10 Meter vergrößern wür- de.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der Piraten, bei der Bürgerbeteiligung tragen Sie hier Eulen nach Athen. Da müssen Sie uns nicht belehren. Die Staatskanzlei hat zu diesem Thema sogar einen riesigen Workshop veranstaltet – mit mehreren hun- dert Besuchern. Auch die CDU-Landtagsfraktion war vertreten.
Das Ergebnis war sehr eindeutig: Der vom MP eingeschlagene Weg der Berücksichti- gung der Gemeinden bringt mehr als der Gesetzentwurf der CDU. Und der wäre ent- weder rechtswidrig oder würde gar nichts bringen.
Und überhaupt, wer ist eigentlich in diesem Fall „der Bürger“?  Sprechen wir hier von den Windmüllerinnen und Windmüllern, die finanziell vom Ausbau der Windkraft profitieren?  Sprechen wir von Bürgerinnen und Bürgern, die sich von Windrädern in ihrer Umgebung negativ beeinträchtigt fühlen?  Sprechen wir von Atomkraftgegnerinnen und -gegnern?  Sprechen wir von Menschen, die Kirchen und andere Denkmale schützen wol- len, weil ihnen Kultur am Herzen liegt?  Oder sprechen wir von den Leidtragenden des Klimawandels? Beispielsweise von Menschen in Schleswig-Holstein, die aus anderen Teilen der Welt kommen, welche bereits existentiell von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Oder, die Ver- wandte dort haben.
Ich denke, der Punkt ist klar: den einen Bürger, die eine Bürgerin, die gibt es nicht! Im Gegenteil: die Interessen rund um das Thema Windenergie in der Bevölkerung könnten heterogener nicht sein. Wenn jedes „Not in my backyard“ berücksichtigt würde, wäre die Energiewende nicht machbar.
Ein weiterer Vorwurf der CDU lautet, die Windkraftanlagen würden ausgebaut, obwohl der nötige Netzausbau fehle.
2 Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, das stimmt. Der Netzausbau ist noch nicht vollständig erfolgt. Und warum? Weil dieser unter CDU-Regierungen schlichtweg verschlafen worden ist! Unsere Küstenkoalition dagegen hat sich endlich mit voller Kraft des Themas angenommen!
Mit gutem Erfolg. Am Montag (12.12.) ist der erste Abschnitt der Westküstenleitung er- öffnet worden. Gleichzeitig ist der Baubeginn des zweiten Abschnitts eingeleitet wor- den. Der dritte Abschnitt wird in wenigen Wochen planfestgestellt.
Wenn die neuen Windpläne da sind, wird der Netzausbau in Schleswig-Holstein fast abgeschlossen sein. Probleme machen da eher Unionspolitiker in anderen Teilen Deutschlands als die Grünen. Die Küstenkoalition macht ihre Hausaufgaben!
Und damit würde sich auch ihr nächster Punkt relativieren: die teuren Abschaltungen. Das ist tatsächlich ärgerlich. Vor allem wenn man bedenkt, dass gleichzeitig unglaub- lich hohe Kosten für den Steuerzahler durch die Energie aus Atom und fossilen Ener- gieträgern entstehen.
Und by the way: Die Bürgerinnen und Bürger haben über die letzten Jahre deutlich mehr für die netzbedingte Abschaltung fossiler Kraftwerke gezahlt, als für die Abschal- tung Erneuerbarer Energien. Dann skandalisieren Sie wenigstens beides, Herr Gün- ther, und nicht nur das Abschalten von Windkraftanlagen.
Aber auch hier hat die Landesregierung Vorschläge zur Entlastung der VerbraucherIn- nen vorgelegt und ist am Widerstand, auch der CDU-Bundestagsfraktion, gescheitert.
Vielen Dank Herr Günther, dass Sie auch ansonsten den Kurs der Landesregierung mit fast allen Punkten des Antrags so kraftvoll unterstützen:
Sie schlagen vor, „SH sollte auch ein Vorreiter bei der Qualität durch eine Systemin- tegration und eine Sektorenkopplung von Strom werden“. Und, „ein Konzept zu entwi- ckeln, wie der in Schleswig-Holstein potentiell zu erzeugende Überschussstrom für die Sektoren Strom, Wärme, chemischen Energieträgern in der Industrie und Mobilität nutzbar gemacht werden kann.“
Schleswig-Holstein hat sich beim Bund vehement für die Nutzbarkeit des Stroms einge- setzt. Wir haben mit einem Gutachten „zuschaltbare Lasten“ einen starken und sehr konkreten Vorschlag entwickelt und gemeinsam mit vielen Partnern in Berlin lautstark dafür geworben. Ergebnis ist eine Regelung im EEG „Nutzen statt Abschalten“, die zwar nur einen Teil unserer Vorschläge umsetzt, aber immerhin ein Anfang ist.
