Icon Hinweis

Unsere Website befindet sich zurzeit im Umbau. Es kann zu kürzeren Ausfällen oder einer ungewohnten Darstellungsweise kommen.

Wir beeilen uns! Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
17.11.16
12:49 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 15: Geht es um gefühlte oder echte Überregulierung?

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 17. November 2016



TOP 15, Kreditvergabe sinnvoll regeln – Bundesratsinitiative zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie beitreten (Drs. 18/4821)



Thomas Rother:
Geht es um gefühlte oder echte Überregulierung?


Kreditvergabe sinnvoll regeln – wer wollte das nicht?! Die konservativen Landesregierungen von Hessen und Baden-Württemberg – mittlerweile unterstützt von Bayern – haben hierzu eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die das über eine Änderung des Umsetzungsgesetzes zur Europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie versucht.
Entstanden sind diese und andere Richtlinien vor dem Hintergrund der letzten großen weltweiten Krise der Finanzmärkte. Das heißt, es ist also nicht nur die Kreditvergabe, sondern auch die Geldanlage neu reguliert worden. Und wer von uns hier in der letzten Zeit eine Geldanlage getätigt oder einen Kredit aufgenommen hat, wird festgestellt haben, dass sich der bürokratische Aufwand vervielfacht hat.
Das ist alles nicht aus der Boshaftigkeit Brüsseler Bürokraten entstanden, sondern dient dem Schutz der Anleger und Kreditnehmer. Mit dem bürokratischen Aufwand ist auch ein 2



erhöhter Beratungsaufwand verbunden und den haben sich die Kreditinstitute selbst durch ihr früheres Verhalten eingebrockt. Klar ist, dass so etwas den Banken und Sparkassen in einer Zeit geringerer Möglichkeiten zur Ertragserwirtschaftung vor dem Hintergrund niedriger Zinsen besonders weh tut.
Der Immobilienverband Deutschland findet, dass das sowieso alles zu weit geht, der Verband Wohneigentum beklagt lediglich den bürokratischen Aufwand und betont, dass das alles nicht wirklich neu sei, der Baugewerbeverband fordert die Korrektur des Gesetzes, die IG Bau spricht gar von einem zugedrehten Kredithahn, der Bundesverband freier Wohnungsunternehmen beklagt die Abschreckung jüngerer und älterer Kaufinteressenten, die Kreditinstitute selbst äußern sich ganz unterschiedlich. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt am 16.09. vor vorschneller Kritik am neuen EU-Wohnkreditrecht und kritisiert selbst, dass grundlos Verunsicherung erzeugt und von Kreditgebern Politik auf dem Rücken der eigenen Kunden gemacht wird.
Dabei überwiegen in der BRD Wohnimmobilienkredite, in denen die Zinsen über 10, 15 oder 20 Jahre festgeschrieben sind. Das schützt den Kunden vor unerwarteten Zinserhöhungen und gibt den Kreditinstituten wichtige Planungssicherheit. Dennoch sind – es stand am 11.11. in der Landeszeitung – 260.000 Menschen in Schleswig-Holstein laut Schuldneratlas von Creditreform zahlungsunfähig und ich zitiere: „Besondere Sorge bereite die immer stärker wachsende Zahl alter Menschen, die Zahlungsprobleme haben... Das Problem wird viel, viel größer.“
Und trotzdem ist es nicht so, wie oft behauptet, dass gerade ältere Menschen von der Kreditvergabe fast ausgeschlossen seien. Es bestehen schon gar keine Besonderheiten für Umbauten aus Altersgründen oder für energetische Modernisierungsmaßnahmen.
Eine Kreditvergabe darf weiterhin nur dann nicht abgeschlossen werden, wenn es erhebliche Zweifel gibt, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Auf die statistische Lebenserwartung von Darlehnsnehmern kommt es nach der gesetzlichen Regelung nicht an!
Ein Aussetzen der Kreditwürdigkeitsprüfung – wie es die Bundesratsinitiative beinhaltet – bei Anschlussfinanzierung oder Umschuldung ist mit dem europäischen Recht zudem nicht 3



vereinbar, da es dem Sinn der EU-Richtlinie wiederspricht. Eine Aufnahme der so genannten Immobilienverzehrkredite in das Umsetzungsgesetz ist nicht erforderlich, da diese laut EU gar nicht geregelt werden müssen – lediglich eine Klarstellung ergäbe Sinn.
Alle anderen Forderungen aus der Bundesratsinitiative scheinen eher aus einer gefühlten Überregulierung beziehungsweise einer Übervorsicht bei der Handhabung zu kommen. Und gerade die FDP schaut doch sonst so genau bei den Äußerungen von Bankvorständen hin!
Dennoch ist es richtig, wenn der Bund sich die Praxis der Handhabung des Umsetzungsgesetzes anschaut, belastbare statistische Erhebungen erfolgen. Und es ist richtig, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter der Bunderegierung mit denen von Verbraucherschutz und Kreditwirtschaft zusammensetzen und dabei praxisnähere Regelungen finden. Aber diese sollten auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse und nicht nur von gefühlten Fakten erfolgen.
Unnötige Überregulierungen oder unklare Formulierungen im Gesetz sind natürlich zu korrigieren. Und Bundesjustizminister Heiko Maas hat das auch schon angepackt. Daher ist heute kein Beschluss, sondern eine weitere Beratung im Finanzausschuss sinnvoll.