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15.12.16
13:06 Uhr
SSW

Lars Harms: Die innere Vielfalt stärkt das Verfassungsgericht

Presseinformation Kiel, den 15. Dezember 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 10 + 11 Gesetz über das Landesverfassungsgericht Drs. 18/4933


„ Keine Partei kann nach dem Regierungswechsel die Richter am Gericht nach
Gusto einfach auswechseln. Und mit dieser Meinungsvielfalt sind wir in
unseren Verfassungsgerichten immer gut gefahren. “


Das Landesverfassungsgericht leistet in Schleswig-Holstein ausgesprochen solide Arbeit
und ist eine eingeführte und gut funktionierende Einrichtung. Das
Landesverfassungsgericht entscheidet über die Auslegung der Verfassung aus Anlass
von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten des Landtages oder der
Landesregierung. Außerdem wird es angerufen bei Meinungsverschiedenheiten über die
Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung. In unserer Verfassung werden die
Aufgaben des Gerichtes in Artikel 51 detailliert beschrieben, was die Bedeutung des
Gerichtes gleichzeitig verdeutlicht und unterstreicht. 2


Die Entscheidung, ein eigenes Verfassungsgericht einzurichten, erweist sich im
Nachhinein als vollkommen richtig. Dass man bis 2008 für verfassungsrechtliche Fragen
den Weg nach Karlsruhe antreten musste, war der Lebendigkeit der Verfassung nicht
dienlich. Inzwischen ist das Landesverfassungsgericht gut eingeführt und hat bereits zu
vielen Sachfragen Stellung genommen. Nur so verstummte beispielsweise die Kritik an
der Rückausnahme von der Fünf-Prozent-Regelung für den SSW. Erst das Urteil vom
Verfassungsgericht hat die nötige Klarheit gebracht und diese Regelung nochmals –
inzwischen zum dritten Mal - bestätigt. Die klaren Urteile des Schleswiger Richter sind
inzwischen Teil unserer demokratischen Praxis.



Es ist eine Binsenweisheit, dass ein Gericht nur so gut sein kann wie dessen Richterinnen
und Richter. Deren innere Freiheit ist dabei ein hohes Gut. Wir müssen alles daran setzen,
dass das so bleibt. Die formale Unabhängigkeit ist dabei gefühlt auch abhängig vom
Zeithorizont. Eine sechsjährige Amtszeit mit Wiederwahlmöglichkeit kann dabei als
Problem wahrgenommen werden. Und schon dieses Gefühl kann dabei schwierig sein.
Aus dieser Erkenntnis heraus schlagen wir analog zu den Erfahrungen am
Bundesverfassungsgericht eine 12 jährige Amtsdauer vor. Das ist eine angemessene
Zeitspanne, um die innere Unabhängigkeit des Richters bzw. der Richterin weiter zu
stärken. Die Unabhängigkeit ist bei Richterinnen und Richtern grundlegend für ihre
Tätigkeit. Wir sehen mit der zwölfjährigen Amtsdauer, die der Regelung für die
Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts entspricht, eine angemessene
Sicherung der Unabhängigkeit. 3
Die Fraktion der Piraten schlägt ein normales Bewerbungsverfahren vor und bezweifelt
die Zweckmäßigkeit unseres Verfahrens. Wir haben es aber nicht mit einem normalen
Betrieb zu tun. Es geht darum, dass ein Verfassungsgericht nach Möglichkeit auch die
gesellschaftlichen Strömungen im Land einigermaßen widerspiegeln soll. Und dabei
geht es dann auch darum, eine kontinuierliche Art der Rechtsprechung sicherzustellen.
Und da ist eine Auswahl und eine Wahl der Verfassungsrichter durch das Parlament der
richtige Weg. Erst durch den Kooperationszwang der Fraktionen wird verhindert, dass
durch bestimmte Mehrheiten immer nur Richter der gleichen Observanz ins
Verfassungsgericht gewählt werden. Das würde der Diskussionsvielfalt im
Verfassungsgericht selber schaden und damit würden wir Gefahr laufen, dass nicht mehr
alle Aspekte in den Verfahren Eingang finden würden. Die Fraktionen müssen
Kompromisse machen und abwägen. Alleingänge sind auf diese Weise unmöglich. Keine
Partei kann nach dem Regierungswechsel die Richter am Gericht nach Gusto einfach
auswechseln. Und mit dieser Meinungsvielfalt sind wir in unseren Verfassungsgerichten
immer gut gefahren. Diese innere Vielfalt des Verfassungsgerichts ist eine fundamentale
Sicherung der verfassten Rechte unseres Landes. Darum halte ich sie für besonders
wichtig und werbe für unseren Vorschlag.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html