Über NEW 4.0, das gerade Anfang Dezember seine Projektbewilligung vom Bund be- kommen hat, wird Sektorkopplung in vielen verschiedenen Bereichen konkret umge- setzt. Fördervolumen: 40 Millionen Euro. Ein noch größerer Beitrag wird von der Wirt- schaft in SH und HH beigetragen. Weitere Projekte sind in der Planung und werden von uns unterstützt.
Sie möchten, dass wir eine Wasserstoffwirtschaft mit der Industrie in Schleswig- Holstein unterstützen. Ja, deshalb gibt es bereits: - Wasserstoffprojekt in NEW 4.0 - Fördermöglichkeiten für Wasserstoffprojekte aus EFRE - Eine Ausschreibung, die den Schienenverkehr für Wasserstoffantriebe öffnet - Stromlückenfüller von GP Joule vom Bund gefördert 3 - Wir fördern Machbarkeitsstudie in NF - Hansewerk-Pilot in HH-Netz eingebunden - Wasserstoff ins Erdgasnetz in NF - Projekt von Hansewerk
Sie fordern, die Regierung solle sich „auf Bundesebene für eine Befreiung von Abga- ben und Umlagen von Produkten aus Überschussstrom“ einsetzen.
Genau das haben wir mit den zuschaltbaren Lasten ganz intensiv gemacht. Wir haben das Thema in Berlin ganz groß gemacht und im Alleingang innerhalb von weniger als einem Jahr eine neue gesetzliche Regelung erkämpft. Natürlich hätten wir diese etwas weitergehend formuliert, wenn wir allein wären auf der Welt. Es ist aber schon ein be- achtlicher Erfolg und der Einstieg in das Modell, das jetzt ausgeweitet werden kann.
Sie fordern, „wirtschaftliche Anreize für Flexibilisierungs- und Speichertechnologien zu schaffen“.
Auch das tut unsere Regierung bereits, liebe CDU! Wir haben uns auf Bundesebene immer wieder für bessere Möglichkeiten eingesetzt und auch neue Fördermöglichkeiten im Land über EFRE geschaffen.
Und zu guter Letzt fordern Sie „die Errichtung einer landesweiten Ladeinfrastruktur für E-Mobilität…“.
Nun, Herr Günther, hierzu gibt es im Land zahlreiche Projekte, von denen wir viele un- terstützen. Unter anderem unterstützen wir finanziell derzeit 63 Kommunen beim Auf- bau von Ladeinfrastruktur.
Ingrid Nestle hat auf dem Forum Elektromobilität von IHK, WTSH und MELUR am 8.12. berichtet, dass inzwischen 81 Standorte über das ganze Land verteilt identifiziert wur- den, die grundsätzlich für den Aufbau von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur ge- eignet wären.
Die Feinplanungen laufen jetzt an, deren Ergebnis ist abzuwarten bevor die endgültige Zahl feststeht. Nächstes Jahr soll das Bundesprogramm anlaufen. Hier haben wir schon angekündigt uns finanziell zu beteiligen, um viele Ladesäulen nach SH zu holen.
Es wäre falsch gewesen, viel früher in den flächigen Ausbau der Ladeinfrastruktur zu gehen, da erst dieses Jahr der erste Teil der Ladesäulenverordnung auf Bundesebene verabschiedet wurde.
Der zweite Teil zu Bezahlsystemen steht sogar noch aus, das Bundesprogramm wird erst anlaufen, wenn auch dieser vorliegt.
Wir brauchen die Energiewende! Das steht für uns Grüne außer Frage. Wir wollen weg von Atomkraft und weg von fossilen Energien. Und das ist der Grund, weshalb wir uns so vehement für den Ausbau der Windenergie einsetzen. Dass das nur mit der Bevöl- kerung geht und nicht gegen sie – das ist uns bewusst.
Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten, die Bevölkerung in dieser Sache mitzunehmen:
Man kann die Bevölkerung mitnehmen, indem man sie aufklärt und beteiligt. Oder aber, indem man negative Emotionen schürt und diese nutzt, um Wahlkampf für 4 sich zu machen.
Hier geht es aber um unsere Zukunft – um die Zukunft aller Menschen in diesem Land – und nicht um Wahlergebnisse, liebe CDU! Wir brauchen verlässliche Regelungen für den Ausbau der Windenergie in unserem Land. Und wir werben um die Akzeptanz und die Beteiligung der Bevölkerung. Wir Grünen stehen für den Schutz zukünftigen Le- bens.
Es ist unlauter, den Menschen das Blaue vom Himmel zu versprechen, das wissen Sie ganz genau. Es war gute Tradition, die Energiewende fraktions- und parteiübergreifend nach vorne zu bringen.
Seien Sie wieder mit an Bord, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, statt dieses wichtige Thema für den Wahlkampf zu instrumentalisieren!



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