Flemming Meyer: Bundesteilhabegesetz zurückziehen und komplett neu ausrichten
Presseinformation Kiel, den 22.09.2016Es gilt das gesprochene WortFlemming MeyerTOP 27 Bundesteilhabegesetz zurückziehen und komplett neu ausrichten Drs. 18/4404 „Das Bundesteilhabegesetz muss dringend im Sinne der Menschen mit Behinderung überarbeitet werden“Ich will nicht verhehlen, dass ich sehr enttäuscht bin: Der Entwurf des Bundesteilhabegesetzesist in der heutigen Form nicht nur ungenügend, sondern in Teilen einfach nicht akzeptabel. AusSicht des SSW muss hier dringend nachgebessert werden. Und zwar im Sinne der Menschenmit Behinderung. Ich will niemandem zu nahe treten, aber wenn man den Entwurf liest,entsteht schon der Eindruck, dass hier viele faule Kompromisse gemacht wurden. Das alleinwäre ja nicht so ungewöhnlich. Aber das Bundesteilhabegesetz ist nicht irgendein Gesetz,sondern die sozialpolitische Reform dieser Bundesregierung. Deshalb haben wir hier großeErwartungen. Und natürlich sind wir entsprechend enttäuscht. Genau wie viele Menschen mitBehinderung auch. Trotzdem kann ich dem Antrag der Piraten so nicht zustimmen. Auch der Referentenentwurf,auf den sich die Piraten beziehen, wurde ja bei aller Kritik von verschiedenen Seiten alsGrundlage anerkannt. Außerdem kommt dazu, dass das parlamentarische Verfahren noch invollem Gange ist.Wir alle wissen, dass es sehr viele Schwachpunkte im Bundesteilhabegesetz gibt. Zu viele, umhier in 5 Minuten ins Detail zu gehen. Aber klar ist, dass dieses Gesetz - gemeinsam mit demPflegestärkungsgesetz - sämtliche Leistungen für Menschen mit Behinderung neu regelt. Dashat Auswirkungen auf nahezu alle Lebensbereiche von über 10 Millionen Betroffenen.Maßgabe war immer, dass die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht im Sinneder UN-Konvention weiterentwickelt werden soll. Und auch wenn manch einer im Verlaufwohl zu sehr auf die Kostenfrage schaut, muss aus Sicht des SSW eins klar sein: An diesemGrundsatz gibt es rein gar nichts zu rütteln.Bei aller berechtigter Aufregung muss ich mich in einem Punkt wiederholen: Wir sind nochmitten im parlamentarischen Verfahren. Das Bundesteilhabegesetz wird in diesen Tagen inBundestag und Bundesrat beraten. Und zwar in erster Lesung. Genau wie die vielen kritischenVerbände sehen wir diesen Entwurf als Grundlage. Jetzt müssen die Mängel behoben werden.Wir haben für unsere Koalition schon vor über einem Jahr klar gesagt, welche Anforderungenwir an dieses Gesetz haben. Hierzu zählt zum Beispiel der Ansatz der Hilfe aus einer Hand oderdie Stärkung der Selbstbestimmung durch ein echtes Wunsch und Wahlrecht sowie die weitereFörderung des persönlichen Budgets. Aber eben auch die Abschaffung der Einkommens- undVermögensvorbehalte und die Einführung eines bedürftigkeitsunabhängigen und vom Bundfinanzierten Teilhabegeldes. Das was heute vorliegt, ist weit davon entfernt und eher ein Spargesetz. Mit heutigem Standwird ja zum Beispiel der Zugang zu den Leistungen der Eingliederungshilfe dadurch begrenzt,dass Menschen, die in weniger als fünf Lebensbereichen Einschränkungen aufweisen,ausgeschlossen werden. Damit würden beispielsweise 80 Prozent der Frauen und Männer, diein Schleswig von der Arbeit der Brücke profitieren, ihren Anspruch auf Hilfe verlieren. Das istgenauso wenig akzeptabel, wie die Tatsache, dass Menschen mit Behinderung undPflegebedarf von Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen werden sollen. Für denSSW steht fest, dass wir diesem Gesetz nur zustimmen können, wenn kein Betroffenerschlechter gestellt wird. Das ist die Grundvoraussetzung. Doch ich bleibe zuversichtlich: Wennwirklich alle Kräfte gebündelt werden, können wir ein Teilhabegesetz bekommen, das unsereAnforderungen erfüllt und damit im Sinne der Menschen mit Behinderung ist. Und ich denke,gerade diese zentrale sozialpolitische Reform hat diese Sorgfalt verdient.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html