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21.09.16
17:04 Uhr
SPD

Kai Vogel zu TOP 42: Ohne Zeitverträge keine ausreichende Unterrichtsversorgung

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 21. September 2016


TOP 42: Befristete Beschäftigung reduzieren – Fürsorgepflicht gegenüber der Lehrerschaft nachkommen (Drs. 18/4620)



Kai Vogel:
Ohne Zeitverträge keine ausreichende Unterrichtsversorgung


Vermutlich bin ich die einzige Person hier, die selbst weiß, wie es ist bzw. war, befristet in der Schule beschäftigt zu sein. Meine erste Tätigkeit an einer Schule in Grömitz war ebenfalls eine befristete. Erst für drei Monate und dann für den Rest des Schuljahres. Ja, ich hätte mir auch eine unbefristete Stelle gewünscht, weil sich jeder Beschäftigte natürlich die Sicherheit einer Dauerbeschäftigung wünscht. Bei mir war der Befristungsgrund eine Krankheitsvertretung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die FDP bei ihrem Mahnen nach dauerhafter Beschäftigung den Erkrankten, den Lehrkräften im Sabbatjahr oder denen in Elternzeit ihr Rückkehrrecht nehmen will. Gerade bei der Elternzeit – Kinder werden nun mal nicht immer in den Sommerferien geboren – ist hohe Flexibilität notwendig. Um hier eine Befristung zu vermeiden, wäre die Alternative, die Stelle nicht mit einer befristeten Vertretungslehrkraft zu besetzen, sondern frei zu lassen. Wollen Sie das, Frau Klahn? 2



Die Grundlage für die Beschäftigung ist nicht die Willkür des Bildungsministeriums, sondern sind die Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes des Bundes, wonach befristete Arbeitsverhältnisse besonders dann gerechtfertigt sind, wenn es sich um Vertretungen handelt.
Daraus ergibt sich schon einmal, dass befristete Verträge die unerlässliche Voraussetzung dafür sind, die Unterrichtsversorgung überhaupt komplett aufrechterhalten zu können. Aber die Opposition macht es sich einfach, indem sie jede Maßnahme für Teufelswerk erklärt. Der Philologenverband behauptete, dass es nach dem doppelten Abiturjahrgang massenweise Zwangsversetzungen von den Gymnasien geben werde. Heute wissen wir, dass diese Verdächtigungen falsch waren. Und die alte Arbeitnehmerpartei FDP skandalisiert jetzt befristete Verträge zu einer modernen Form des Sklavenhandels.
Es wird niemand bezweifeln, dass ein auslaufendes Arbeitsverhältnis und die Unsicherheit, wie es danach weiter geht, für die betroffene Lehrkraft und deren Familie eine belastende Situation darstellt. Das gilt insbesondere dann, wenn befristete Arbeitsverträge nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall in einer Erwerbsbiographie werden.
Es gibt nun einmal Faktoren, die schwer zu steuern sind. Es ist das Recht eines Arbeitnehmers, den Zeitpunkt seiner Rückkehr aus der Elternzeit selbst zu bestimmen. Die Dauer von Krankschreibungen lässt sich nicht immer langfristig exakt vorhersagen, weil die Rekonvaleszenz bei jedem Patienten anders verläuft. Und klar ist: Eine Stelle kann nicht mit zwei Menschen mit Vollzeitverträgen besetzt werden. Wenn der Vertretungsgrund erledigt ist, muss auch die Vertretung enden.
Ein weiteres Problem bei der Besetzung von Lehrerstellen liegt darin, dass wir ganz konkrete Menschen nur auf ganz konkreten Arbeitsplätzen einsetzen können, die an einem bestimmten Dienstort, an einem bestimmten Schultyp, in bestimmten Schulfächern existieren. Wir haben in einer ganzen Reihe von Fächern einen Lehrermangel, der sich in bestimmten Regionen des Landes schärfer als anderswo darstellt.
Und wir wissen alle, dass viele ausgebildete Lehrkräfte eben nicht dauerhaft in jede Region des Landes ziehen wollen und mit Rücksicht auf ihre Familie auch nicht können und deshalb lieber Befristungen in Kauf nehmen, in der Hoffnung, einen für sie attraktiveren Dienstort zu finden. 3



Auch wir wollen gut ausgebildete Lehrkräfte, die mit ihrer Arbeits- und Lebenssituation zufrieden sind und einen guten Unterricht erteilen können. Diesen Lehrkräften ist nicht mit pauschalen Regelungen geholfen, wonach es nach drei Befristungen automatisch eine Dauerstellung geben muss. Realistische Ziele sind für uns:
 Wenn jemand während eines ganzen Schuljahres vertreten hat, soll das Vertretungsverhältnis auch für die Sommerferien gelten.  Vertretungskräfte sollen nicht vor den Ferien entlassen werden, wenn sie bereits für die Zeit unmittelbar nach den Ferien eingeplant werden.
Zum Ende des abgelaufenen Schuljahres waren an den schleswig-holsteinischen Schulen insgesamt knapp 1.400 Lehrkräfte mit befristeten Verträgen tätig; davon arbeiteten rund 1.000 an den allgemeinbildenden Schulen und 400 an den berufsbildenden. Diese Zahlen, die mal steigen und mal sinken, sind nicht von der Willkür der Landesregierung abhängig; wenn mehr Lehrkräfte Elternzeit und Mutterschutz in Anspruch nehmen, muss sie mehr Vertretungen schaffen.
Ich rege deshalb an, dass wir den Antrag der FDP in den Bildungsausschuss überweisen und die Frau Ministerin bitten, dort regelmäßig die Entwicklung der Befristungsstellen und die wichtigsten Gründe dafür darzulegen.