Lars Harms: Wir haben eine starke, zukunftsgerichtete digitale Strategie
Presseinformation Kiel, den 15.12.2016Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 2 + 21 a) Regierungserklärung “Digitalisierungsstrategie des Landes Schleswig-Holstein“ b) Rechtssicherheit für Anbieter freier WLAN- Internetzugänge schaffen Drs. 18/4825 „In der digitalen Agenda wurden sieben strategische Kernthemen herausgearbeitet. Von der digitalen Infrastruktur über Medienkompetenz und Teilhabe bis Governance, werden in den jeweiligen strategischen Kernthemen, die Schwerpunkte und politischen Initiativen beschrieben.“Die Digitalisierung der Gesellschaft schreitet immer weiter voran. Man kann es uneingeschränktbegrüßen oder kritisch sehen – aufzuhalten ist der digitale Wandel nicht. In allengesellschaftlichen Bereichen – ob im Alltag, im Arbeitsleben oder in der Kommunikation – überallhält er unaufhaltsam seinen Einzug. Daher ist es gut und richtig, dass die Landesregierung sichdiesem Thema angenommen hat. Ressortübergreifend und gemeinsam mit Experten wurdenIdeen und Maßnahmen erarbeitet, die sich in der digitalen Agenda wiederfinden. Wohlwissend,dass dies keine Bibel ist – denn der Prozess ist nicht abgeschlossen – ist es ein 2zukunftsgerichtetes Strategiepaier für unser Land und auch für uns als Politik. Es ist wichtig, fürSchleswig-Holstein zu benennen, wie wir den digitalen Wandel begleiten und gestalten wollen.In der digitalen Agenda wurden sieben strategische Kernthemen herausgearbeitet. Von derdigitalen Infrastruktur über Medienkompetenz und Teilhabe bis Governance, werden in denjeweiligen strategischen Kernthemen, die Schwerpunkte und politischen Initiativen beschrieben.Richtig ist, Schleswig-Holstein steht hier nicht allein. Alle politischen Ebenen sind in derVerantwortung. Vom Bund über die Länder bis zu den Kommunen sind alle Beteiligten gefordert,die Herausforderungen des digitalen Wandels anzunehmen. Das fängt damit an, dass wir dieInfrastruktur benötigen. Denn egal wo wir uns befinden, die Grundvoraussetzung für die digitaleGesellschaft ist eine leistungsfähige und gut ausgebaute Infrastruktur. Die Versorgung desLandes bildet das Rückgrat und die Grundlage der digitalen Agenda. Daher besteht ein großesund drängendes Bedürfnis, die digitale Infrastruktur mit leistungsfähigem Breitband – SprichGlasfaser – weiter auszubauen. Die Breitbandversorgung ist ein entscheidender Standortfaktorfür die Zukunftsfähigkeit der Gemeinden. Ein leistungsfähiges Internet ist nicht nur wichtig füransässige Unternehmen, zunehmend ist es auch für Bürgerinnen und Bürger immer mehr vonBedeutung. Dort wo noch keine Glasfaserinfrastruktur verfügbar ist, müssen leistungsfähigeMobilfunkverbindungen den Zugang sichern. Dies darf aber nur eine Übergangslösung sein.Daher ist ausdrücklich zu begrüßen, dass das Land die Breitbandstrategie auf den Weg gebrachthat und weiter systematisch umsetzt. Das Ziel muss bleiben, bis 2030 eine flächendeckendeGlasfaserinfrastruktur zu schaffen und davon weichen wir nicht ab.Um dies zum Erfolg zu bringen steht die Landesregierung als wichtiger Partner und Ratgeber ander Seite der Gemeinden. Dabei hat sich insbesondere das Kompetenzzentrum bewährt, das alsBeratungs- und Koordinierungsstelle zur Verfügung steht. Ausschlaggebend für den Erfolg derBreitbandstrategie ist jedoch die flächendeckende Nachfrage nach Glasfaser. Gerade imländlichen Raum spielt der Kosten-Nutzen-Faktor eine erhebliche Rolle. Die Tiefbaukosten sind 3mit 70-80% der wesentliche Faktor für den Erfolg. Soll heißen: Viele Kilometer Leitung fürverhältnismäßig wenig Kunden. Daher ist man gerade dort auf gute Konzepte und Strategienangewiesen – was in der Agenda als Stimulierung der Breitbandnachfrage beschrieben wird.Das jüngst verabschiedete Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitalerHochgeschwindigkeitsnetze wird dazu beitragen, die Ausbaukosten zu reduzieren. Das wird demGanzen einen weiteren Schub geben.Die Stimulierung der Breitbandnachfrage, um damit den flächendeckenden Ausbau mitGlasfaser zu schaffen, muss gelingen, damit alle Bevölkerungsteile den Anschluss an die neuenMedien haben. Wer dies irgendwann nicht hat, wird sich in der digitalen Lebens- und Arbeitsweltnicht mehr zurechtfinden und sich schon bald ausgegrenzt sehen. Es geht dabei nicht nur umonline einkaufen oder sich online informieren. Es geht um Teilhabe. So wie Rechnen, Lesen undSchreiben zu den Grundfertigkeiten zählen, wird