Burkhard Peters zur Reform der Zuweisung von Geldauflagen in Strafsachen
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 20 – Reform der Zuweisung von Geldauflagen in Pressesprecherin Strafsachen Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Burkhard Peters: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 528.16 / 14.12.2016Das Thema taugt zur Skandalisierung nicht„Bisher dachte ich, die Autonomie der Justiz sei für die Piraten und vor allem für den Kol- legen Dr. Breyer ein herausragend wichtiges Anliegen. Ich sehe bei Ihnen einen Wer- tungswiderspruch: Bisher entscheiden die Richterinnen und Richter und auch die Staats- anwaltschaften weitgehend eigenständig über die Verwendung der Geldauflagen. Nun möchten Sie der Justiz in dieser Hinsicht ein äußerst enges Korsett der Kontrolle anlegen. Auf den ersten Blick passt da was nicht zusammen.Presseöffentlich garniert haben Sie Ihren Antrag mit dem Hinweis, die Justiz habe in an- deren Bundesländern für Aufsehen gesorgt, etwa mit Zuweisungen an „Eisenbahnfreun- de“, „Trinkkegelcousins“, Karnevalsvereine oder gar Einrichtungen, mit denen die zustän- digen Justizbediensteten oder ihre Angehörigen persönlich verbunden waren.Zur Skandalisierung in Schleswig-Holstein taugt das Thema aber nicht. Aufsehenerre- gende Fälle von Zuweisungen an obskure Einrichtungen sind hier nicht bekannt gewor- den. Auch Interessenkollisionen in Form von Begünstigungen von Vereinen oder Verbän- den, bei denen Mitglieder des Justizpersonals ein unmittelbares Interesse haben, sind mir aus Schleswig-Holstein nicht zu Ohren gekommen. Allerdings wird bei der Lektüre der aufschlussreichen kleinen Anfragen der Piraten deutlich, dass die Geldauflagen frei mit der Gießkanne über das Land verteilt werden.Es ist schwer nachvollziehbar, warum das eine Kinderhospiz reich bedacht wird, während das andere nahezu leer ausgeht. Für die möglichen Organisationen fehlt es beim bisheri- gen System an Plan- und Berechenbarkeit der Zahlungseingänge.Auch für Gerichte und Staatsanwaltschaften ist es bei den anfallenden Arbeitspensen nicht zumutbar noch erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um alle Organisationen im Lande gleichmäßig zu bedenken. Gleichzeitig weiß ich aus eigener Erfahrung als Straf- verteidiger, dass viele Richterinnen oder Richter bestimmte Favoriten haben, die aller- Seite 1 von 2 dings regelmäßig tatbezogen bedacht werden. Im Grundsatz kann ich Ihrem Anliegen aber folgen.Kommen wir zu den Details: Der Veröffentlichung in einem Bericht kann ich näher treten, auch wenn ich den damit verbundenen Effekt für gering halte. Trotzdem unterstützen wir diese Transparenz, die nachvollziehbar macht, wohin die Gelder fließen.Aufwändiger wird es bei der Veröffentlichung bestimmter Informationen der Organisatio- nen. Satzung, Gemeinnützigkeitsanerkennung, Mittelverwendung, Tätigkeitsberichte, Ent- scheidungsträger - "Patrick Breyer will es wissen".Schon heute müssen Empfängereinrichtungen nach der geltenden Rechtslage in Schles- wig-Holstein dem Oberlandesgericht sehr viel nachweisen, wenn sie in den Kreis der mög- lichen Geldempfänger aufgenommen werden wollen. Natürlich ist Transparenz ein hohes Gut, aber Tierheim und lokalem Kinderhospiz wird damit einiges an Organisationslast auf- gebürdet. Gerade die kleinen Organisationen mit wenig Verwaltung werden dadurch stark belastet.Ob der Ansatz der Piraten in diesem Punkt überzogene Anforderungen aufstellt, müssen wir im Ausschuss genauer betrachten. Auch der Vorschlag der Einrichtung von Sammel- fonds klingt nach bürokratischer Überregulierung. In aufgesplitteten Sammelfonds soll zukünftig alles eingezahlt werden und ein Gremium verteilt anschließend den Geldsegen. Hört sich zunächst gerecht an, aber die Kosten und der damit verbundene Aufwand täten mich schon interessieren. Auch hier werden wir im Ausschuss genauestens klären müs- sen: Wer sitzt in dem Gremium zu welchem Preis und mit welcher Marschroute?Ob die Verteilung aus einem Fonds gerechter erfolgt als direkt aus den Händen der Staatsanwaltschaft und Gerichte, davon bin ich noch nicht gänzlich überzeugt. Bei aller berechtigten Kritik erscheint es mir jedenfalls, dass sich eine Gaußsche Normalverteilung in aller Vielfalt aus den Geldauflagen ergibt. Vom Angelverein „Forelle“ bis zur „Xaver und Phillip Schwarwenka -Gesellschaft“ ist alles vertreten. (Ich bin gespannt, wer in die- sem Hohen Hause diese Gesellschaft überhaupt kennt. Ich setze auf den Kollegen Dolgner und sein enzyklopädisches Wissen.)Noch ein Punkt, der mir wesentlich erscheint: Die direkte Verknüpfung zwischen Tat und Bußzahlung im Rahmen der mündlichen Verhandlung wird durch einen Sammelfonds tendenziell aufgehoben. Die Verletzung von Unterhaltspflichten kann im Rechtsgespräch zwischen den Prozessbeteiligten zum Beispiel mit einer Zahlung an einen lokalen Kin- dergarten geahndet werden. Gleichermaßen kann für eine Körperverletzung eine Buße an den lokalen Weißen Ring auferlegt werden. Diese Konnexität erscheint mir gerade zielführend im Rahmen eines gut geführten Strafverfahrens. Sie führt nach meiner Erfah- rung auch zu höherer Akzeptanz bei den zahlungsverpflichteten Angeklagten. Das nun für mehr Transparenz zu opfern, halte ich für problematisch.Im Ausschuss sollten wir die aufgeworfenen Fragen vertiefen. *** 2