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15.12.16
16:28 Uhr
FDP

Oliver Kumbartzky zu TOP 1, 9 und 27 (Windenergie-Pläne der Landesregierung): Die Pläne der Landesregierung sind alles andere als alternativlos

Presseinformation
Sperrfrist Redebeginn! Es gilt das gesprochene Wort Wolfgang Kubicki MdL Kubicki, Vorsitzender Christopher Vogt MdL Vogt, Stellvertretender Vorsitzender Dr. Heiner Garg MdL Garg, Parlamentarischer Geschäftsführer
Nr. 460/2016 Kiel, Donnerstag, 15. Dezember 2016
Energie/Windkraft



www.fdp-fraktion-sh.de Oliver Kumbartzky: Die Pläne der Landesregierung sind alles andere als alternativlos In seiner Rede zu TOP 1, 9 und 27 (Windenergie-Pläne der Landesregierung) erklärt der energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky: Kumbartzky :
„Über 900.000 Euro am Tag bezahlen die Stromkunden für Strom aus Schleswig-Holstein, der gar nicht produziert wird. 64 Prozent der bundes- weiten Abregelungen entfällt auf Schleswig-Holstein – der Mutter aller Netzengpassgebiete. Im Jahr 2015 waren das 2.934 GWh. 90 Prozent davon betrifft Windstrom.
Und was macht die Landesregierung? – Sie schreibt planwirtschaftlich fest, dass aus aktuell knapp 3.100 Windkraftanlagen bis 2025 etwa 3.600 wer- den sollen.
Dabei wird schon heute Strom in einer Größenordnung abgeregelt, die die Landesregierung bis zum Jahr 2020 an Windenergie Onshore zubauen will. Die Landesregierung plant darüber hinaus an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei und mit viel zu kurzen Abstandsregelungen. Gesundheitsschäden und Wertverluste von Immobilien werden billigend in Kauf genommen.
Blicken wir nochmal knapp zwei Jahre zurück. Das OVG-Urteil vom Januar 2015 hat uns alle überrascht und es musste gehandelt werden. In Windesei- le – ohne eine richtige Anhörung – wurde eine Änderung des Landespla- nungsgesetzes herbeigeführt. Besonders bemerkenswert daran war, dass die CDU-Fraktion die Gesetzesänderung zusammen mit der Koalition einge- bracht hat. Die Mitübernahme einer Regierungsvorlage durch die größte Oppositionsfraktion, ohne dass sie daran auch nur ein Wort mitgearbeitet hat, war sicherlich ein Novum in diesem Hohen Hause. Aber Daniel Günther hatte damals eine schlüssige Erklärung parat: Ausweislich seiner Pressemit- Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de teilung vom 28. April 2015 vertraue er Ministerpräsident Torsten Albig. Die- ser hätte ein Telefonat mit ihm geführt, das eine ‚ausreichende Grundlage für diesen gemeinsamen Weg‘ sei.
Der vertrauensvolle, gemeinsame Weg wird inzwischen schon länger nicht mehr beschritten. Offenbar telefonieren die Herren Albig und Günther nicht mehr so häufig miteinander.
Aber im Ernst: Herr Ministerpräsident, dass Sie jetzt ein Anhörungsverfah- ren machen, ist sicher gut und richtig. Aber in Wahrheit ist es auch eine Selbstverständlichkeit.
Problematisch ist aber, – und das haben Sie, Herr Günther, vor lauter Ver- trauen in den Ministerpräsidenten so mitbeschlossen, – dass trotz landes- planerischer Veränderungssperre eine Ausnahmegenehmigung nach der anderen erteilt wird. Es gibt de facto kein Windkraftmoratorium. Es werden weiterhin Windkraftanlagen (WKA) vom Land genehmigt. Und zwar über die Ausnahmeregelung des § 18a Landesplanungsgesetz. Bisher sind so über 200 WKA-Genehmigungen erteilt worden und derzeit liegen Anträge für 229 weitere WKA vor, die bereits vor Inkrafttreten der neuen Regionalpläne ge- nehmigt werden könnten.
Also auch während des bald laufenden Anhörungsverfahrens können WKA gebaut werden.
Den Bürgerinnen und Bürgern wird der Eindruck vermittelt, sie könnten an den Plänen noch etwas ändern, während zugleich quasi durch die Hintertür intensiv Ausnahmegenehmigungen erteilt werden – und zwar theoretisch auch in Gebieten, die derzeit gar nicht als Vorranggebiet ausgewiesen sind oder Stand heute Vorranggebiet sind und nach der Anhörung vielleicht weg- fallen. So wird das Beteiligungsverfahren ja mehr oder weniger torpediert.
