Flemming Meyer: Zusatzbeiträge sind ungerecht und setzen noch dazu falsche Anreize
Presseinformation Kiel, den 18.11.2016Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 20 Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung herstellen Drs. 18/4841 „Zusatzbeiträge sind ungerecht und setzen noch dazu falsche Anreize“Sicher, mit Blick auf diesen Antrag kann man sich fragen, warum wir uns hier ausgerechnet umdiese Angelegenheit kümmern. Denn natürlich haben nicht wir den Hebel in der Hand, sondernBerlin. Und ohne Zweifel gibt es allein im Gesundheitsbereich ein ganzes Bündel vonProblemen, die endlich angegangen werden müssen. Aber die Frage der Parität in dergesetzlichen Krankenversicherung ist für den SSW und für die Küstenkoalition absolut zentral.Die einseitigen Zusatzbeiträge gehen ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer. Sie sind damit in höchstem Maße ungerecht. Und unser Antrag ist als klaresSignal zu sehen, dass dieser Missstand in unseren Augen so schnell wie möglich behobenwerden muss.Die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wurden bekanntlich schon vor über10 Jahren eingeführt. Während der Beitrag der Arbeitgeber eingefroren ist, wurde und wird der 2Anteil der Arbeitnehmer von den Kassen mehr oder weniger regelmäßig erhöht. SteigendeKosten werden damit mittlerweile ausschließlich von den Versicherten getragen. DieseZusatzbeiträge sind nicht etwa Peanuts, sondern sie können bis zu 560 Euro im Jahrausmachen. Und Experten erwarten einen weiteren, deutlichen Anstieg in den kommendenJahren. Für den SSW ist deshalb klar: Diese Entwicklung ist schlicht und einfach ungerecht unddarf sich nicht auch noch fortsetzen.Die Situation vor 10 Jahren mag für manchen ja das Mittel Zusatzbeitrag rechtfertigen. Aberdie damalige Lage ist wohl kaum mit der heutigen vergleichbar: Vor 10 Jahren gab es über 5Millionen Arbeitslose in Deutschland. Heute ist nicht nur diese Zahl deutlich geringer, sondernauch das Finanzproblem der öffentlichen Kassen. Natürlich steigen die Gesundheitskosten.Denn die Menschen werden älter und auch Krankheiten nehmen zu. Aber die Finanzlage derKrankenkassen ist noch immer vergleichsweise stabil. Und ich denke, dies ist eben auch ohneeinen immer höheren Zusatzbeitrag der Versicherten möglich. Noch dazu ist durch nichts zurechtfertigen, dass die Arbeitgeber von der Finanzierung des medizinischen Fortschritts undvon den Kosten einer solidarischen Gesundheitsversorgung entlastet werden.Schon allein vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig und konsequent, dieArbeitgeberseite zu gleichen Teilen in die Pflicht zu nehmen. Doch daneben setzenZusatzbeiträge eben auch völlig falsche ordnungspolitische Anreize: Natürlich müssen unsereKrankenkassen auch die Wirtschaftlichkeit im Blick haben. Aber durch das InstrumentZusatzbeitrag wird der Wettbewerb zwischen ihnen auf eine wirklich ungesunde Weiseverschärft. Denn für die Versicherungen tritt das Ziel, möglichst junge und gesunde Kunden zubinden in den Vordergrund. Langfristig wird damit die Kernaufgabe, den Versicherten eineVersorgung von möglichst hoher Qualität zu bieten, vom Ziel der wettbewerbsförderlichen 3Beitragssätze überlagert. Auch diese Entwicklung muss aus unserer Sicht dringend gestopptwerden.Eins will ich hier ganz deutlich machen: Auch wenn wir hier endlich wieder dem Grundsatzhalbe-halbe folgen, werden wir mit diesem System an Grenzen stoßen. Denn unsereGesellschaft wird, wie gesagt, nicht nur immer älter, sondern allein demenzielle Erkrankungenoder Diabetes werden uns schon bald viele zusätzliche Milliarden kosten. Nach Auffassung desSSW müssen wir deshalb langfristig zu einer wirklich solidarischen Bürgerversicherungkommen. Für uns ist klar, dass die stärksten Schultern auch die größten Lasten tragen müssen.Grundsätzlich sollen die Bürger über Steuern zum Sozialwesen beitragen, statt dieleistungsstarken Gruppen durch Privatversicherungen davon auszunehmen. Es ist und bleibtAufgabe des Staates, auch an die Menschen zu denken, die keine starke Lobby haben undbesonderer Hilfe bedürfen.Nicht zuletzt im Gesundheitsbereich warten große Herausforderungen auf uns. Wenn aberwirklich alle Menschen an einer gerechten, solidarischen Finanzierung mitwirken, werden wirdiese nicht nur meistern, sondern eben auch unseren Versorgungsstandard halten. Und genaudas sollte unser aller Ziel sein.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html