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21.09.16
12:53 Uhr
B 90/Grüne

Rasmus Andresen zu den Haushaltsberatungen 2017

Presseinformation
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 9+10+45+50 –Gesetz über die Feststellung eines Landtagsfraktion Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2017; Entwurf eines Schleswig-Holstein Haushaltsbegleitgesetzes 2017; Infrastrukturbericht fort- schreiben; Entwurf des Finanzplans 2016-2020, der Fi- Pressesprecherin nanzplanfortschreibung 2021-26 und Bericht der Landes- Claudia Jacob regierung zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefi- Landeshaus zits Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der haushaltspolitische Sprecher der Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Rasmus Andresen: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 394.16 / 21.09.2016 Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken
Vor uns liegen die letzten Haushaltsberatungen in dieser Wahlperiode. Wenn wir eine Bilanz ziehen, stellen wir fest, dass wir jetzt besser dastehen als wir im Jahr 2012 zu hoffen gewagt hätten.
Die Neuverschuldung sinkt auf 126 Millionen Euro. Das strukturelle Defizit sinkt auf 147 Millionen Euro. Wir haben in dieser Wahlperiode das erste Mal seit über 50 Jahren ei- nen Haushalt ohne Neuverschuldung abgeschlossen. Voraussichtlich ab 2018 können strukturell ausgeglichene Haushalte vorgelegt werden.
Monika Heinold hat dabei im Haushaltsentwurf noch mit Puffern im Flüchtlingsbereich geplant und das Land so aufgestellt, dass es für Haushaltsrisiken wie steigende Zinsen vorbereitet ist. Diese Zahlen sind unsere Erfolgsbilanz. Es ist vor allem ein persönlicher Erfolg von unserer Finanzministerin Monika Heinold.
Trotzdem bleiben Risiken. Das größte Risiko ist die HSH Nordbank. Es ist wahnsinnig bitter, dass wir alle als SteuerzahlerInnen für die Misserfolge der Vergangenheit gerade stehen müssen. Deshalb haben wir im Haushalt eine Risikovorsorge, beispielsweise für höhere Zinsbelastungen eingebaut. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Lage um die HSH so unklar ist und von so vielen Faktoren abhängt, dass wir zum heutigen Zeit- punkt keine genauen Summen nennen können.
Während letztes Jahr die Herausforderungen für Geflüchtete die Beratungen dominiert haben, finden dieses Jahr die Beratungen vor dem Hintergrund reaktionärer Entwick- lungen in unserer Gesellschaft statt. Hass und Gewalt gegen Minderheiten und eine grundsätzliche Ablehnung unserer Demokratie und Freiheitswerte nehmen zu. Niemand von uns kann mit Sicherheit sagen, wie es in ein bis zwei Jahren um unsere Demokra- tie bestellt ist. Seite 1 von 5 Diese Auseinandersetzung ist grundsätzlicher und wichtiger als jede Haushaltszahl. In Zeiten, in denen das Vertrauen in die Demokratie und den Staat massiv beschädigt ist, sind gut funktionierende öffentliche Institutionen besonders wichtig.
Der Haushalt muss der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen. Damit meinen wir ausdrücklich nicht eine vorschnelle und teure Aufrüstungen von Strei- fenwagen der Polizei mit Sturmgewehren oder flächendeckende Videoüberwachung wie es AfD bis CDU zurzeit fordern.
Wir werden stattdessen Polizei und Justiz personell weiterhin stärken. Wir BürgerInnen müssen uns darauf verlassen können, dass wir eine bürgernahe und gut funktionieren- de Polizei und Justiz weiterhin haben werden.
Daneben wollen wir Grüne unsere Zivilgesellschaft stärken und den Forderungen der RechtspopulistInnen nicht hinterher rennen. Unser Grüner Anspruch an den Haushalt ist, Menschen zu unterstützen, die sich für unsere Demokratie und Freiheit engagieren. Deshalb finanzieren wir Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus. Deshalb un- terstützen wir die ehrenamtliche Betreuung von Geflüchteten. Und auch Mittel für die Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund stocken wir auf.
Es geht aber nicht nur um den Bereich Migration und Flucht, sondern auch um andere Themenbereiche. Aktuelle Zahlen belegen beispielsweise, dass sich auch die Einstel- lung gegenüber Homo-, Trans- oder Intersexuellen Menschen verschlechtert hat. Es ist deshalb richtig, Beratungsangebote und Schulaufklärungsprojekte in dem Be- reich zu unterstützen. Als Küstenkoalition wollen wir unseren gesellschaftlichen Zu- sammenhalt stärken.