Wir Freie Demokraten fordern, dass vor dem Hintergrund möglicher Pla- nungsänderungen der bisher von der Landesregierung betriebene Ausbau der Windenergie an der Bevölkerung vorbei über die Ausnahmegenehmi- gungen während des Anhörungsverfahrens so weit wie möglich einge- schränkt wird. Es kann nämlich nicht sein, dass den Bürgerinnen und Bür- gern Einflussmöglichkeiten suggeriert werden, während gleichzeitig mithilfe von Ausnahmegenehmigungen oder Sonderregelungen Fakten geschaffen werden.
Hinzu kommt: In Wahrheit stellt das Anhörungsverfahren ohnehin nur ein Minimum der Mitwirkung dar. Denn einwenden dürfen die Bürger nur abwä- gungserhebliche Belange. Die hat die Landesplanung von Gesetzes wegen aber ohnehin schon geprüft. Im Anhörungsverfahren können also faktisch nur fachliche Fehler der Landesplanung korrigiert werden.
Ja, es ist gut, dass diese Möglichkeit besteht und hoffentlich auch intensiv von den Menschen im Land in Anspruch genommen wird. Es ist aber nicht genug. Demokratische Entscheidungen sollten akzeptiert und berücksichtigt werden – ob raumordnungsrechtlich begründet oder nicht. Es ist kein guter Zustand, wenn der Wille der Bürgerinnen und Bürger einfach als unfachlich abgetan wird. Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Wir alle hier wissen, dass uns die Rechtslage da wenig Spielraum gibt. Und, Herr Ministerpräsident, da trifft Sie keine Schuld und es wäre unredlich, Sie dafür in Verantwortung zu nehmen.
Wahr ist aber auch, dass Ihre Bemühungen dies zu ändern, auf niedrigstem Niveau stecken geblieben sind. Tatsache ist, es hätte Wege gegeben und diese sind nicht beschritten worden.
Sie haben Recht, der Gesetzentwurf der Union, den wir heute diskutieren, gehört ganz sicher nicht dazu. Das hat die Anhörung in großer Deutlichkeit ergeben. Es handelt sich nicht, Herr Günther, um juristische Kunst, sondern mehr oder weniger um die Manifestierung des Status quo. Insofern – und das sollte man an dieser Stelle auch mal sagen dürfen – ist die öffentliche Darstellung Ihres Gesetzentwurfs auch ein wenig irreführend gewesen. Zu- mal es gar nicht um Mitbestimmung, sondern nur um eine Form der Beteili- gung geht.
Fakt ist und bleibt aber, Herr Ministerpräsident: Sie haben Ihren Ankündi- gungen keine Taten folgen lassen.
Und die mangelnde Berücksichtigung des Bürgerwillens bei der Ausweisung der Vorrangflächen ist einer der entscheidenden Makel, an dem Ihre gesam- ten Pläne leiden und der letztlich das Gelingen der Energiewende nachhaltig zu gefährden droht.
Der andere Punkt: Ihre Pläne sind – anders als Sie es immer darstellen – keineswegs alternativlos. Sie weisen zwei Prozent der Landesfläche aus.
Dabei ist das erstens rechtlich nicht notwendig: In der Rechtsprechung wurden recht kleine Flächenanteile als ausreichend angesehen – sogar we- niger als ein Prozent. Jedenfalls wurden Konzentrationsflächenplanungen nur höchst selten für unwirksam erklärt, weil die ausgewiesenen Flächen flächenmäßig zu klein waren.
Zweitens wissen Sie in Wahrheit gar nicht, wie viel Prozent der Landesfläche heute schon beansprucht wird (siehe Drs. 18/4419). Wenn Sie also immer sagen, Sie halten 98 Prozent des Landes frei, dann ist das eine ziemlich kühne Behauptung.
Und drittens, der wichtigste Punkt: Ihre Pläne sind auch aus energie- und klimapolitischen Gründen nicht alternativlos.
Sie ignorieren das Potenzial von Repowering. Wir haben hier schon mehr- fach hingewiesen, dass ein Mehr an Repowering ein Weniger an neuem Zu- bau ausgleichen kann. Wir haben deshalb erweiterten Bestandsschutz für al- le Bestandsanlagen gefordert, nach dem Repowering grundsätzlich immer zulässig sein soll, wenn dafür mindestens zwei Anlagen abgebaut werden.
So schützt man die wirtschaftlichen Interessen der Anlagenbetreiber, ältere Anlagen durch effizientere neue Anlagen zu ersetzen.

Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de Und noch viel wichtiger: So wird die Möglichkeit einer umfassenden Flurbe- reinigung geschaffen. Wir würden Wildwuchs abbauen und die Verspargelung reduzieren.
Die Landesregierung will dies offensichtlich ausdrücklich nicht.
Genauso ignoriert die Landesregierung die Chancen durch Offshore- Anlagen. Es ist ja richtig, dass Offshore-Windenergie heute oft teuer ist als Windkraft Onshore. Klar ist aber auch, dass sich dies schon sehr bald än- dern könnte. Und Fakt ist, dass Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee effi- zienter und bürgerverträglicher sind als Anlagen an Land.
Sie sehen also, es geht anders. Dafür steht die FDP. Ein moderater, ein fle- xibler Ausbau an Land, der sich an den tatsächlichen Netz- und Speicherka- pazitäten orientiert.
Und bevor Sie jetzt alle hyperventilieren und uns mit Ihrem beliebten Vor- wurf belegen, wer den Ausbau an der Windenergie an Land einschränken will, spricht sich automatisch dafür aus, das die Kernkraftwerke in Schles- wig-Holstein länger laufen, will ich Ihnen eines sagen: Wir sagen nicht, dass wir keinen Ausbau an Land mehr wollen. Wir sagen, dass wir einen anderen, klügeren Ausbau wollen. Einen synchronisierten Ausbau mit Augenmaß und kein Ausbau ins Blaue hinein. Das ist der feine Unterschied.
Also hören Sie auf, andere Meinungen mit solchen Anwürfen als umwelt- feindlich und damit quasi unmoralisch zu ächten.
Machen Sie sich lieber ehrlich. Sie alle hier wissen genau, das jede neue Windkraftanlage keinen Einfluss auf den CO2-Ausstoß hat, solange dieser durch den Emissionshandel über noch geltende Zertifikate geregelt ist. Das hat die Landesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage selber zu- gegeben. In dem Moment, in dem die Ausgabenmenge verknappt ist, – was aus Klimaschutzgründen zweifelsohne der richtige Weg ist – können wir gerne wieder reden. Jetzt müssen wir uns aber an den heutigen Rahmenbe- dingungen orientieren.
Und Sie wissen auch alle um das Problem der Volatilität des Windstroms. Die installierte Nennleistung aller WKA in Schleswig-Holstein beträgt zwar 6,5 GW, die tatsächlich eingespeiste Leitung aufgrund der Abhängigkeit vom Wind ist aber viel niedriger. Deshalb kann man 27,6 TWh Windstrom übers Jahr nicht mit 27,6 TWh Atomstrom vergleichen. Das Problem der Volatilität des Windstroms würde übrigens durch den Netzausbau nur verteilt, nicht aber gelöst. Fakt ist deshalb, dass jedenfalls in einer Übergangszeit noch regelbare Gaskraftwerke notwendig sind, um das Stromsystem zu stabilisie- ren.
Hören Sie also mit Ihrer strategischen Etikettierung auf, um alle Kritiker Ih- rer Pläne schon als Person zu diskreditieren, sondern entwickeln Sie Argu- mente. Dann bin ich mir sicher, dass wir auch gemeinsame Wege finden können.
Um es zusammenzufassen: Statt einer Energiewende mit der Brechstange und an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, brauchen wir eine Windener- Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de giepolitik, die sich an den vorhandenen Netzkapazitäten orientiert, auf Be- standsflächen Repowering erlaubt und so eine längst überfällige Flurberei- nigung ermöglicht. So lassen sich auch größere Abstände von bis zu 7 x H realisieren.
Größere Abstände und echte Bürgermitbestimmung sind nämlich unerläss- lich. Die Tatsache, dass es immer mehr Bürgerinitiativen gibt und jetzt sogar zwei Volksinitiativen am Start sind, zeigt, dass Sie, Herr Ministerpräsident, in den letzten Monaten Windkraftbefürworter zu Windkraftkritikern gemacht haben. Und dass Sie mit ihren Repowering-Regeln auch noch die Regionen, in denen die Windenergie sehr akzeptiert ist, gegen sich aufbringen, doku- mentiert das Totalversagen Ihrer Landesregierung in der Energiepolitik. Die- ses Trauerspiel muss im Mai 2017 beendet werden.“



Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de