dies auch auf den Umgang mit digitalenMedien zutreffen. In vielen Berufen ist dies bereits heute ein Einstellungskriterium.Wer also nicht zu den Verlierern von morgen gehören will, darf sich dem digitalen Wandel nichtverschließen. Mit einer solchen Aufforderung geht aber auch Verantwortung einher.Verantwortung in dem Sinne, dass Bürgerinnen und Bürger dann auch befähigt sein müssen, mitden modernen Medien umzugehen. Stichwort: Medienkompetenz, Medienbildung.Wir wollen eine moderne und digitale Gesellschaft, die auch wirklich ihren Nutzen aus den sichihr bietenden Möglichkeiten zieht. Das stellt uns vor neue Bildungsanforderungen. DieMenschen müssen lernen, verantwortungsbewusst und reflektiert mit digitalen Mediumumzugehen. Darum müssen wir bereits heute eine Antwort auf die Frage haben, wie wir denUmgang mit digitalen Medien und das digitale Lernen insgesamt weiterentwickeln undgestalten wollen.Das gilt nicht nur für unsere Kinder und die Lehrkräfte in den Schulen, sondern letztendlich fürjeden von uns. Deshalb müssen wir uns gemeinsam und vor allem langfristig mit dieser 4Thematik befassen. Daher müssen sich unsere Schulen auf diese veränderte Lebenswirklichkeitvorbereiten. Sie müssen die Chancen, die in diesen Veränderungen liegen, noch aktiver für sichnutzen. Unsere Aufgabe ist es, hier zu unterstützen und für die bestmöglichenRahmenbedingungen zu sorgen. Und das tun wir.Damit wir unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben können, sich zukompetenten Mediennutzern auszubilden, brauchen wir gut durchdachte Konzepte, die dieseKompetenzen vermitteln und festigen. Dabei kommt natürlich auf unsere Schulen und unsereLehrkräfte eine wichtige Rolle zu. Dieser Verantwortung werden sie in den allermeisten Fällenbereits heute gerecht. Wir alle wissen, dass zum Beispiel digitale Techniken längst inverschiedener Weise genutzt werden. So bieten sich bereits heute die Möglichkeiten, wenn esum den Fachunterricht auf Halligen oder den Unterricht von Schülerinnen und Schülern imKrankenhaus geht.Das Lernen in der digitalen Gesellschaft ist längst ein Schwerpunktthema desBildungsministeriums ist. Hier dürfen wir auch nicht nachlassen. Und es ist absolut notwendig,hier vielfältige Ansätze und Projekte – und vor allem auch den Austausch darüber – weiter zufördern. Mit unserem Gesetz zur Lehrerbildung geben wir unseren zukünftigen Lehrkräften auchdas Rüstzeug an die Hand, um Medienkompetenz effektiv zu vermitteln. Damit helfen wirgleichzeitig den Schulen, wenn es um Fragen rund um die IT- und Medienausstattung geht. Ichdenke, damit haben wir bereits einen wichtigen Schritt in dieser Sache getan und dem Themaden Stellenwert gegeben, der ihm zusteht.Aber wir können und müssen noch besser werden. Dabei geht es nicht nur um die IT-Ausstattungan den Schulen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Schulen mit einer ausreichenden,zukunftssicheren Bandbreite an das Internet angebunden werden. Mit der Schaffung einesöffentlichen Glasfasernetzes werden wir das Ziel, „Schulen an Netz“, weiter voranbringen. 5Das Gelingen des landesweiten Netzausbaus steht für den Erfolg des digitalen Wandels in allenBereichen. Bereits heute ist es aus wirtschaftlicher Sicht ein maßgeblicher Standortfaktor. Derglobale Handel oder die Vernetzung von Unternehmen untereinander nehmen immer mehr zu.Neue miteinander vernetzte Produktionssysteme und –anlagen mit digitalen und datenbasiertenStrukturen schaffen ganz neue Möglichkeiten in der Produktion. Die Abläufe in den Firmenwerden sich komplett ändern. Dies betrifft dann nicht nur die Produktionsstrecken der großenFirmen, sondern auch die kleineren Zuliefererbetriebe. Die Vernetzung der Betriebe miteinanderermöglicht, dass in Echtzeit auf Produktionsänderungen reagiert werden kann – und dabei spieltdie Entfernung keine Rolle.Der Begriff „Industrie 4.0“ dominiert derzeit alle industriepolitischen Foren, Messen undKongresse. Diese Dominanz verdeutlicht den Entwicklungsschritt vor dem die Wirtschaft steht.Es wirft aber auch Fragen auf – die zu beantworten sind – und stellt uns vor neue Aufgaben.Dabei geht es um Konzepte und Strategien, damit die Wirtschaft bei uns im Land die künftigenHerausforderungen bestehen kann. Hier steht die Landesregierung im engen Kontakt mitWirtschafts- und Wissenschaftseinrichtungen. Wir werden die Förderinstrumente den neuenAnforderungen entsprechend anpassen.Die mit dem Wandel verbundenen Ansprüche stellen aber auch