Wir werden mit dem Haushalt 2017 die Integration und die Bildungschancen für alle weiter verbessern. Eine offene Gesellschaft und gute Bildung sind die Maßnahmen, die wirklich nachhaltig zu mehr Sicherheit führen und dazu beitragen, rechte PopulistInnen zu bekämpfen.
Die konjunkturelle Situation und die geringen Zinsausgaben werden nicht ewig auf die- sem Niveau bleiben. Umso wichtiger ist es, auch mit einer gerechten Ausgestaltung der Erbschaftsteuer und der Wiedereinführung der Vermögenssteuer im Bund eine solide Einnahmebasis zu schaffen und ein Auseinanderdriften von Arm und Reich aufzuhal- ten.
Aber auch im Land können wir handeln. Deshalb finanzieren wir soziale Beratungsan- gebote, die Menschen in Not unterstützen, deutlich stärker als die Vorgängerregierung. Wir wissen aber auch, dass in anderen Bereichen, beispielsweise bei der Verbraucher- und Insolvenzberatung, weitere Aufgaben auf uns warten.
Wir Schleswig-HolsteinerInnen denken nachhaltig. Wir treiben den ökologischen Um- bau voran. Bei uns entstehen viele neue Ideen. Durch energetische Sanierung, durch den Ausbau von erneuerbaren Energien, durch den Schutz unserer Meere, durch den Einsatz für eine nachhaltigere Landwirtschaft und durch die Förderung junger Startups, die mit kreativen Ideen mehr Nachhaltigkeit und Gemeinsinn in die Unternehmensland- schaft bringen.
Mit dem Energiewende- und Klimaschutzgesetz, werden wir neue Maßstäbe setzen. Da lohnt es sich, schon jetzt ganz genau zu gucken, welche Gebäude des Landes in den
2 nächsten zehn oder zwanzig Jahren saniert werden müssen und welche energetischen Verbesserungen über den aktuellen Standard hinaus umgesetzt werden können.
Selbst wenn sich einige Investitionen für Energieeinsparungen erst nach längerer Zeit finanziell amortisieren, bringen sie für unseren Klimaschutz einen hohen Effekt. Wer das Klimaabkommen von Paris ernst nimmt, muss auch bei Landesliegenschaften in der Energie- und Wärmeeffizienz liefern. Wir sind dabei.
Schleswig-Holstein muss in die digitale Infrastruktur investieren. Das wird zukünftig wichtiger sein als Beton und Asphalt. Im Rahmen der Erstellung der Digitalen Agenda waren der Kollege Koch und ich Anfang des Monats auf einer spannenden Delegati- onsreise von der Staatskanzlei und der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WTSH) im Silicon Valley und Washington DC. Natürlich ist die USA nicht mit uns vergleichbar, aber der Mut, Innovationen auszuprobieren und junge Menschen zu ermuntern, sich mit spannenden Projekten selbstständig zu machen – daraus können wir etwas lernen.
Dies gilt auch für die Ausgründungen innovativer Startups aus unseren Hochschulen. Die Ausgründungszentren an diesen wollen wir deshalb weiter unterstützen. Durch eine Stärkung der Grundhaushalte werden unsere Hochschulen zumindest bundesweit wettbewerbsfähiger. Die Digitale Infrastruktur ist die Grundlage dafür.
Wir werden beim Breitbandausbau auch mit diesem Haushalt die nächsten Schritte ge- hen. Gerade unsere Schulen müssen vernünftig mit Breitbandanschlüssen versorgt sein. Wir wollen in den kommenden 5 Jahren alle Schulen mit Breitband versorgen – bisher sind es nur 12 Prozent. Aber es geht nicht nur um Infrastruktur. Auch das ist uns in den USA mehr als deutlich geworden. Digitalisierung muss im Rahmen der digitalen Agenda als Querschnittsthema betrachtet werden.
Dazu gehört auch, die veränderten Anforderungen an den Datenschutz zu berücksich- tigen. Wir wollen unser Landesdatenschutzzentrum und die Wissenschaft dafür fit ma- chen, bereits jetzt über ethische Grenzen der Digitalisierung wie beispielsweise in Be- zug auf virtuelle Realität oder künstlicher Intelligenz zu sprechen.
