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18.11.16
13:44 Uhr
SSW

Lars Harms: Unser Tariftreuegesetz schützt Betriebe, die faire Löhne zahlen

Presseinformation
Kiel, den 18.11.2016 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 40 Bericht zur Evaluierung des Tariftreue- und Vergabegesetzes Drs. 18/4800

„Wenn wir uns heute die Landkarte anschauen, stellen wir fest, dass es
mittlerweile in 14 von 16 Bundesländern landesspezifische Vergabegesetze
mit Tariftreue- und Mindestlohnregelungen gibt.“


Als der SSW im Jahr 2001 den Entwurf für ein Landes-Vergabegesetz Schleswig-Holstein
vorlegte, folgte ein starkes Echo. Die einen befürchteten den Untergang des Abendlandes, die
anderen begrüßten ausdrücklich eine solche Initiative. Es war seinerzeit ein hartes politisches
Ringen, das Gesetz auf den Weg zu bringen und seitdem wurde es immer auf den politischen
Prüfstand gehieft. Aber zusammen mit dem Bauaufträgevergabegesetz aus Bayern war
Schleswig-Holstein damals bundesweit Vorreiter für solch eine politische Initiative. Wenn wir
uns heute die Landkarte anschauen, stellen wir fest, dass es mittlerweile in 14 von 16
Bundesländern landesspezifische Vergabegesetze mit Tariftreue- und Mindestlohnregelungen 2
gibt. Was ich durchaus als Erfolg werte und feststelle, dass wir damals absolut richtig lagen
und für viele ein gutes Vorbild waren.
Dabei handelt es sich mitnichten um Sozialromantiker-Gesetze. Faire Löhne haben nichts mit
Sozialromantik zu tun, sie sind ein Teil von guter Arbeit.
Vielmehr spielt auch der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle. Durch die Regelung sind genau die
Betriebe bei uns im Land geschützt, die bereits faire Löhne zahlen. Zudem sollte jeder Betrieb
daran ein Eigeninteresse haben, denn es ist die beste Möglichkeit, gute Fachkräfte zu finden
und zu halten.
Das Vergabegesetz hat bisher allen politischen Versuchen standgehalten gekippt zu werden. Es
wurde weiterentwickelt oder neuen rechtlichen Voraussetzungen angepasst. Dagegen ist auch
nichts einzuwenden.
Als Koalition haben wir zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Entwurf für ein Tariftreue-
und Vergabegesetz eingereicht. Nach einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren wurde
das Gesetz 2013 mit Mehrheit verabschiedet. Damit haben wir ein Gesetz geschaffen, das die
Vergabe öffentlicher Aufträge regelt. Wichtige Neuerungen des Gesetzes sind unter anderem,
die Einführung eines vergabespezifischen Mindestlohns in Höhe von 9,18 Euro/Stunde sowie
die Verpflichtungen zur Tariftreue. Sowie weitere Verpflichtungen in Bezug auf Nachhaltigkeit.
Zudem wurde festgeschrieben, dass das Gesetz auf seine Wirkung, insbesondere im Hinblick
auf die Zielerreichung und Effizienz zu evaluieren ist. Damit wären wir dann auch beim
vorliegenden Bericht.
Es wundert einen natürlich nicht wirklich, dass eine große Zahl der Rückmeldung bestätigt,
dass das Vergaberecht zusätzlichen Arbeitsaufwand bedeutet. Zugegeben, es ist eine
bürokratische Hürde, die zu nehmen ist, wenn bestimmte Kriterien zu erfüllen sind, um den
Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag zu bekommen. Doch solche Kriterien sind vom
Gesetzgeber nicht einfach aus der Luft gegriffen oder nur dafür da, um Auftraggeber sowie
Auftragnehmer zu drangsalieren. Sie haben ihre Berechtigung. Was den Bürokratieaufwand 3
durch das Gesetz und seine Lesbarkeit betrifft, sollten wir die Evaluierung durchaus zum Anlass
nehmen und schauen, wo und wie Vereinfachungen und gegebenenfalls eine Verschlankung
möglich sind. Für den SSW steht aber fest, dass wir an den Standards nicht rütteln werden.
Standards sind keine Bürokratie, sie sind ein Mehrwert.
Die Kritik, dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen vom Vergabegesetz
benachteiligt werden, teile ich so überhaupt nicht. Denn da der Rücklauf der Meldungen relativ
gering war, scheint es so zu sein, dass der weit überwiegende Teil der angefragten
Unternehmen überhaupt kein Problem mit dem Gesetz hat.
Deutlich wird durch die Evaluation aber auch, dass die Regelungen des Tariftreue- und
Vergabegesetzes einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung des Einsatzes von
Niedriglohnkräften bei der Ausführung öffentlicher Aufträge leisten. Damit wird bestätigt,
dass wir ein wesentliches Ziel mit dem Gesetz erreichen. Und das ist auch gut so. Etwa
40 Prozent der Rückläufe der Umfrage bescheinigten dem TTG zudem, die sozialen
Sicherungssysteme auf diese Weise zu entlasten. Aber auch die Wirkungen des
vergabespezifischen Mindestlohns seien in begrenztem Umfang spürbar und hätten in einigen
Branchen zu Lohnerhöhungen geführt.
Dies sind Effekte des TTG, die ich auch aus persönlichen Gesprächen, nicht nur aus dem Kreis
Nordfriesland, bestätigen kann.
Fest steht, wir werden das TTG weiterentwickeln und neuen Herausforderungen anpassen.
Dies gilt beispielsweise für den vergaberechtlichen Mindestlohn, den wir auf 9,99 Euro
anheben werden und damit an das niedrigste TVL-Gehalt anpassen. Wir müssen aber auch
dafür sorgen, dass sich alle Vergabestellen – sprich alle Kommunen – das TTG anwenden.
Wir werden den Bericht und die Evaluation im Ausschuss vertiefend behandeln und daraus
unsere weiteren Schlüsse ziehen.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden: 4
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html