ganz neue Anforderungen an dieMitarbeiter der Unternehmen. Die damit einhergehenden Ansprüche und Belastungen sind nichtzu unterschätzen. Es darf deshalb nicht sein, dass die Mitarbeiter von der Technik überrolltwerden. Die Unternehmen haben hier eine Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber. Siemüssen sie auf dem neuen Weg mitnehmen und entsprechend qualifizieren. Aber auch dieLandesregierung hat diesen Punkt zu fassen und in der Agenda klar benannt. Soll heißen, dasLand wird diesen Prozess durch eine geeignete Bildungs- und Weiterbildungspolitik stetigbegleiten. Und das gut zu wissen, denn die Menschen brauchen eine Perspektive, beispielsweisewenn Arbeitsplätze durch die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft wegfallen könnten. 6Die Digitalisierung eröffnet ganz neue Wege in nahezu allen Bereichen. Sie bietet dieMöglichkeit einen ganz neuen Zugang im Bereich Kunst und Kultur zu schaffen. Mit den 2014beschlossenen „Kulturperspektiven Schleswig-Holstein“ hat das Kulturministerium erstmals einKonzept für die Kulturpolitik des Landes ins Leben gerufen, das unter anderem die Digitalisierungvon Kulturgütern aufgreift. Die digitale Darstellung in einer virtuellen Kulturstätte ermöglichteinen ganz neuen Erlebnisraum, unabhängig von Zeit und Ort. Damit wird ein ganz neuerZugang zu Kunst und Kultur geschaffen. Gerade der jungen Generation lässt sich damit besserekulturelle Bildung und den Wert von Kultur nahe zu bringen.Es geht aber nicht nur darum, alte Kulturgüter digital zu archivieren. Vielmehr müssen auch dieInformationen von heute entsprechend archiviert werden. Soll heißen: Kultur von heute mussauch morgen zugänglich sein. Das Landesarchiv wird bei der Umsetzung zu einem solchendigitalen Museum Schleswig-Holstein die zentrale Rolle spielen.Mit der Vernetzung komplexer digitaler Systeme oder mit dem Austausch von Daten, gehtimmer auch die Frage nach der Sicherheit und des Datenschutzes einher. Ob es die Privatsphäreist, die der Nutzer geschützt sehen will oder ob Unternehmen ihre Betriebsgeheimnisse schützenwollen. Sicherheit und Datenschutz müssen auch in Zukunft gewährleistet werden – auch wennwir wissen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt und es sie auch künftig nicht gebenwird. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass wir uns heute darüber Gedankenmachen müssen, welche Möglichkeiten wir in einer digitalen Gesellschaft zulassen wollen undwo wir Grenzen einziehen wollen. Wollen wir beispielsweise eine Identitätskennung haben, dienahezu alles, über einen Preis gibt – von Gesundheitsdaten bis zu Steuerdaten? Und wie könnenwir hier trotzdem den Datenschutz und die Datensicherheit gewährleisten? Immer wiederwerden solche Diskussionen bereits heute geführt und andere Länder machen es vor. DerDatenschutz hat in Deutschland einen sehr hohen Stellenwert und das ist gut so. 7Abschließend möchte ich kurz auf den Antrag der Piraten eingehen. Der SSW unterstütztausdrücklich alle Initiativen, die einen kostenfreien Zugang zum Internet ermöglichen. Aus Sichtdes SSW ist ein kostenfreier Zugang als ein weiteres Mittel zu sehen, hin zu einerInformationsgesellschaft. In Flensburg, Kiel oder auf Helgoland hat der SSW Freifunk-Routerfinanziert, zur Verfügung gestellt oder die Maßnahme anderweitig unterstützt. Diese gewährenim Verbund mit anderen einen flächendeckenden Internet-Anschluss. Jeder, der auf der Straßevorbei geht, kann sich kostenlos einloggen und das Internet nutzen. Diese Bewegung, die freieRessourcen privater Anschlüsse öffentlich nutzbar macht, ist ein Beispiel für eine interessierteund engagierte Bürgergesellschaft. Solche Initiativen sind absolut vorbildlich.Mit den vom Bund verabschiedeten Änderungen zum Telemediengesetz werden wir zwar baldüberall über WLAN verfügen, aber eben nur für entsprechende Gebühr. Leider hat derBundesgesetzgeber versäumt eine klare Rechtssicherheit in Bezug auf offene Funknetze und dieStörerhaftung zu schaffen. Das ist kein Fortschritt und deshalb muss das Gesetz in Berlinüberarbeitet und die Bürgerinnen und Bürger frei von Haftung gehalten werden.Natürlich müssen Urheberrechte auch im offenen Internet gewahrt bleiben. Doch dies ist ehereine technische Frage, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern.Man sieht schon, die Digitale Agenda ist eine große Nummer. Gut, dass unsere Landesregierunghier engagiert handelt.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html