Unsere Koalition entwickelt ein neues Konzept zur Medienkompetenz und wir werden dafür Mittel in den Haushalt stellen. Menschen müssen lernen, sich digital genauso selbstverständlich und sicher zu bewegen wie offline. Dazu wollen wir Projekte fördern, die an den Hochschulen, den Schulen, beim Offenen Kanal oder auch im Landesda- tenschutzzentrum diesen Weg eingeschlagen haben.
Bereits jetzt ziehen kreative UnternehmerInnen aufgrund unserer Landschaft, der Nähe zum Wasser und der Möglichkeit zu segeln nach Schleswig-Holstein. Wenn durch eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur Unternehmen zukünftig auch vom Strand aus ge- managt werden können, wird unser Land noch attraktiver. Auch für große Unternehmen wie Apple, die immer stärker auf erneuerbare Energien setzen und gerade in Dänemark ein Rechenzentrum bauen.
Unser Schwerpunkt Digitalisierung ersetzt natürlich nicht, sich um Hochschulen, Schu- len oder Straßen zu kümmern. Wir setzen bei der Sanierung das um, was schon von Vorgängerregierungen hätte getan werden müssen. Es ist unfassbar, wie fahrlässig und wenig nachhaltig in den letzten Jahrzenten mit unserer Infrastruktur umgegangen wur- de.

3 Ich bin auch deshalb unserer Finanzministerin dankbar, dass sie mit IMPULS ein Inves- titionsprogramm auf den Weg gebracht hat, mit dem unsere Infrastruktur Stück für Stück bis 2030 saniert werden kann. Und ja, es kann immer alles schneller gehen. So weit so gut. Aber man darf nicht vergessen, dass wir alle weniger Schulden machen müssen und die Sanierung von Gebäuden oder Straßen auch ausgeführt werden müs- sen.
Trotzdem ist die Investitionsquote gering - stimmt. Sie darf aber nicht der alleinige Gradmesser sein. Es kommt darauf, ob wirklich etwas im Land passiert. Die Investiti- onsquote hat mehrere Schwächen: - Durch die Haushaltsystematik werden nur ganz bestimmte Titel eingerechnet. Bildungs- investitionen zählen nicht dazu. - Wenn Bauprojekte durch Werkverträge realisiert werden, beispielsweise der Breitband- ausbau, findet das keine Berücksichtigung in der Investitionsquote. - Wenn sich das Haushaltsvolumen insgesamt vergrößert, etwa durch höhere Einnah- men oder durchlaufende Posten vom Bund an die Kommunen, sinkt die Investitions- quote bei gleichbleibenden Investitionen.
Infrastrukturpolitik kann man nicht nur an einer einzigen Zahl fest machen. Wir machen eine ehrliche Haushaltspolitik. Trotz der guten Lage bleibt Schleswig-Holstein ein Kon- solidierungsland. Wir werden einen ausgeglichenen Haushalt absehbar erreichen, die Finanzplanung geht von einem strukturell ausgeglichenen Haushalt ab 2018 aus.
Ich kann mich daran erinnern, wie die Union prophezeit hat, wir würden die Schulden- bremse reißen. Kaufen Sie sich besser eine neue Glaskugel, denn als Wahrsager ha- ben sie versagt. Im Gegenteil, wir konsolidieren den Haushalt und sind viel besser auf- gestellt als 2012. 2.000 Lehrerstellen mehr im System als in ihrem Plan. Der kommuna- le Finanzausgleich wurde strukturell aufgestockt und liegt 2017 bei rund 1,7 Milliarden Euro während es 2012 gerade einmal 1,1 Milliarden waren. Die Verschuldung hatte 2012 mit 27,6 Milliarden Euro ihren Höchststand erreicht und konnte um 400 Millionen Euro abgebaut werden.
Und ja. Wir haben deutlich mehr Steuereinnahmen als noch vor 5 Jahren. Dies gilt im Übrigen mit wenigen Ausnahmen für fast alle Haushaltsjahre in der Geschichte des Landes und ist kein wirklicher Gradmesser. Unsere Finanzministerin hat die konkreten Zahlen genannt. Unsere Steuermehreinnahmen sind seit Anfang der Wahlperiode um 3 Milliarden Euro gewachsen.
Sie scheinen die Zahlen aber auszublenden, deshalb nochmal: - 1,24 Milliarden Euro gehen davon in die Senkung der Neuverschuldung. - 1,1 Milliarden Euro geben wir für Tarifsteigerungen, Beihilfe, Versorgung und sozialge- setzliche Leistungen aus - 500 Millionen in den Kommunalen Finanzausgleich. - Für eine humane Asylpolitik und gelingende Integration geben wir 611 Millionen Euro mehr aus als bisher. - Dazu kommt eine Verdopplung der Zuschüsse für Kindertagesstätten und bereits jetzt über 50 Millionen mehr Landesmittel für die Hochschulförderung.
