Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
22.09.16
10:49 Uhr
B 90/Grüne

Anke Erdmann zur Stärkung von Familien mit Kindern

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 7+33 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Claudia Jacob Familien mit Kindern; Kita-Kollaps verhindern – strukturelle Landeshaus Unterfinanzierung beenden und solides Finanzierungssys- Düsternbrooker Weg 70 tem jetzt auf den Weg bringen 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt die kitapolitische Sprecherin der Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Anke Erdmann: Nr. 399.16 / 22.09.2016



Heute sind die Eltern dran
Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ist seit 2013 Realität. Wer hätte gedacht, dass dieses milliardenschwere Infrastrukturprojekt zum 1. August 2013 hier so rei- bungslos anlaufen würde? Das hätte ich vor dem Stichtag kaum für möglich gehalten und dies ist besonders dem Engagement der Kommunen und Träger zu verdanken.
Die Kinderbetreuung hat eine ganz andere Bedeutung als zum Beispiel noch vor zehn Jahren. Da wurde Eltern auf der Suche nach einer Tagesmutter oder einem Krippen- platz auf dem Spielplatz schon einmal hinterhergerufen: „Viel Glück bei der Betreu- ungslotterie.“ Was vor zehn Jahren noch Privatangelegenheit war, ist für junge Familien heute ein verbrieftes Recht.
Aber was hilft ein Rechtsanspruch, wenn Eltern sich den Krippenplatz mancherorts nicht leisten können? Wir wollen die Familien darum entlasten, und zwar da, wo es am meisten wehtut! Die Kleinkindbetreuung ist in der Regel teurer als für Kinder ab drei. Darum sollen vom 1. Januar 2017 an junge Familien 100 Euro im Monat erhalten, wenn sie Gebühren für Krippe oder Tageseltern zahlen.
Mich wundert das Ergebnis der Anhörung nicht. Es ist doch klar, dass im Jahr drei nach dem Start des Rechtsanspruches für U3, die Finanzierung der Kinderbetreuung noch nicht so geregelt ist, dass alle zufrieden sind. Das ist ein Milliardenprojekt. Für Kitas zahlen zurzeit Kommunen und Kreise, Eltern und Träger, Land mit steigender und der Bund mit sinkender Tendenz. Alle müssen diese Aufgabe stemmen. Und alle, beson- ders die Kommunen, wenden viele Mittel auf. Darum ist es verständlich, wenn die Kommunen sagen: Gebt uns die 23 Millionen Euro und die Träger ebenfalls finden, dass sie das Geld erhalten sollten.
Seite 1 von 3 Um es vorweg zu nehmen: Nach mehr als 100 Millionen Euro für die Entlastung von Kommunen und für Qualitätsverbesserungen sind heute mal die Eltern dran!
Wo steht Schleswig-Holstein im Bundesvergleich? Beim Ausbau von Krippenplätzen sind wir unter den westdeutschen Flächenländern mit 31 Prozent ganz vorne. Bei der Qualität sind wir laut der Bertelsmann Stiftung im Mittelfeld. Aber: Die Durchschnittsbei- träge für Eltern sind nur noch in Mecklenburg-Vorpommern noch höher.
Die Situation ist landesweit sehr unterschiedlich: Die Elternbeiträge in Neumünster sind tragbar, in Wedel ist der Besuch einer Kita wirklich teuer. Vielerorts müssen die Eltern mehr als 400 Euro pro Monat für einen Krippenplatz zahlen. Es gibt Kreise mit einer fai- ren Sozialstaffel, in denen Familien mit mehreren Kindern deutlich entlastet werden. Anderenorts reiben sich Eltern die Augen, wenn sie den Gebührenbescheid bekom- men.
Es ist aber auch sehr unterschiedlich, wie viel finanziellen Spielraum Kommunen ha- ben. Wir sehen, dass es Kommunen gibt, die aufgrund der Kostensteigerungen kaum Spielräume haben und die mehr Unterstützung brauchen. Auch daran arbeiten wir.
Die Hauptkritik am Krippengeld ist, dass man das Geld für andere Baustellen in der Kita besser ausgeben könnte. Genannt wird immer wieder: Mehr Entlastung der Kommu- nen. - Stimmt, das haben wir darum auch zu allererst getan.
Ist das hier unser erstes zweistelliges Millionen Paket für Kitas? - Keineswegs!
Lassen wir die Kommunen alleine? - Nein, wir verdoppeln die Kita-Gelder des Landes von 100 auf 200 Millionen Euro in fünf Jahren. Das Krippengeld für Eltern kommt da ab 2017 noch oben drauf.
Das kann sogar der Oppositionsführer nicht glauben. Noch Mitte Juli war er der Mei- nung, der Zuwachs der Kita-Millionen um 100 Millionen Euro wären Investitionskosten. Die Investitionskosten sind auch nicht schlecht, aber hier geht es um Betriebskosten. Kein Wunder, dass Sie das nicht verstanden haben, denn davon konnten Kommunen unter Schwarz-Gelb nur träumen - auch als der U3-Ausbau schon in vollem Gange war.
Wer jetzt – wie die Union – den „Deckel“ beklagt, muss feststellen: Als die Kommunen um Unterstützung beim Krippenausbau gefragt haben, hat Schwarz-Gelb ihnen die eis- kalte Schulter gezeigt. Lieber hat sich die damalige Landesregierung verklagen lassen, als den Kommunen bei dieser Aufgabe auch nur einen Cent mehr zu zahlen, als sie musste. Diese harte Linie galt bis April 2012 – im Juni 2012 war ein dickes Paket für die Kommunen als Hilfe für den U3-Ausbau in Höhe von 80 Millionen Euro geschnürt. Das hatte nichts mit einer verbesserten Konjunktur zu tun. Das hatte etwas mit politischem Willen zu tun.
Die nächste Kritik ist: Erst die Qualität, dann die Elternentlastung. Das ist richtig, darum haben wir auch das beherzigt. Allein in diesem Jahr stehen 23 Millionen Euro für ver- besserte Qualität im Haushalt, im kommenden Jahr sind es über 30 Millionen Euro. Wir fördern Familienzentren mit 2,5 Millionen Euro jährlich, die Mittel für Sprachbildung und den Umgang mit traumatisierten Kindern wurden auf sechs Millionen Euro erhöht und für andere Maßnahmen der Qualitätsentwicklung geben wir darüber hinaus fünf Millio- nen Euro aus.

