Thomas Rother zu TOP 20: Änderungen prüfen, aber kein Generalverdacht
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 14. Dezember 2016TOP 20: Reform der Zuweisung von Geldauflagen in Strafsachen (Drs 18/4823)Thomas Rother:Änderungen prüfen, aber kein GeneralverdachtManchmal entdecken die Piraten Probleme, von denen außer ihnen bislang niemand etwas gewusst oder als Problem wahrgenommen hat.Auch die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Kollegen Dr. Breyer durch die Landesregierung zu Geldauflagen in Strafverfahren zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen lässt nicht erkennen, dass es hier Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gibt oder Handlungsbedarf bestünde.Wenn man in Rheinland/Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg manches anders macht, kann man sich das natürlich einmal ansehen. Prüfen und entscheiden müssen wir natürlich selbst.Doch nun zu den einzelnen Forderungen: Die Veröffentlichung eines jährlichen Berichtes kann sinnvoll sein und dient der Transparenz. Der Aufwand dafür dürfte überschaubar sein. Mögliche Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Zuweisungen könnten schon an dieser Stelle zerstreut werden.Dass sich Entscheider bei vorhandenen persönlichen Interessen jeder Amtshandlung zu enthalten haben ist selbstverständlich. Dennoch ist es natürlich so, dass gerade 2Justizangehörige auch Funktionen in justizbezogenen Organisationen innehaben, was zu befürworten ist.Natürlich dürfen persönliche Interessen der Richterinnen und Richter bei der Verhängung von Geldauflagen keine Rolle spielen und hierfür gibt es auch keine Hinweise.Wir sollten auch hier nicht nach Piratenart alle Betroffenen unter Generalverdacht stellen.Die Qualitätskriterien und Nachweispflichten für die Interessenten an Geldauflagen zu überarbeiten ist nachdenkenswert, darf aber nicht die Organisationen – gerade kleine Organisationen – überfordern und muss verhältnismäßig zum finanziellen Ertrag bleiben.Nach Forderung der Piraten sollen zudem die einschlägigen Gesetze geändert werden, um eine komplette Vergabe der Mittel über Sammelfonds zu erreichen.Unmittelbare Geldzuweisungen an gemeinnützige Einrichtungen sollen so gänzlich ausgeschlossen werden. Parallele Vergaben – wie zurzeit in Hamburg – wären damit nicht mehr möglich.Im Einzelfall kann eine direkte Zuweisung an eine bestimmte Organisation durch das Gericht aber gerade sinnvoll sein, wenn ein sachlicher Zusammenhang zur Tat und der Arbeit einer bestimmten Organisation hergestellt werden kann.So hat es schon auch einen erzieherischen Nutzen, wenn der Trunkenheitsfahrer an den „Bund gegen Alkohol im Straßenverkehr“ zahlen oder ein volksverhetzender Neo-Nazi die Arbeit der „Amadeo-Antonio-Stiftung“ unterstützen muss. Diese Entscheidung würde ich eigentlich gern weiterhin dem Gericht überlassen.Auch können die Prozessbeteiligten Vorschläge für die Verwendung der Geldbuße machen, was nach dem Piraten-Antrag dann auch nicht mehr möglich wäre. Man sollte sich gut überlegen, ob man das wirklich abschaffen will.Denn es geht dabei ja nicht um das „Geldmachen“ für anerkannte Organisationen, sondern um Strafe und die Strafe soll Bezug zur Tat haben. Das kann über eine Fondsverteilung so nicht nachvollzogen werden.In Hamburg sind im Fonds-Verteilgremium Richterin, Staatsanwältin, Justizbehörde und Sozialbehörde vertreten. Ein eher kleiner Kreis. Dennoch bietet auch die Einrichtung eines Sammelfonds grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die verteilenden Gremienmitglieder bei der Zuteilung der Geldbußen frei von persönlichen Interessen wären. 3Schauen Sie mal in den Bericht des Hamburgischen Rechnungshofes für das Jahr 2016.Unabhängig davon ist bei einem zentralen Vergabegremium ein personeller Mehraufwand – Fluch des Flächenstaates im Vergleich zum Stadtstaat - erforderlich. Dies richtet sich auch danach, ob dieses landesweit oder örtlich oder nach Gerichtsbezirken organisiert werden soll. Hierzu enthält Ihr Antrag keine Aussage.Dennoch sind die Vorschläge der Piratenfraktion der Erörterung wert, auch wenn die Fundstellen in ihrem Antrag aus dem Jahr 1972 stammen und diese Vorschläge schon damals verworfen wurden.Wie in vielen Ihrer Initiativen bleibt es dem Fachausschuss überlassen, zu sehen, ob etwas Vernünftiges dabei ist. Das dafür zuständige Gremium ist der Innen- und Rechtsausschuss und dorthin sollten wir diesen Antrag überweisen.