Was davon war falsch? Was davon hätten Sie anders gemacht?
Bildung ist unser Schwerpunkt. Deshalb geben wir trotz Haushaltskonsolidierung auch wesentlich mehr dafür aus als vorher. Deswegen war es auch konsequent, dass die 4 Bundesmittel für finanzschwache Kommunen für Kitas und Schulen eingesetzt werden sollen. Und mal ehrlich, wenn man sich anschaut, wie marode unsere Schulen zum Großteil sind, sollten wir uns keine Schaukämpfe um Verwendungszwecke liefern, son- dern lieber gemeinsam alles dafür tun, unsere Schulen zu sanieren.
Die Kommunen wissen, was Ihnen zusteht und müssen sich kein Wettrennen beim Stellen der Anträge liefern. Das Geld soll nicht in kleinen Beträgen verpuffen, sondern spürbar wirken. Deswegen hat auch der Kämmerer von Flensburg der CDU widerspro- chen, die anscheinend darauf hofft, dass sich das Geld insgesamt vermehrt, wenn die Förderzwecke erweitert werden. In den Förderrichtlinien ist übrigens verankert, dass auch ein Ersatzneubau förderfähig ist, wenn das wirtschaftlicher ist.
Anders als bei unserer Opposition: Bei Ihnen, Herr Günther, ist absolut keine Linie er- kennbar. Versprechen, die an einem Tag gemacht werden, werden am nächsten Tag wieder einkassiert. Beispielsweise als Herr Bernstein im Februar 1.200 zusätzliche Stel- len bei der Polizei gefordert hat und Herr Koch den Kollegen zurückpfeifen musste. Auf der Wunschliste der Einzelabgeordneten stehen außerdem zusätzliche StaatsanwältIn- nen, eine Mengenprämie für Milch, Stellen im Landesrechnungshof, eine sofortige Un- terrichtsversorgung von über hundert Prozent und mehr Geld für Kommunen zur Kran- kenhausfinanzierung, Kitas und eine Anhebung des kommunalen Finanzausgleichs.
Seit Montag kommt dann auch der schnellere Breitbandausbau hinzu. Viele sympathi- sche Punkte, aber wie das eigentlich alles funktionieren soll, sagen sie nicht. Auch die FDP stellt mitunter kostenintensive Vorschläge auf. Ich bin gespannt, ob sich die Finan- zierung Ihrer Forderungen auch in den Haushaltsanträgen wiederfinden wird. Ich denke dabei zum Beispiel an die höheren Beamtengehälter oder an das Gutachten über eine Langzeitstudie zum Infraschall, dass Sie gefordert haben. In diesem Fall erkennen Sie den Nutzen von externer Beratung offenbar an, obwohl sie die Landesregierung dafür ansonsten kritisieren.
Im Übrigen stellt auch der Stabilitätsrat der Finanzministerin regelmäßig gute Zeugnisse aus. Und zwar auch deswegen, weil wir mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer ei- nen wesentlichen Beitrag für nachhaltig höhere Einnahmen geschaffen haben. Davon profitieren auch die Kommunen in Schleswig-Holstein mit 18 Prozent beziehungsweise 23 Millionen Euro im Jahr.
Dem Land wurde dadurch ermöglicht, parallel zu dem Personalabbau, der weiterhin stattfindet, Schwerpunkte zu setzen und dort, wo es nötig ist, auch Personal einzustel- len. Es bleiben rund 2.000 Stellen für LehrerInnen mehr im System.
Es gibt immer noch viel zu tun. Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stär- ken. Dafür muss weiter in die Daseinsvorsorge und Bildung investiert werden. Der Wohnungsbau muss verstärkt werden. Bei der Kitafinanzierung bestehen noch Bedar- fe. Die Integrationsmaßnahmen müssen über Jahre fortgeführt werden.
Rückblickend liegen einige Jahre mit großen Unwägbarkeiten hinter uns. Schleswig- Holstein hat aber vor allem profitiert. Zum einen von starken Einnahmen, niedrigen Zinsausgaben und Sondereffekten wie den Zensusmitteln, zum anderen von einer vo- rausschauenden Finanzministerin und einer Haushaltspolitik, die in Bildung und Klima- schutz investiert und gleichzeitig die Neuverschuldung senkt.
So kann es weitergehen. ***
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