2 Dann kommt die Union und fordert neben Entlastung von Kommunen auch die Verbes- serung des Fach-Kraft-Kind-Schlüssels. Im März gab es dazu einen putzigen Antrag, der davon ausgegangen war, dass man mit 23 Millionen Euro beide Probleme lösen könnte. Aber gut. Der Löwenanteil der Qualitätsmittel, liebe CDU, gilt der Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels. Und zwar am Nachmittag für Kinder über drei. Damit haben wir auch zwei große Kostensteigerungen der Kommunen im Blick: Den Anstieg bei den Krippenplätzen und die erhöhte Nachfrage beim Ganztag in den Elementargruppen.
Für alle Gruppen, die länger als sieben Stunden Betreuung anbieten, das sind Ganz- tagsgruppen, finanzieren wir eine halbe Kraft zusätzlich - und zwar nicht nur in der ach- ten Stunde, Frau Rathje Hoffmann, sondern eben mit einer halben Kraft pro Gruppe. Das haben Sie falsch verstanden. Kommunen, die das jetzt schon leisten, können die Mittel also als Entlastung sehen. In anderen Bereichen ist es eine Qualitätssteigerung, die allen nutzt. Die Union hat beides nicht verstanden.
Ich kann Kritik gut vertragen, aber fundiert sollte sie sein. Ich meine nicht, dass Sie an- dere Schwerpunkte setzen, sondern dass Sie es nicht verstanden haben. Wer von den Fakten keine Ahnung hat, als Oppositionsführer mal eben 100 Millionen Euro jährliche Kostensteigerungen überliest und keine Ahnung von den qualitativen Maßnahmen hat, der sollte sich mit Kommentaren wie „schäbig“ oder „perfide“ in Bezug auf Kitapolitik zu- rückhalten, Herr Günther.
Das dritte Gegenargument lautete, dass das Krippengeld vor allem Besserverdienen- den hilft. Tatsächlich hilft das Geld nur Menschen, die Kita-Beiträge zahlen. Familien, die Hartz-IV beziehen, profitieren von dieser Regelung nicht, denn wir haben sie schon 2013 per Kita-Gesetz von den Kita-Gebühren befreit.
Es ist Kokolores, dass Eltern umso mehr profitieren, je mehr sie verdienen. Bei dem beitragsfreien Kita-Jahr war es tatsächlich so, dass Menschen, die den Höchstsatz ge- zahlt haben, auch eine viel größere Einsparung hatten als diejenigen, die ermäßigte Sätze gezahlt haben. Mein Sohn war einen Ticken zu jung für das eine beitragsfreie Kita-Jahr. Mein Mann und ich hätten von der damaligen Beitragsfreiheit im letzten Kita- Jahr deutlich mehr profitiert als mit 100 Euro im Monat.
Wie wirkt das Kita-Geld? Wer keine Gebühren zahlt, profitiert nicht, denn hier gibt es schon Beitragsfreiheit. Wer einen ermäßigten Satz von 50 Euro zahlt, erhält 50 Euro. Wer 100 Euro zahlt, bekommt die erstattet und wer 200 oder 400 Euro tragen muss, bekommt auch 100 Euro.
Gesellschaftlich müssen im Kitabereich viele Räder gleichzeitig gedreht werden: Aus- bau, Qualität, Tarife der Beschäftigten, Elternbeiträge und faire, transparente Finanzie- rung. Wir sind in keinem dieser Bereich fertig. Aber wir können hier auch nicht erst das eine und dann das andere machen. Wir gehen schrittweise in allen Bereichen voran. Heute sind die Eltern dran.
***



3