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09.11.16
16:37 Uhr
Landtag

Beauftragte wollen Fortschritte für die psychiatrische Versorgung

Nr. 221 / 9. November 2016

Beauftragte wollen Fortschritte für die psychiatrische Versorgung
Die Landesbeauftragten und die Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderung haben vergangene Woche bei ihrem 52. Treffen die Bremer Erklärung beschlossen. Mit Bezug auf Zwangseinweisungen sowie die Zwangsbehandlung psychisch erkrankter Menschen sagt Ulrich Hase, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein: „Es ist in unserer Gesellschaft nicht hinnehmbar, dass Menschen- rechte eingeschränkt werden. Der Fachausschuss der Vereinten Nationen hat Deutschland auf Missstände bei Zwangsunterbringungen hingewiesen, die wir abstellen müssen.“
Bei ihrer Konferenz am 3. und 4. November diskutierten die Beauftragten der Länder und die Beauftragte des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderungen über aktuelle Themen der Behindertenpolitik. Sie befassten sich bei ihrer Konferenz in Bremen schwerpunktmäßig mit der Weiterentwicklung der Psychiatrie auf Bundes- sowie Landesebene.
In der gemeinsamen Bremer Erklärung fordern die Beauftragten Politik, Verwaltung sowie alle übrigen Beteiligten in Deutschland auf, die Psychiatrie im Sinne der UN-Behindertenrechts- konvention weiterzuentwickeln. Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Verena Bentele, sagte zu der Bremer Erklärung: „Für meine Kolle- ginnen und Kollegen der Länder und mich ist entscheidend, dass das kommende Bundesteilhabe- gesetz (BTHG) für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nicht zu Einschränkungen von Leistungen zur Teilhabe führen darf. Es geht um Selbstbestimmung und Inklusion – das muss das BTHG gewährleisten.“
Die Bremer Erklärung betont folgende Aspekte:
• Schutz der Unversehrtheit der Person – Alternativen zur Zwangsunterbringung und Zwangsbe- handlung entwickeln!
Nach Artikel 17 der UN-BRK hat jeder Mensch mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körperlichen und seelischen Unversehrtheit. Artikel 16 der Konven- tion verlangt Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und nach Artikel 14 darf das Vorliegen einer Beeinträchtigung keinesfalls zu freiheitsentziehenden Maßnahmen führen. 2

Die Zahl der Unterbringungen nach den Psychisch-Krankengesetzen steigt jedoch seit Jahren kontinuierlich. Dies steht im Widerspruch zur Behindertenrechtskonvention.
• Änderung des Betreuungsrechtes – weg von der ersetzenden Entscheidungsfindung, hin zur unterstützenden Entscheidungsfindung
Die Beauftragten fordern, dass das Betreuungswesens zu einem System der unterstützten Entscheidungsfindung entwickelt wird, das Wille und Präferenzen der Menschen mit Behinderun- gen immer fördert und respektiert. Dazu können auch rechtliche Änderungen gehören.
• Den Grundsatz „Ambulant vor stationär" auch im psychiatrischen Unterstützungssystem verstärkt umsetzen
Das bedeutet, dass eine aktiv aufsuchende Behandlung von psychisch und seelisch beeinträchtig- ten Menschen im häuslichen Umfeld zur Regel werden muss. Auch unter den Gesichtspunkten der Prävention und Rehabilitation sind niedrigschwellige, ambulant aufsuchende Dienste mit Unter- stützungs-, Behandlungs- und Rehabilitationsangeboten zur Verfügung zu stellen.
• Recht auf Gesundheit – Versorgung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen
Im derzeitigen psychiatrischen Unterstützungssystem gibt es deutliche Versorgungsdefizite in Bezug auf die Gruppe von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen (sogenannter geistiger Behinderungen), die gleichzeitig psychische Beeinträchtigungen haben.
• Beteiligung von Menschen mit Behinderungen – den Leitgedanken „Nichts über uns ohne uns“ auch bei der Weiterentwicklung der Psychiatrie beachten und umsetzen
Eine Debatte auf Augenhöhe wird zu einem stärkeren gegenseitigen Verständnis sowie mit Blick auf das System der psychiatrischen Versorgung voraussichtlich zu einer Haltung führen, die einer Weiterentwicklung im Sinne der UN-BRK offen gegenübersteht.


Den vollständigen Text der Bremer Erklärung finden Sie unter der folgenden Internetadresse:
http://bit.ly/2fuVfMi